«Ethics start at the point of pain»

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1. Januar 2022 – «Ethisches Handeln beginnt, wenn es wehtut, wenn mich etwas Zeit, Geld und vor allem Überwindung kostet.» Ein Professor habe sie in ihrer Studienzeit an der Zürcher Universität mit diesem Satz konfrontiert, sagt Brigitt Gebs. Sie erzählt:

Porträt Brigitt Gebs
Brigitt Gebs (Foto: rs)

«Das Zitat von Professor Thorwald Lorenzen traf mich mitten ins Herz. Als ich den Satz hörte und frei für mich übersetzte, merkte ich sofort, dass es hier um etwas Wichtiges ging: Ich hatte die Idee gefunden, die ich meinem Lebensentwurf zugrundelegen wollte. Der Satz begleitet mich bis heute.

Bereits während dem Ethikkurs mit Professor Lorenzen, dem inzwischen 85-jährigen deutschen Theologen, diskutierten wir angeregt in unserer bunt gemischten Studierendengruppe über seine Aussage. Mir wurde immer klarer, dass es im Leben nicht bloss darum gehen kann, Rot Kreuz-Kleidersäcke am Strassenrand zu deponieren oder einer Bettlerin auf dem Migros-Platz schnell ein paar Franken in die Hand zu drücken. Nein, es braucht mein verbindliches Engagement, das mich dazu zwingt, mich aus meiner Komfortzone zu bewegen.

Das bedeutet zum Beispiel, dass ich Pflegekinder in meine eigene «home sweet home»-Familie aufgenommen und damit ein Stück meiner Privatsphäre preisgegeben habe. Warum? Ich habe es als dringliche Herausforderung empfunden, der meine Familie und ich uns gestellt haben.

Oder dass ich Familien in der Dritten Welt monatlich finanziell per Dauerauftrag unterstütze.

Oder mich verbindlich und dauerhaft in einem Hilfswerk engagiere, in meinem Fall in unserer Partnerschaftsschule Oescher im Kongo.

Oder in einem Restaurant oder einem Kulturbetrieb grosszügige Trinkgelder gebe.

Oder den Zug nehme, obwohl ich von Herzen gern Auto fahre. Oder oder oder.

Ich bin unserem Professor dankbar für seinen wunderbaren Satz, der mein Leben so entscheidend mitgeprägt hat.»

Brigitt Gebs (geb. 1961) ist Zolliker Religionslehrerin und Pfarrersfrau

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