«Unser St. Nikolaus ist ein Freund der Familie»

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1. Dezember 2021 – Am nächsten Sonntag und Montag sind im Dorfund auf dem Berg wieder die Chläuse, Schmutzli und «Esel» der St. Nikolaus-Gruppe Zollikerberg unterwegs. Hinter den Kulissen hält Bettina Meister die Zügel fest in der Hand.

Bettina Meister im Chlausgwand
Bettina Meister organisiert die Chlausbesuche (Foto: rs)

Vor 20 Jahren zog Bettina Meister mit ihrem Mann von Rheinau in seine Heimatgemeinde Zollikon. Dank drei Kindern im Vorschulalter kam sie schnell in Kontakt mit dem Familienclub, den sie später präsidierte. «Als ich aufhörte, sprach sich das im Dorf herum», erzählt sie. Bald habe man sie für andere Aufgaben angefragt, etwa als Aktuarin der Stiftung zur Förderung der Musik. «Ich engagiere mich gern für die Gemeinschaft, weil ich auf der Sonnenseite des Lebens stehe und mich verpflichtet fühle, etwas zurückzugeben.»

Seit vier Jahren besorgt Bettina Meister ehrenamtlich die Administration und Kommunikation der 1975 gegründeten St. Nikolausgruppe Zollikerberg. Im September verschickt sie jeweils einen Doodle an ihre ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer und fragt, wer am 5. und 6. Dezember zur Verfügung steht. «Am eigentlichen Chlaustag, der diesmal auf einen Montag fällt, sind wir immer unterwegs», sagt sie, «und dann nehmen wir aus organisatorischen Gründen immer noch den Tag davor.»

Grosser Kundenstamm

Nach den Herbstferien bekommt der Kundenstamm – rund 80 Familien – ein Mail mit der Einladung, sich für den Besuch des Samichlaus anzumelden. Basierend auf den Rückmeldungen erstellt sie den Einsatzplan und legt fest, welcher der fünf Chläuse mit welchem der vier Schmutzli und welchem der vier «Esel» (damit sind die Fahrer gemeint) an welchem Tag welche Familie besucht. Die geben bei der Anmeldung an, welche Eigenschaften ihrer Kinder der Chlaus loben und tadeln soll. Der wiederum studiert die Unterlagen sorgsam, damit er auch glaubwürdig auftreten kann.

Wenn dann die Chlaustage kommen, geht es im Clublokal der katholischen Kirche im Zollikerberg hoch zu und her. Die «Engeli» schminken die Chläuse und die Schmutzli. Sie helfen ihnen in die Kostüme und kleben die Bärte an. Alle fünf prächtig herausgeputzen Männer besuchen pro Abend fünf bis sechs Familien, hören sich Gedichte an und verteilen den Kindern von den Eltern vorbereitete Säckli. Derweil kochen die «Engeli» einen z’Nacht. «Wenn dann alle ziemlich erschöpft zurückkommen, haben wir noch einen guten Abend miteinander.»

Merkblatt für die Eltern

«Unsere Chläuse nehmen keine Fitze mit, der Schmutzli allerdings schon, doch sie wird zum Glück nie gebraucht», sagt Bettina Meister. «Die beiden sind keine bösen Männer und verbreiten auch keine Angst, sie wollen gern gesehene Gäste sein, die Freude bereiten und die Familie auf Weihnachten einstimmen.»

Der Chlaus erzähle den Kindern die Geschichte des heiligen St. Nikolaus, der im 3. Jahrhundert nach Christus in der heutigen Südtürkei lebte und Teile seines grossen Vermögens Jahr für Jahr an Arme und Kinder verschenkte. Ein treuer Gefährte habe für ihn festgehalten, was die Kinder während des Jahres Gutes und weniger Gutes getan hatten und ob sie ihren Eltern gehorchten.

Auch in Zollikon können die Eltern nicht nur Lobenwertes über ihre Kinder berichten. Seit einiger Zeit seien die Handys und Tablets ein grosses Thema, sagt Bettina Meister: «Die Eltern klagen, die Kids seien zu viel am Compi und am Handy.» Da habe einer der Chläuse kuzerhand ein Merkblatt zu einem sinnvollen Umgang mit den Medien verfasst und den Eltern am Ende des Besuches in die Hand gedrückt, denn oft sei es ja ihr Verhalten, das von den Kindern nachgeahmt werde. Ansonsten gehe es bei den Klagen meist um althergebrachte Themen: Zuwenig Ausdauer bei den Hausaufgaben, Schlendrian beim Zähneputzen, wenig Lust, das Zimmer aufzuräumen.

On parle français

Zuweilen helfen die Chläuse auch bei der Integration ausländischer Familien mit. «Eine Frau hat sich bei mir auf Englisch erkundigt, ob unser ‹père nöel› auch Französisch spreche», lacht Bettina Meister. «Ich musste ihr zuerst erklären, dass unser Chlaus am 6. Dezember kommt und nicht wie der französische ‹père nöel› zu Weihnachten.» Die Eltern seien interessiert gewesen, unsere Chlaus-Tradition kennenzulernen, «und wir hatten einen Samichlaus, der sich bereit erklärte, sein Französisch zu reaktivieren».

Letztes Jahr fanden die Chlausbesuche trotz Corona statt. «Wir fanden, man könne den Kindern in diesen schwierigen Zeiten nicht auch noch dieses schöne Erlebnis wegnehmen.» Das Echo sei sehr positiv gewesen. Natürlich hätten der Chlaus und sein Schmutzli die Hygienevorschriften beachtet und den nötigen Abstand eingehalten. So werde man es auch dieses Jahr machen.

Am Ende unseres Gesprächs erinnert sich Bettina Meister an eine hübsche Anekdote. Eine Mutter habe angerufen und gesagt, ihr ältestes Kind sei schon 9 und glaube nicht mehr an den Samichlaus, aber sie melde sich wegen der jüngeren Brüder trotzdem noch einmal für einen Besuch an.

Ein paar Tage später habe ihr die Mutter geschrieben, ihre Tochter sei unsicher gewesen, «ob es nicht doch der richtige Samichlaus war». (rs)

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