Jetzt soll es ein Provisorium richten

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8. Oktober 2024 – Die schwierige Geschichte des Betreuungshauses Rüterwis ist um ein Kapitel länger: Der Gemeinderat legt den StimmbürgerInnen am 24. November einen Kredit über 6,5 Millionen Franken für eine provisorische Containerlösung vor. Die RGPK stellt sich dagegen.

Zu klein geworden: Betreuungshaus Rüterwis im Zollikerberg (Foto: ZN, Abb.: Gemeinde)
Zu klein geworden: Betreuungshaus Rüterwis (Foto: ZN, Abb.: Gemeinde)

Es ist seit langem klar, dass die Situation im Betreuungshaus Rüterwis untragbar ist. Derzeit werden dort 274 Kinder von der Kindergarten-­ bis zur Mittelstufe betreut, Tendenz steigend. Das Angebot umfasst Morgenbetreuung, Mittagessen und Nachmittagsbetreuung. Hört man sich bei Leuten um, die die Situation vor Ort kennen, wird klar, dass Platzmangel, Lärm und Hektik grossen Stress verursachen, der insbesondere auch die Mitarbeitenden stark belastet.

Der Gemeinderat betont in seinen Unterlagen zur Abstimmung, dass für die Platzkalkulation «die Verteilung zwischen Mittagessen und Nachmittagsbetreuung massgeblich ist». Für das Mittagessen wird mit 2 Quadratmetern pro Kind gerechnet, nachmittags sind es 4 Quadratmeter – «die Kinder brauchen Platz für Spiel, Bewegung, Hausaufgaben». Entscheidend für die Planung ist also, wie viele Kinder nachmittags betreut werden müssen. Hier ist die Zunahme tatsächlich beträchtlich: 2012 waren nachmittags rund 50 Kinder angemeldet, aktuell sind es gemäss Angaben der Gemeinde mehr als doppelt so viele (110).

Die Platznot ist seit 2009 ein Thema

Dass das Raumangebot ungenügend ist, wissen die Schul- und Betreuungsleitung freilich seit 15 Jahren. Die Bemühungen um die Erweiterung begannen 2009 – «bisher jedoch ohne nennenswerte Ergebnisse», wie der Gemeinderat einräumt. Zwei Anläufe für ein Neubauprojekt scheiterten. Der zweite im Jahr 2021, weil das involvierte Architekturbüro Mehrkosten in Höhe von 3 Millionen Franken in Aussicht stellte. Die Gemeindeversammlung hatte 2021 eine Limite von 7,5 Millionen Franken beschlossen, der Neubau des Betreuungshauses sollte dann vorerst 8,3 Millionen und schliesslich 11,6 Millionen Franken kosten.

6,5 Millionen Franken für ein Provisorium

Nun lanciert die Gemeinde also den nächsten Versuch – diesmal mit einem Provisorium, das gemäss den soeben veröffentlichten Abstimmungsunterlagen auf 6,5 Millionen Franken zu stehen käme. Die Container sollen auf dem Sandplatz neben der Turnhalle aufgebaut werden und den Betrieb auf Beginn des Schuljahres 2025/26 aufnehmen. Ein Neubau – so die behördliche Schätzung – wäre erst in fünf Jahren bezugsbereit, also deutlich später. Das Provisorium ermögliche die «Betreuung – mithin die Essensversorgung und die Beaufsichtigung der Kinder – wieder unter einem Dach».

Die Lebensdauer des Provisoriums veranschlagt der Gemeinderat auf rund zehn Jahre. Bei kürzerem Gebrauch könnte es – bis auf das Betonfundament – demontiert und verlegt werden. Dies könnte bei «späteren Schul- oder Gemeindebauprojekten von Nutzen sein», heisst es.

Die RGPK stellt sich quer

Die Rechnungs- und Geschäftsprüfungskommission (RGPK) räumt die Platzprobleme zwar ein, macht jedoch zwei Gründe geltend, warum sie den Bau des Provisoriums trotzdem ablehnt:

  • «Gesamthaft ergäben sich Kosten für Provisorium und Langzeitlösung von 14 Mio. Franken, was deutlich über den geplanten Neubaukosten von 11,6 Mio. Franken liegt, welche 2021 zum Abbruch der Planungsarbeiten geführt haben.»
  • «Die RGPK erachtet es als nicht angemessen, wenn für eine ausdrückliche Zwischenlösung ein als vollwertig bezeichnetes Gebäude erstellt werden soll, welches beinahe so viel kostet wie die nach wie vor geplante Langzeitlösung.»

Corinne Hoss-Blatter, langjährige Zolliker Schulpräsidentin, hat die leidige Geschichte um das Betreuungshaus Rüterwis in ihrer Amtszeit hautnah miterlebt. Sie räumt ein, dass das Scheitern des Projekts ihre «grösste politische Niederlage» gewesen sei, hält aber daran fest, «dass die Kosten damals derart unabsehbar aus dem Ruder gelaufen sind, dass wir die Notbremse ziehen mussten»

6,5 Millionen Franken für eine Zwischenlösung seien zu viel, sagt sie, und stützt ihre ablehnende Haltung auf einen Vergleich. Die Musikschule mit Kindergarten im Zollikerberg – ein definitiver Bau – sei für einen Kubikmeterpreis von 1273 Franken realisiert worden. Der Kubikmeterpreis für die Betreuungs-Container werde in der Machbarkeitsstudie der Architekten mit 1010 Franken angegeben. «80 Prozent der Neubaukosten für ein Provisorium – das steht in keinem Verhältnis.»

Angesichts der prekären Lage regt Hoss-Blatter an, die seinerzeit geäusserte Idee eines «Mini-Provisoriums» wieder aufzunehmen, das damals knapp eine Million Franken gekostet hätte: «So liesse sich das Problem entschärfen, und man würde Zeit gewinnen, um den Neubau aufzugleisen und zu realisieren.»

Parteipräsidenten benötigen Zeit

Die von uns befragten PräsidentInnen der Ortsparteien waren gestern überrascht, dass die Abstimmungsunterlagen bereits auf der Website der Gemeinde aufgeschaltet worden sind. Sie müssten sie zuerst studieren und intern besprechen, ehe sie Stellung nehmen könnten.

Jürgen Schütt vom F5W gab eine persönliche Meinung ab, die sich jedoch mit bereits geäusserten Voten innerhalb des Forums decke. Die Nutzungszahlen des Betreuungshauses zeigten, dass die Erstellung provisorischer Container unabdingbar sei: «Wir müssen den ‹Brand› im Sinne einer Feuerwehrübung löschen.» Die aktuelle Situation erlaube es nicht, einen weiteren Architekturwettbewerb auszuschreiben und auf die definitive Lösung zu warten. Die Bedenken der RGPK, dass man mit den 6,5 Millionen fürs Provisorium und den dereinst zu zahlenden 7,5 Millionen für eine definitive Lösung bei 14 Millionen Franken lande und damit finanziell aus dem Ruder laufe, könne man zumindest teilweise entkräften, sagt Schütt: «Immerhin könnten die Container ja später im Dorf weiterverwendet werden.» (Barbara Lukesch)

Abstimmungsunterlagen für den 24. November
Machbarkeitsstudie der Architekten

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