Kommt nun die grosse Umgestaltung?
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11. April 2025 – Der erste Dialogabend des Gemeinderats mit der Bevölkerung weckt Hoffnungen: Die Alte Landstrasse soll schon bald zu einer Begegnungszone werden, der Gemeinderat ist offen für eine Umgestaltung des Dorfplatzes, und beim 910er-Bus ist das letzte Wort noch nicht gesprochen.

VON RENE STAUBLI
Rund 60 Interessierte hatten sich am Mittwochabend im Gemeindesaal eingefunden und an den Bistro-Tischchen Platz genommen. Der Gemeinderat war vollzählig anwesend. Zwei Anliegen aus der Bevölkerung wurden aufgenommen und diskutiert: «Situation und Ausblick Öffentlicher Verkehr» und «Begegnungsort Dorfplatz/Alte Landstrasse».
Die Gemeinderäte Sascha Ullmann, Patrick Dümmler und André Müller gaben zu den Themen in Eingangsreferaten einen Überblick über den aktuellen Stand. Sandra Fischer und Dorian Selz moderierten anschliessend die lebhaften Diskussionen.
Begegnungsort Dorfplatz/Alte Landstrasse
Das sind die wichtigsten Ergebnisse:
Alte Landstrasse: Die Alte Landstrasse soll laut Aussage von Gemeinderat Müller zu einer Begegnungszone werden. Eine Machbarkeitsstudie sei in Auftrag gegeben worden. In Begegnungszonen gilt Tempo 20, die FussgängerInnen haben Vortritt vor den Autos, Parkplätze sind möglich, Begrünungen erwünscht. Der Bau einer Leitung für das Fernwärmenetz sei eine gute Gelegenheit für die Umgestaltung, hiess es. Mit dem Bau der Leitungen ist Mitte 2026 zu rechnen.
Aus dem Publikum erfuhr man, dass der Kanton schon vor sechs Jahren die Zustimmung zu einer Begegnungszone gegeben habe. Eine Teilnehmerin gab der Hoffnung Ausdruck, dass die Pläne nun endlich realisiert werden.
Im Gemeinderat hat offensichtlich ein Gesinnungswandel stattgefunden. Im November 2024 liess er noch verlauten, er wolle keine Begegnungszone, bis die Zukunft des Beugi-Areals geklärt sei. Damals hatte eine Projektgruppe des Elternrats der Oescher-Primarschule einen entsprechenden Antrag gestellt, weil Schulkinder die Alte Landstrasse bis zu 1200mal pro Tag überqueren müssen.

Dorfplatz: Gemeinderat Dümmler führte aus, dass der «unmöblierte» Dorfplatz Vorteile habe. Es könnten Veranstaltungen wie der Markt, die Chilbi oder der Weihnachtsmarkt durchgeführt werden. Sein Kollege Müller führte aus, dass in der Parkgarage unter dem Dorfplatz seit kurzem 1 Stunde lang gratis geparkt werden könne, dass auf dem Dorfplatz neue Parkplätze für Velos geplant seien und man in Verhandlungen mit den Eigentümern stehe, um die Privatparkplätze rechts der Zufahrt zur Parkgarage der Öffentlichkeit und den Handwerkern als Kurzzeitparkplätze zur Verfügung zu stellen.
In der Diskussion zeigte sich der Gemeinderat offen für den Vorschlag von Roland Keinath, den samstäglichen Markt auf die Alte Landstrasse zu verlegen und den Dorfplatz in einen Begegnungsort für Jung und Alt mit Grün, Schatten, Aufenthalts- und Spielmöglichkeiten zu verwandeln. Er nahm auch eine alternative Idee entgegen, den Dorfplatz ähnlich dem Zürcher Sechseläutenplatz zu bestuhlen und mit demontierbaren Sonnenschirmen oder -segeln zu bestücken.
«Wir wollen diesen Platz endlich für uns», sagte ein Teilnehmer und erntete im Saal Zustimmung. Es gelte, den Dorfplatz «in die Zukunft zu führen», fügte der Zolliker Architekt Stephan Sintzel hinzu. Angesichts der Klimaerwärmung seien neue Lösungen gefragt. Unter anderem schlug er vor, eine Baumgruppe zu pflanzen, um den Dorfplatz zu beschatten (siehe Korrigenda und Skizze ganz unten).
Der Tenor aus dem Publikum war nicht zu überhören: Es könne nicht sein, dass man den Dorfplatz nur wegen der Beanspruchung für die Chilbi und den Weihnachtsmarkt das ganze Jahr über als unwirtliche Fläche freihalte.
Für Heiterkeit sorgte in diesem Zusammenhang die Bemerkung von Roland Keinath, er habe kürzlich gesehen (und fotografiert), dass drei Autos widerrechtlich auf dem Dorfplatz abgestellt worden seien: eines der Gemeinde, eines der Polizei und eines der «Werke am Zürichsee» – alle drei Fahrer hätten in der Migros kurz eingekauft. Bei solchen Vorbildern aus dem öffentlichen Dienst sei es kein Wunder, wenn andere das nachahmen würden.

«Situation und Ausblick Öffentlicher Verkehr»
Das sind die wichtigsten Ergebnisse:
Bus 910: Ende Dezember wird die Linie bis nach Maur an den Greifensee verlängert. Wenn in Zukunft wieder der Bahnhof Tiefenbrunnen bedient werden soll, wie es der Wunsch breiter Teile der Bevölkerung im Zollikerberg ist, müsste die Gemeinde laut Gemeindepräsident Ullman aus eigenen Mitteln einen neuen Bus anschaffen, was rund 900‘000 Franken kosten würde.
Gemäss Ullmann wäre die Wiederherstellung der früheren Verbindung zum Tiefenbrunnen – sei es vom Bahnhof Zollikon über die Seestrasse oder wie früher auf der Dufourstrasse – allerdings mit Problemen verbunden. Die Busfahrer müssten beim Tiefenbrunnen auf Grund der Fahrplanstruktur 20 Minuten lang warten. Das sei weder auf der Bahnhofseite möglich, wo auf lange Zeit Bauarbeiten stattfinden, noch auf der Seeseite, weil dann andere Busse blockiert werden. Die Weiterführung der Linie bis ans Bellevue würde das Pausenproblem lösen, aber zu einer problematischen ÖV-Konzentration im Seefeld führen (2 Tramlinien, 3 Zolliker Busse). Man befinde sich aber in Abklärungen und suche nach Lösungen, das letzte Wort sei noch nicht gesprochen.
Angedacht ist laut dem Gemeinderat sodann eine Verbesserung der Verbindungen vom Zollikerberg via Trichtenhausermühle nach Witikon. Generell suche man nach Möglichkeiten, die Stadt Zürich vom Durchgangsverkehr zu entlasten und bessere Verbindungen «über den Berg» zu schaffen. Diesem Zweck diene auch die neue 99er-Linie vom Bahnhof Zollikon zum Balgrist.
Geprüft werde auch die Einrichtung eines Busdepots in einer alten Druckerei in Oetwil. Damit ergäbe sich die Möglichkeit, endlich Elektrobusse für den Zolliker Busbetrieb anzuschaffen. Das ist derzeit nicht möglich, weil die Zolliker Depots zu eng sind und das Busunternehmen AZZK zum Verkauf steht.
Die Diskussion zeigte, wie wichtig der Bevölkerung die Buslinie 910 ist. Der Gemeinderat wurde ultimativ aufgefordert, die Verlängerung zum Tiefenbrunnen zu realisieren, alles andere sei «Nonsens». Auch wurde die Forderung nach der Einführung eines Viertelstundentaktes auf allen Zolliker ÖV-Linien aufgestellt, «denn der ÖV ist für Umsteiger nur dann attraktiv».
Es gab überdies Kritik an der Fahrweise der Zolliker Buschauffeure. Beim kürzlichen Einsatz der VBZ-Fahrzeuge wegen der Forchbahn-Baustelle habe man gemerkt, wie unterschiedlich die Fähigkeiten seien. Erklärt wird der ruppige Fahrstil der AZZK-Lenker mit dem Zeitdruck des Fahrplans, etwa, wenn es darum geht, den Bahnhof Zollikon trotz Verkehrsstau im Berg rechtzeitig zu erreichen.
Gemeinderätin Claudia Irniger versprach in diesem Zusammenhang Abhilfe bei einem Problem, das die Kinder betrifft, die im Zollikerberg zur Schule gehen, aber irgendwo zwischen Berg und Dorf wohnen und auf den Bus angewiesen sind. Die Schule ist um 11.45 Uhr aus, der Bus fährt um 11.47 Uhr los, und wer ihn verpasst, muss an der Haltestelle eine Viertelstunde warten.
Jürgen Schütt, Präsident des Forum 5W, forderte Gespräche mit der Geschäftsleitung der Forchbahn über das Schnellzugkonzept. Man ärgere sich immer wieder, wenn an der Haltestelle Zollikerberg praktisch unbesetzte Schnellzüge an den zahlreich Wartenden vorbeirauschen. Ein Halt an dieser wichtigen und stark frequentierten Station dränge sich auf.
Gelungenes Format
Der Gemeinderat nehme die Bedürfnisse der Bevölkerung ernst und wolle mit dem Dialogabend die «Schwarmintelligenz» nützen, betonte Dümmler. Ein grosser Applaus zum Schluss zeigte, dass das neue Format Zukunft hat.
22. Mai 2024: Annikas Vorstellung vom Zolliker Dorfplatz
8. April 2025: Problemzone Dorfzentrum (1/3): Dem Ortskern neues Leben einhauchen
9. April 2025: Problemzone Dorfzentrum (2/3): «Die Kundschaft ist woanders»
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Korrigenda 1: In einer früheren Version hiess es, die Kinder müssten an der Haltestelle Zollikerberg eine halbe Stunde auf den Bus warten. Nach Konsultation des Fahrplans haben wir die Stelle korrigiert. Sie müssen nur eine Viertelstunde warten, denn um 12.05 Uhr fährt ein 910er Richtung Schützenstrasse. Das Warteproblem betrifft eher die Kinder, die Richtung Sennhof fahren müssen.
Korrigenda 2: Den Vorschlag von Stephan Sintzel zu den Bäumen auf dem Dorfplatz haben wir nicht ganz richtig verstanden. Er hat uns eine Präzisierung und eine Skizze zukommen lassen: Die Bäume sollen auf dem Niveau des Platzes wachsen. Wenn ca. 4 Parkplätze aufgehoben werden, kann eine Baumgruppe mit genügend Erdreich versorgt werden. Der Verlust dieser Parkplätze könne verkraftet werden, da die Tiefgarage unter dem Dorfplatz überdimensioniert sei.
