Bob Woodwards Blick hinter die Kulissen

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Balz Spörri: «Morgen entscheidet sich, ob Donald Trump noch einmal amerikanischer Präsident wird. Wer «Krieg», das neue Buch von Bob Woodward, gelesen hat, wird einen Stossseufzer zum Himmel schicken: Bloss nicht! Trump werde von Furcht und Wut beherrscht (…)

VON BALZ SPÖRRI

Morgen entscheidet sich, ob Donald Trump noch einmal amerikanischer Präsident wird. Wer «Krieg», das neue Buch von Bob Woodward, gelesen hat, wird einen Stossseufzer zum Himmel schicken: Bloss nicht!

Trump werde von Furcht und Wut beherrscht. Das öffentliche und nationale Interesse seien ihm gleichgültig, schreibt Woodward, der einst zusammen mit Carl Bernstein den Watergate-Skandal aufdeckte und so US-Präsident Richard Nixon zum Rücktritt zwang. «Donald Trump ist schlichtweg nicht geeignet, das Land zu führen.»

Cover von Woodwards Buch «Krieg»

«Krieg» ist bereits das vierte Buch Woodwards, in dem Trump eine zentrale Rolle spielt, aber das erste über die Zeit nach 2021. Im Mittelpunkt stehen diesmal der Krieg in der Ukraine und der Kampf Israels gegen Hamas, Hisbollah und den Iran.

Woodward, 81, schildert minutiös, wie Präsident Joe Biden und ein Team von äusserst loyalen Mitarbeitern die USA durch diese Kriege steuerten und bislang – man mag sich die anderen Szenarien gar nicht vorstellen – noch Schlimmeres verhindert haben. So konnten sie zum Beispiel im Herbst 2022 den russischen Präsidenten Wladimir Putin davon abhalten, eine taktische Nuklearwaffe einzusetzen. Und im Nahen Osten gelang es ihnen, zumindest bis heute, einen noch grösseren Flächenbrand abzuwenden.

Bei Bidens diplomatischen Bemühungen irrlichtert immer wieder der abgewählte Trump dazwischen. Im März 2022 etwa schlägt er vor, US-Flieger mit chinesischen Flaggen zu bemalen, um so die russischen Truppen in der Ukraine zu bombardieren. Und dann, so Trump, «sagen wir: ‹China war’s, wir waren das nicht.›»

Auch nach seiner Abwahl hat Trump weiter politische Führer getroffen, so etwa den israelischen Premier Benjamin Nethanjahu. Mehrfach hat er mit Wladimir Putin telefoniert. Ob sie, was verboten wäre, über die Ukraine verhandelt haben, bleibt unklar. Die Beziehung zwischen Trump und Putin stellt selbst engste Mitarbeiter Trumps vor Rätsel. Dan Coates, unter Trump Direktor der nationalen Sicherheitsdienste, vermutet bis heute, dass Putin irgendetwas gegen Trump in der Hand hat.

Woodwards Buch liest sich wie ein Krimi. Es ist, als ob der Reporter bei den Besprechungen und Telefonaten im Weissen dabei gewesen wäre. Einige Passagen über Joe Biden sind bemerkenswert. Fast mehr noch als die Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten setzen ihm offenbar die Probleme seines jahrelang drogenabhängigen Sohnes Hunter zu, der diesen Sommer wegen Verstosses gegen Waffengesetze verurteilt worden ist. «Der Kummer frisst Joe Biden bei lebendigem Leibe auf», sagt ein Vertrauter. Spätestens seit Sommer 2023 machen sich bei Biden besorgniserregende Aussetzer bemerkbar, insbesondere am Abend.

Im Wahlkampf hat sich Donald Trump immer wieder damit gebrüstet, dass Putin nie in die Ukraine einmarschiert wäre, wenn er noch US-Präsident wäre. Bidens Sicherheitsberater Jake Sullivan sieht das anders. Ganz anders: «Gäbe es heute einen Krieg in der Ukraine, wenn Trump Präsident wäre? Wahrscheinlich nicht. Warum nicht? Weil Putin längst in Kiew stünde. Trump hätte ihm die Tür aufgehalten.»

Bob Woodward, Krieg, Hanser, 465 Seiten, ca. 35 Fr.

Balz Spörri (geb. 1959) lebt als Journalist und Autor in Zürich. Er berichtet in den «ZollikerNews» auch regelmässig aus der «Bunten Welt der Studien».

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