Wandern, lachen und «brötle» auf dem Witzweg

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Barbara Lukesch und René Staubli: Wohin mit den Kindern in den Herbstferien? Der Witzweg im Appenzell bietet alles, was das Herz begehrt: Anfahrt mit dem Zahnradbähnli, eine tolle Wanderung und dazu garantiert lustige Stimmung.

Wir nehmen um 10.09 Uhr den Zug im Zürcher HB, der uns direkt nach Rorschach bringt. Um 12.09 Uhr rattert das Zahnradbähnli los. Wir sitzen im vordersten Aussichtswagen auf einer Holzbank, geniessen den warmen Fahrtwind und den Blick auf den Bodensee. Die Fahrt dauert eine knappe Viertelstunde, dann erreichen wir Heiden.

Eigentlich wollten wir unseren Ausflug mit einem Blick in die hölzerne Witzkiste starten, die dort auf dem Perron steht, doch die ist an diesem Tag geschlossen. Ein Zettel verrät: «Die Witzkiste ist defekt – leider kein Witz!» Ziemlich witzig.

Also steigen wir hoch zum malerischen Kirchplatz, wo die Postautos aus allen Richtungen ankommen und nach kurzem Zwischenhalt wieder wegfahren. Beim Brunnen setzen wir uns auf eine Bank, geniessen den mitgebrachten Proviant, die Herbstsonne und sehen, dass man rechterhand auf den Kirchturm steigen könnte, um die Aussicht zu geniessen.

Kirchplatz in Heiden mit Postautos (Fotos: ZN)
Kirchplatz in Heiden mit Postautos (Fotos: ZN)

Wir verzichten darauf und machen uns direkt auf den Witzweg, der ein wenig unterhalb des Kirchplatzes beginnt, ausgeschildert als Wanderweg 977. Er ist rund 8 Kilometer lang und führt von Heiden via Wolfhalden nach Walzenhausen hinunter. 250 Meter Höhendifferenz sind zu bewältigen, was sich auch mit Kindern in rund zweieinhalb Stunden gut machen lässt. Die Kleinen wollen natürlich keinen der Witze verpassen, die auf Dutzenden von Tafeln am Wegrand stehen. Das verlängert die Tour entsprechend.

Witztafel, für einmal nur auf Hochdeutsch
Witztafel, für einmal nur auf Hochdeutsch

Bald lassen wir Heiden hinter uns und entdecken eine weitere Attraktion. Am Wegrand steht ein merkwürdiges Gebilde: ein hölzerner Milchtrichter, wie ihn die Sennen auf der Alp zum Betruf verwenden. Über einen QR-Code erhält man Zugang zur Witzweg-App. Man legt das Handy mit dem Lautsprecher nach vorne auf die metallene Auflagefläche, drückt auf «play» und kann sich einen Witz in echtem Appezöller Dialekt erzählen lassen. Das tönt dann so:

Es war ein Buch, das die Appenzeller Witze weitherum bekannt machte. Johann Gottfried Ebel beschrieb um 1798 die «Gebirgsvölker der Schweiz». Darin rühmte er die Appenzeller als «sangesfrohe, witzige und fröhliche Leute». Sein Werk wurde in Deutschland zum Bestseller. Es löste einen regelrechten Appenzell-Boom aus.

Aus heutiger Sicht sind die meisten Witze eher harmlos, familientauglich halt, aber durchaus lustig. Einige stammen eindeutig aus einer Zeit, in der die politische Korrektheit noch keine Rolle spielte. Da wird aus einer alten Frau – wie oben gehört – denn locker auch mal eine «alte Schachtel». Einige Witze werden ausschliesslich im urchigen Appenzeller Dialekt präsentiert, andere zwecks besserer Verständlichkeit auch in Hochdeutsch. Hier eine kleine Auswahl:

Peter bringt von der Schule ein miserables Zeugnis nach Hause. «Was», sagt der Vater, «so ein schlechtes Zeugnis. Da gibt es nur eines: übers Knie nehmen.» «Au Vater, das ist eine prima Idee», meint Peter. «Ich kann dir ganz genau zeigen, wo der Lehrer zuhause ist.»

En Tütsche häd uffem Baahof em Vorschtand gfröget: «Wie lange hält denn dieser Zug?» Doo määnt de Vorschtand: «Joo, wemmerem guet lueget, öppe drissg Joor.»

En Appezäller isch z’Sanggalle onn inen Lade ond häd gsääd, er het gärn e Päärli Onderhose. Doo fröget d Verchäuferi: «Wie lang?» Doo määnt de Appezäller: «Jää – tönders auch vermiete?»

E Sekretärin vom Bundeshuus z’Bern obe ischt Muetter woorde. Do määnt denn änn: «Da ischt au de eerscht Fall, as im Bundeshuus obe näbis i nüü Mönet fertig woorde ischt, wo Hend ond Füess häd.»

Ein stotziger Aufstieg

Richtung Wolfhalden treffen wir auf typische Appenzeller Häuser, farbenfroh und gradlinig. Die jährliche Viehschau verpassen wir leider um ein paar Tage; die hölzerner Anbindevorrichtungen sind bereits aufgestellt. Dann geht es auf einem idyllischen Weg durch den Wald. Die Feuerstelle Gaism bei Kilometer 3,5 lädt zum «Brötle». Eine gute Gelegenheit auch für uns, um eine kleine Pause zu machen, denn bald erwartet uns das beschwerlichste Stück des Tages: der steile Abstieg hinunter zum Klusbach sowie der nicht minder stotzige Aufstieg Richtung Augsti.

Appenzeller Häuser in Erwartung der Viehschau
Appenzeller Häuser in Erwartung der Viehschau
Idyllischer Waldweg kurz nach Wolfhalden
Idyllischer Waldweg kurz nach Wolfhalden

Ein Stück weit geht es nun der ländlichen Strasse entlang hinauf auf den Hügel. Linker Hand lockt eine Liegebank mit Blick auf den Bodensee zum abermaligen Verweilen. Selbst eine Besenbeiz mit Selbstbedienung findet sich an einem schönen Aussichtsort.

Verweilen auf der Liegebank
Verweilen auf der Liegebank
Besenbeiz mit Selbstbedienung
Besenbeiz mit Selbstbedienung

Zum Schluss der Wanderung steigen wir über eine lange Treppe hinunter nach Walzenhausen. Vorbei an friedlich grasenden Schafen erreichen wir den Dorfplatz und damit das Ende des Witzweges. In der Konditorei Meyerhans trinken wir eine der besten kalten Ovos unseres Lebens, ehe wir ins Bähnchen steigen, das uns auf der Fahrt hinunter nach Rheineck nochmals mit einer tollen Aussicht über das St. Galler Rheintal erfreut. Mit dem Zug geht es nach diesem abwechslungsreichen und fröhlichen Tag via St. Gallen zurück nach Zürich. (Barbara Lukesch und René Staubli)

Anreise: Mit dem ÖV

Anforderungen: 8 km, 257 m aufwärts, 373 m abwärts, 2 ½  Stunden reine Wanderzeit

Route: PDF von SchweizMobil

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