Mit Edwin van der Geest in die Berge

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15. Oktober 2022 – Als Zehnjähriger kam er aus Holland nach Zollikon. Beruflich machte er sich in Zürich einen Namen als «freundlicher Krieger». 2011 zog er mit seiner Familie wieder in unsere Gemeinde. Wandern ist Edwin van der Geests grosse Leidenschaft.

Edwin van der Geest
Edwin van der Geest (Foto: zvg)

Zu seinem 50. Geburtstag (2013) machte sich Edwin van der Geest ein spezielles Geschenk. Von nun an klinkte er sich einen Tag pro Woche aus dem Geschäft aus, um zu wandern, wann immer es das Wetter zuliess. Seither macht er 50 bis 60 Wanderungen pro Jahr, oft und gerne alleine, seltener in der Gruppe, mal leichte Touren, dann wieder extrem anspruchsvolle. Was er erlebt, hält er in seinem Blog www.edwinwandert.com in Wort und Bild fest.

Edwin ist kein Kampf-, sondern ein Genusswanderer. Er schwärmt davon, in Pausen die Hände in einem Bergbach oder an einen Fels zu halten und die Natur zu spüren. «Manchmal ist das Wasser weich, dann wieder strömt es kräftig, ja gar mit Gewalt; Steine sind sensitiv, ich berühre sie extrem gerne.» Wenn er heute über die Göscheneralp wandere, nehme er sie ganz anders wahr als früher. Es gehe ihm nicht mehr «um weiter, höher, schneller», sondern um den Genuss, die Düfte, den Wind – «danach bin ich fast süchtig».

Der magische blaue Rucksack

Schon als Fünfjähriger verbrachte er mit seinen Eltern und Grosseltern Sommerferien im Berner Oberland. Als ihm die Grossmutter eines Tages in Grindelwald einen kleinen, blauen Rucksack kaufte, sei das für ihn ein «Schlüsselerlebnis» gewesen: «Von da an war ich ein begeisterter Wanderer.»

Sein Vater, ein Pfarrer, stand in Holland nicht nur auf der Kanzel, sondern machte sich auch als Seelsorger einen Namen. Diese Form des Umgangs mit notleidenden Menschen war in der Theologie eben erst aufgekommen; der Trend schwappte aus den USA nach Europa über. Auch in der Schweiz wurde man auf die junge Disziplin aufmerksam. Die Landeskirche suchte einen deutschsprachigen Pfarrer mit entsprechender Erfahrung und wurde in Holland fündig. Im Diakoniewerk Neumünster (heute Spital Zollikerberg) sollte ein Ausbildungszentrum aufgebaut werden.

So kam Edwin im Januar 1974 nach Zollikon. Die Familie hatte in Holland eine Sonderbewilligung bekommen, um trotz autofreiem Sonntag reisen zu können. Damals waren in ganz Europa wegen der Ölkrise im Gefolge des Jom-Kippur-Krieges autofreie Sonntage verordnet worden, auch in der Schweiz.

Unzählige Pfarrer beider Konfessionen aus der ganzen Schweiz pilgerten in der Folge zum Diakoniewerk Neumünster in die Seelsorge-Kurse von Vater Hans. Derweil besuchte Edwin die 5. und 6. Klasse im Schulhaus Rüterwies, die Matura machte er am Freien Gymnasium in Zürich. Gleichzeitig  war in der Zürcher Jugendbewegung aktiv und Stammgast im Autonomen Jugendzentrum AJZ. «Trotzdem bürgerten mich die liberalen Zolliker 1983 ein», schmunzelt er. Das Vertrauen habe er in Form von mehreren Jahren Militärdienst verdankt. Er brachte es bis zum Oberleutnant.

Im Gymnasium hatte er einen Turnlehrer, der Bergführer und SAC-Leiter war. Edwin besuchte jedes Jahr die von ihm organisierten Jugend + Sport-Lager, im Winter mit Skitouren, im Sommer mit Bergsteigen – «meine Freude an den Bergen wuchs mit jedem Jahr». Daneben machte er an der Uni Zürich seinen Master in Geschichte und Wirtschaft.

Mal konziliant, mal knallhart

Der Schreibende – damals Wirtschaftsjournalist bei der «SonntagsZeitung» – lernte Edwin van der Geest 1995 kennen, als die börsenkotierten Schweizer Traditionsfirmen Bally und Saurer in Schräglage gerieten und vom bekannten Manager Ernst Thomke saniert werden sollten. An seiner Seite stets der Kommunikator Edwin van der Geest, der seinem Image als «friendly warrior» (freundlicher Krieger) alle Ehre machte: konziliant im Ton, knallhart in der Sache.

Gefördert von Thomke machte er eine steile berufliche Karriere: Von 1998 bis 2006 war er Geschäftsleitungsmitglied der Bellevue Asset Management AG und Partner der Bellevue Gruppe. Später baute er die Beratungsfirma Dynamics Group auf. Als Seniorpartner bietet er Unternehmen und Persönlichkeiten aus der Wirtschaft Knowhow in den Bereichen Strategieberatung, Kapitalmarkt-Kommunikation, Investor-Relations und Reputationsmanagement an.

Ins Haus von Cecilia Bartoli

2011 zog die fünfköpfige Familie Van der Geest von Neerach nach Zollikon. Und zwar ins frei gewordene Haus der berühmten Opernsängerin Cecilia Bartoli und ihrem Mann Oliver Widmer, auch er vielen Opern-Liebhabern als Papageno in der «Zauberflöte» ein Begriff. Inzwischen sind zwei der drei van-der-Geest-Kinder erwachsen und leben ausser Haus. Zur Familie gehört auch eine weitere Tochter aus erster Ehe.

Edwin hat folglich mehr Zeit als früher, um in die Berge zu gehen. In unserer neuen Rubrik «Zollikon wandert» publizieren wir jeden Monat eine seiner liebsten Touren, ausschliesslich Wanderungen mit gelben und rotweissen Markierungen, denn im Zentrum steht nicht die Leistung, sondern der Genuss. Den Beginn macht er mit einer Wanderung an den Oberhornsee im Berner Oberland – dorthin, wo die Eltern ihn und seine kleine Schwester in den Ferien mitnahmen. Er erinnert sich an eine Tour «mit kleinen Füssen in schweren Schuhen». (rs)

PS: Zolliker Wandervögel, die gerne eine ihrer Lieblingsrouten teilen möchten, heissen wir bei «Zollikon wandert» herzlich willkommen.

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