In Zollikon gingen zwei Personen diesen Weg
0 KOMMENTARE
23. Januar 2025 – Seit genau drei Jahren können Menschen ihren Geschlechtseintrag auf dem Zivilstandsamt unbürokratisch von männlich auf weiblich oder umgekehrt ändern lassen. Bislang haben in Zollikon zwei junge Menschen von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht.
VON BARBARA LUKESCH
Gemäss internationalen Schätzungen sollen zwischen 0,3 und 0,7 Prozent aller Menschen eine sogenannte Transidentität besitzen, das wären in der Schweiz rund 40’000. Folgt man den Schätzungen des Transgender Network Switzerland, könnten es gut und gern auch 3 Prozent sein und damit im Maximum um die 180’000.
Unbestritten ist, dass sich die Sichtbarkeit dieser Minderheit in den letzten Jahren deutlich erhöht hat. Die LGBTQ-Debatten, die nicht zuletzt im Genderstern ihren Niederschlag fanden, brachten eine Bevölkerungsgruppe ans Licht der Öffentlichkeit, die sich vorher eher wegduckte und versteckte.
Im Zuge dieser Debatten kam ein weiteres Thema aufs Tapet: die Änderung des Geschlechter- und Namenseintrags im Personenstandsregister – der Basis für amtliche Dokumente wie den Pass, die Identitätskarte oder die Geburts- und Zivilstandsurkunde.
Zwei Kategorien zur Auswahl
Seit dem 1. Januar 2022 können in der Schweiz Personen, «die innerlich fest davon überzeugt sind, nicht dem im Personenstandsregister eingetragenen Geschlecht zuzugehören, das Geschlecht und den Vornamen auf dem Zivilstandsamt unbürokratisch ändern». Einen entsprechenden Eintrag findet man auch auf der auf der Zolliker Gemeindewebsite. Kostenpunkt: 75 Franken.
Bisher stehen allerdings nur die beiden Kategorien weiblich und männlich zur Verfügung, ein drittes Geschlecht oder die Möglichkeit, auf einen Geschlechtereintrag ganz zu verzichten, fehlen bisher. Wer 16 Jahre und älter ist, kann diesen Entscheid eigenständig fällen, jüngere brauchen die Einwilligung ihrer Eltern oder der gesetzlichen Vertretung.
Im ersten Jahr zählte man auf den Schweizer Zivilstandsämtern insgesamt 1177 Anträge. 2023 wollten nur noch 713 Personen ihren Geschlechtseintrag ändern, darunter auch 17, die ihren früheren Entscheid wieder rückgängig machten. Die hohe Zahl amtlicher Geschlechtsänderungen im ersten Jahr erstaunt. Bittet man Christina Caprez, die Zolliker Soziologin und Autorin des Buchs «Queer Kids. 15 Porträts»*, um ihre Einschätzung, sagt sie: «In den ein, zwei Jahren vor der Gesetzesrevision haben viele trans Menschen die Änderung ihres Eintrags verschoben, weil sie wussten, dass es ab 2022 sehr viel einfacher sein würde.» Unter den 1177 Anträgen seien also etliche, die im Grunde schon sehr viel früher gestellt worden wären, wenn es nicht so aufwändig gewesen wäre.
«Routineakt der Verwaltung»
Das Zolliker Zivilstandsamt meldet, dass seit Inkrafttreten des Gesetzes «zwei Personen ihren Eintrag ändern liessen; beide von Frau zu Mann inklusive Vornamensänderung.» Das Durchschnittsalter habe 16,5 Jahre betragen.
Fragt man bei der Amtsleiterin Heidi Leuthold nach, wie man denn prüfe, ob eine Person wirklich «innerlich fest davon überzeugt» sei, nicht dem bisher eingetragenen Geschlecht zuzugehören, erhält man eine klare Antwort: «Wir prüfen gar nichts, sondern gehen in gutem Glauben davon aus, dass sich die Betroffenen bewusst sind, was ihr Entscheid auslösen wird.»
Sie macht eine kleine Pause und ergänzt dann, dass sie die Bedenken jener verstehen könne, die sich mit dem Tempo des Prozederes schwertun. Da werde tatsächlich eine Entscheidung, die ja weitreichende Folgen für die einzelnen habe, in einem Routineakt der Verwaltung besiegelt. Aus ihrer Erfahrung auf Zivilstandsämtern auch in anderen Gemeinden wisse sie immerhin, dass die Änderung des Geschlechts- und Namenseintrags ein «grosser Wunsch» aller Antragstellenden sei: «Deshalb erfülle ich ihn auch sehr gern.»
Morgen: Interview mit Christina Caprez, der Autorin des Buches «Queer Kids – 15 Porträts», 245 Seiten, Limmat Verlag.