Der Quartierverein lässt nicht locker
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28. Mai 2024 – Der Quartierverein Zollikerberg hat zuhanden des Zürcher Verkehrsverbundes (ZVV) die Unterschriften-Sammlung «Bus 910: NEIN zur Endstation Bahnhof Zollikon» lanciert. Für weite Teile der Bevölkerung sei die neue Linienführung «eine massive und inakzeptable Verschlechterung». (1 Kommentar)
28. Mai 2024 – Der Quartierverein Zollikerberg hat zuhanden des Zürcher Verkehrsverbundes (ZVV) die Unterschriften-Sammlung «Bus 910: NEIN zur Endstation Bahnhof Zollikon» lanciert. Für weite Teile der Bevölkerung sei die neue Linienführung «eine massive und inakzeptable Verschlechterung».
Mit Datum vom 27. Mai schreiben die Quartiervereins-Präsidentinnen Renate Diener und Esther Meier dem ZVV, die Ankündigung der Streckenverkürzung nur noch bis zum Bahnhof Zollikon statt wie bisher zum Bahnhof Tiefenbrunnen sei weitherum auf grosses Unverständnis gestossen: «Für die Fahrgäste vom Zollikerberg und besonders für diejenigen aus dem Gebiet zwischen Waldburg und Dufourplatz bedeutet die Veränderung eine massive Verschlechterung».
So sei der Anschluss am Dufourplatz an die Linie 916 keineswegs gesichert, wie behauptet werde. Ausserdem sei der 916-er zu den Spitzenzeiten bereits voll: «kein Vergnügen, sich auch noch in den Bus quetschen zu müssen». Der Bahnhof Zollikon – «öd, verlassen und alles andere als einladend» – sei als Endstation «besonders in den Abend- und Nachtstunden eine Zumutung». Und wenn es zu Ausfällen auf dem S-Bahn-Netz komme, hätten die Bus-Fahrgäste «keine Alternative fürs Weiterkommen und müssen auf unbestimmte Zeit am ungemütlichen Bahnhof ausharren».
Der Quartierverein lanciere die Unterschriftensammlung, «damit die betroffenen Fahrgäste ihren Unmut direkt beim ZVV deponieren können», schreiben die Co-Präsidentinnen. Dieser sei eingeladen, «die geplante Streckenverkürzung der Buslinie 910 nochmals ernsthaft zu überdenken und zugunsten eines qualitativ hochwertigen öffentlichen Verkehrs zu korrigieren».
Kommunikation stösst auf Unverständnis
Der Zolliker Gemeinderat beurteilt die Lage diametral anders und erkennt in der neuen Linienführung des 910-ers «deutlich mehr Vor- als Nachteile», wie er in einer Stellungnahme im April schrieb. Darin hob er «die Vorteile zur Verbesserung der Fahrplanstabilität und die ganztägige Erschliessung des Sennhofquartiers» hervor. Den BeschwerdeführerInnen erteilte er eine brüske Abfuhr: «Die Begehren aus der Bevölkerung von Zollikon zum Fahrplanverfahren 2025/2026 werden vom Gemeinderat abgelehnt und nicht unterstützt».
Bei vielen Betroffenen stösst diese Argumentation, aber auch die harsche Form der Kommunikation auf Kritik. Bei der Jahresversammlung des Quartiervereins im April waren Mitglieder fassungslos, «dass man uns die Errungenschaft der direkten Verbindung zum Bahnhof Tiefenbrunnen nun einfach wieder wegnehmen will». Kaum ein Treffen mit Bekannten im Mai, bei dem der Bus 910 kein Thema war und ist.
Viele verweisen auf das Küsnachter Beispiel, wo der ZVV die Buslinie 918 durch das Heslibachquartier einstellen will. Dort trafen 27 Begehren aus der Bevölkerung bei der Gemeinde ein, davon zwei mit respektablen Unterschriftensammlungen. Der Gemeinderat zeigte sich offen und schrieb in einer Medienmitteilung, er anerkenne die Anliegen, unterstütze diese ausdrücklich und stelle dem ZVV das Begehren, die Buslinie 918 zu erhalten.
Küsnachter Parteien engagieren sich…
Inzwischen haben sich auch die Küsnachter Parteien in die Diskussion eingeschaltet. Die Grünen sind der Auffassung, «dass die Gemeinde Küsnacht über genügend finanzielle Mittel verfügt, um allfällige Mehrkosten für die Aufrechterhaltung des öffentlichen Verkehrs zu übernehmen». Die GLP sieht «die Streichung der Buslinie als schädlich für die ÖV-Attraktivität an». Die SVP will die Buslinie ebenfalls retten und fordert, dass der Küsnachter Gemeinderat die Bedürfnisse der Bevölkerung gegenüber dem ZVV besser vertreten müsse.
…und was geht in Zollikon?
Auf eine Kurzumfrage der «ZollikerNews» unter den Zolliker Parteien sind bislang zwei Voten eingegangen. Felix Wirz von der EVP sagt, die Zukunft der Buslinie 910 müsse unbedingt auch auf Ebene der Parteien diskutiert werden, er werde entsprechende Schritte unternehmen. Unabhängig davon stehe für ihn fest, «dass man den ÖV in der heutigen Zeit ausbauen und sicher nicht abbauen muss». Jürgen Schütt, Präsident des Forums 5W und Vorstandsmitglied des Quartiervereins, kritisiert den Gemeinderat: «Er hat die Anliegen der Bevölkerung gegenüber dem ZVV zu wenig hart vertreten.»
«Geldverschwendung par excellence»
Schütt lenkt den Blick auch auf die Kostenfrage. Der Kanton plane, die erst vor wenigen Jahren erstellte Bushaltestelle im Sennhof für Gelenkbusse tauglich zu machen – mit der Begründung, dass man Haltestellen immer für die nächstgrösseren Busse ausbaue. Diese Umrüstung soll rund 600’000 Franken kosten. «Das ist aus meiner Sicht eine nicht nachvollziehbare Geldverschwendung», kritisiert Schütt. «Da verbaut man 600’000 Franken für Gelenkbusse, die wohl in den nächsten 50 Jahren nicht auf dieser Strecke verkehren werden, und vermindert im Gegenzug aus Kostengründen die Attraktivität der Buslinie 910, welche die Bedürfnisse einer Vielzahl von ÖV-Benutzern abdeckt.»
Interessant ist in diesem Zusammenhang die Verteilung der Kosten zwischen dem Kanton und der Gemeinde Zollikon: Die Investitionen für die längeren Betriebszeiten der Buslinie 910 an Abenden und Wochenenden sowie den Ausbau der Infrastruktur übernimmt der ZVV. Die Gemeinde spart jedoch Geld, wenn die Buslinie 910 die Haltestellen Felbenstrasse, Bahnübergang, Bahnhof Tiefenbrunnen und Zollikon-Seestrasse nicht mehr bedient. Denn dann fallen die sogenannten «Haltestellenabfahrtskosten» weg, die der ZVV der Gemeinde Zollikon verrechnet. (René Staubli)
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Die GLP setzt sich konsequent für eine nachhaltige Stärkung des öffentlichen Verkehrs in Zollikon ein. Sie kann daher das Anliegen des Quartiervereins nachvollziehen und anerkennt, dass insbesondere im Zollikerberg ein Bedürfnis nach einem direkten Anschluss an das Seefeld besteht.
Gleichzeit zeigt sie aber auch Verständnis für den Entscheid des Gemeinderats in dieser komplexen Sachfrage: Bei der neuen Linienführung des 910er-Buses handelt es sich nämlich nicht um einen unüberlegten Kapazitätsabbau aus blossen Spargründen. Vielmehr musste eine sorgfältige Güterabwägung innerhalb eines eng getakteten Verkehrsverbundes vorgenommen werden. Dabei hat sich der Gemeinderat insbesondere für die ganztägige ÖV-Erschliessung des Sennhofquartiers sowie für eine verbesserte Fahrplanstabilität mit aufeinander abgestimmten Anschlüssen eingesetzt.
Die Grünliberalen bieten gerne Hand für konstruktive Lösungsansätze, welche zu einer Verbesserung der ÖV-Anbindung unserer Gemeinde führen. Dabei sollte insbesondere auch eine bauliche Aufwertung des Bahnhofs Zollikon geprüft werden.