Vom Rittergrab zum Teufelskeller
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Edwin van der Geest: «Gewisse Bergnamen kennt man nur aufgrund der Tunnel, die durch sie hindurch gebohrt wurden. Die Wanderung über den Heitersberg ist abwechslungsreich. Und auch der Magen kommt hier reichlich auf seine Kosten.»
VON EDWIN VAN DER GEEST
Ich verlasse den Bahnhof Dietikon und spaziere durch das etwas triste Stadtzentrum. Die Bauten aus den 1960er- und 70er-Jahren sind nicht gerade eine Augenweide. Doch bald beginnt der Wanderweg entlang der Reppisch. Es wird grüner, und je weiter der Weg den sanft ansteigenden Hang hinaufführt, desto ansehnlicher werden die Ein- und Mehrfamilienhäuser. Zwischen Bergdietikon und Kindhausen erstreckt sich eine grosszügige Landwirtschaftszone, die einen weiten Blick hinunter über das Limmattal erlaubt. Hier überschreite ich die Grenze zum Kanton Aargau. Es wird still.
Das verschlafene Kindhausen ist schnell durchwandert, und bald erreiche ich die Waldgrenze. Der Wanderweg mäandert über eine Seitenmoräne des Linthgletschers (oder ist es ein Abrutsch des Heitersbergs?), wohinter sich der langgezogene Egelsee versteckt. Dieser ist bereits zu grossen Teilen verlandet. Eine Tafel am Rand des Riets erklärt, dass sich der Wald hier selber überlassen wird, wie in einigen anderen Teilen des Kantons auch. Man siehts.
Der ansehnliche See ist teilweise mit einer dünnen Eisschicht überzogen. Sie glänzt und funkelt, wenn hin und wieder ein Sonnenstrahl durch die Schneewolken bricht. Eine weitere Tafel erzählt die Sage eines grausamen Ritters, den der Fluch einer verzweifelten Bäuerin traf. Blitz und Donner sollen getobt, und ein Riss in der Erde schliesslich den Elenden mitsamt seiner Burg verschluckt haben. Zurück blieb: der tiefe Egelsee. Ich schmunzle.
Noch ein paar Meter Steigung, dann trete ich aus dem Wald und erreiche ein weitläufiges Plateau. Man wähnt sich hier nicht auf einem Berg. Der kleine Weiler Heitersberg kommt in Sichtweite. Mein Magen knurrt, wenn ich an das bevorstehende Mittagessen denke, das ich hier einnehmen will. Es beginnt zu schneien.
Das Restaurant Heitersberg entpuppt sich als positive Überraschung, auch wenn die Aussenfassade der Wirtschaft dies nicht wirklich erahnen lässt. Drinnen ist alles hübsch renoviert im «Chüeli-Stil», mit schönen Möbeln und gepflegtem Holzboden. Ich wähle etwas aus der «Burger-Festival»-Karte aus und mache mich wenig später erfreut über einen bemerkenswert schön angerichteten Teller her. Und gut ist er auch! So bleibe ich fast eine Stunde sitzen, bis die Schneeschauer vorbei sind.
Das nächste Teilstück meiner Wanderung gibt nun bald den Blick in das Reusstal und zum Jura frei. Auch die Wolkenspiele machen das Wandern kurzweilig. Dann verschluckt mich der Wald wieder, und die Route führt zurück auf die Limmattaler-Seite des Hügelzugs.
In der wenig spektakulären «Rüsler»-Beiz genehmige ich mir den Kafi-Lutz, für den es auf dem Heitersberg noch zu früh war. Mein Weg führt nun durch den Wald hinunter, um kurz vor Baden nochmals anzusteigen. Eigentlich wollte ich der Krete folgen, aber dann macht mich das Schild «Teufelskeller» neugierig.
Ein Blick auf die Karte erlaubt den kleinen Umweg, und bald finde ich mich in einer bizarren Gegend wieder. Überall ragen bis zu zehn Meter hohe, überwachsene Felstürme aus dem Boden. Sie sind bei einem prähistorischen Erdrutsch durch eine Sackung entstanden, lese ich später nach. Weil auch hier ein «Urwald» definiert wurde, machen umgefallene, verfaulende Bäume das Gelände ein wenig gespenstisch.
Ich zweige vom Wanderweg ab und folge einem kaum mehr erkennbaren, alten Pfad durch den Teufelskeller, der mich auf die Krete zurückbringen soll. Doch das ist nicht so einfach. Die Natur hat dieses Waldstück wieder richtig in ihren Besitz genommen, ich krieche unter Stämmen durch und hangle mich schliesslich mit Hilfe von Ästen und Wurzeln den steilen Hang hinauf. Oben angekommen bin ich ziemlich schmutzig geworden. Aber Spass hat’s gemacht im Teufelskeller.
Jetzt bewege ich mich wieder auf einem guten Pfad und folge der Gratkante bis zur kaum mehr erkennbaren Ruine auf dem Chrüzliberg. Prägnant ist hingegen das neue Gipfelkreuz, das hier erst nach einigen Querelen aufgerichtet werden konnte (siehe dazu das Badener Tagblatt). Hier zeigen sich die Türme von Baden, und wenig später tauche ich in die ersten Häuserzeilen der Tagsatzungsstadt ein und pfeile auf den Bahnhof zu. Eine gute Januar-Tour, die sicher auch im Frühling Spass machen würde!
Anreise: Mit der S-Bahn nach Dietikon
Anforderung: 18 km, 508 m aufwärts, 490 m abwärts, Wanderzeit 5 Stunden
Route: PDF von Schweiz Mobil
Der Zolliker Edwin van der Geest ist ein begeisterter Wanderer. Er beschreibt in dieser Kolumne jeden Monat eine seiner Lieblingstouren.