Zu dunkel, zu laut, zu eng, zu teuer

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23. März 2023 – Am Anfang nahmen wir alles noch ziemlich locker. Gut, uns war nach mehr als 40 Jahren die Wohnung gekündigt worden, in der wir den grössten Teil unseres Lebens verbracht hatten. Das ist ein Einschnitt, dessen Tragweite wir Ende 2021 allerdings noch nicht erfassten.

Am Anfang nahmen wir alles noch ziemlich locker. Gut, uns war nach mehr als 40 Jahren die Wohnung gekündigt worden, in der wir den grössten Teil unseres Lebens verbracht hatten. Das ist ein Einschnitt, dessen Tragweite wir Ende 2021 allerdings noch nicht erfassten.

Das Haus Alte Landstrasse 93/95 (das mit der Bäckerei Hausammann) werde abgerissen, teilten uns die Zolliker Altbürger mit – nicht persönlich, sondern schriftlich über die Verwaltung. Dass solche Pläne existierten, vermuteten wir schon lange. Aber irgendwie hatten wir die Gerüchte nie ganz ernstgenommen. Immerhin räumte man uns etwas mehr als ein Jahr Zeit bis Ende März 2023 ein, um eine neue Bleibe zu finden.

Wir informierten Freundinnen und Bekannte: falls sie mal etwas hören sollten… Vitamin B, hatte man uns gesagt, sei das A und O. Dazu liessen wir uns bei den verschiedenen Wohnbau-Genossenschaften und der Gemeinde, die selber auch über 132 Wohnungen verfügt, auf die Warteliste setzen. Und wir erstellten bei Homegate, Immoscout24, Comparis und Flatfox Such-Abonnements mit unseren Wünschen:  3 ½- bis 4 ½-Zimmerwohnung im Dorf (auch unser Redaktionsbüro sollte in der Wohnung Platz finden), Mietzins: allerhöchstens 2’800 Franken. Den Zollikerberg liessen wir zunächst einmal links liegen, wir wollten wenn möglich in unserer vertrauten Umgebung bleiben.

Das Ganze kam uns interessant, ja, fast schon abenteuerlich vor. Endlich einmal fremde Wohnungen anschauen, Häuser betreten, die man bis anhin immer nur von aussen gesehen hat. Was für eine Chance!

Ahnungslos, regelrecht naiv

Bald einmal weckten die ersten Angebote unsere Neugier, und wir konnten ein paar Wohnungen besichtigen. Ahnungslos, ja, regelrecht naiv, wie wir waren, staunten wir, dass sich bei einigermassen attraktiven Objekten Dutzende von Menschen vor dem Eingang drängten und darauf warteten, durchgeschleust zu werden. Freundliches Grüssen hier, ein Lächeln da. Alle gaben sich Mühe, nett zu sein, dabei wollten doch alle nur eins: genau diese Wohnung. Je schöner und grösser und preisgünstiger sie war, um so mehr. Da waren all die anderen Leute im Grunde nur lästig. Sie störten.

Wir schauten uns recht viele Wohnungen an und stellten bald einmal fest, dass uns fast keine gefiel. Zu eng, weder Keller noch Estrich, schlechte Raumaufteilung, direkt an der Strasse gelegen, eine Küche, in der man sich knapp um die eigene Achse drehen konnte, zu weit entfernt vom ÖV und den Einkaufsmöglichkeiten. Wir hatten ziemlich hohe Ansprüche und sahen (noch) keinen Grund, von ihnen abzurücken.

«Leider müssen wir Ihnen mitteilen…»

Zwei Objekte gefielen uns in dieser Zeit nicht schlecht, und so bewarben wir uns. Nach wenigen Tagen trafen die freundlichen Absagen ein: «Leider müssen wir Ihnen mitteilen…». Das war enttäuschend, aber wir hatten ja noch viel Zeit, dachten wir. Ausserdem machte es immer noch Spass, in fremde Häuser zu gucken. Wir trafen freundliche Menschen, die uns geduldig durch ihre Räume führten; mitunter begrüssten uns auch Mitarbeitende von Immobilienverwaltungen, die sich ebenfalls alle Mühe gaben. Manchmal bekam man mehr mit als einem lieb war: den Ehekrach beispielsweise, den ein Paar noch nicht ganz beigelegt hatte.

Als sich der Heimatschutz einschaltete und die Altbürger auf «denkmalpflegerisch schützenswerte Bauteile» in «unserem» mehr als 200 Jahre alten Haus aufmerksam machte, erhielten wir eine Gnadenfrist in Form einer Fristerstreckung bis Ende März 2024. Unsere Reaktion darauf: wir atmeten auf und legten die Hände erst mal in den Schoss. Das pressierte ja nun wirklich nicht mehr. Doch die Zeit verging rasend schnell. Ende 2022 stellten wir plötzlich fest, dass kaum noch Wohnungen, die unseren Vorstellungen entsprachen, auf den Markt kamen. In Zollikon schon gar nicht, und im Zollikerberg, dem wir uns notgedrungen nun auch zuwandten, nur ganz wenige. Das verunsicherte uns sehr.

Eine 3 ½-Zimmerwohnung, die uns eine Wohnbaugenossenschaft anbot, kam aus verschiedenen Gründen nicht in Frage. Dann lud uns die Gemeinde zur Besichtigung einer knapp 3’000 Franken teuren Wohnung ein, die so tiefe Decken und beengte Platzverhältnisse aufwies, dass es sich nicht lohnte, unser Kostendach gegen jede Budget-Vernunft zu sprengen. Zu guter Letzt hatte der Kollege eines Freundes eine renovierte 4-Zimmerwohnung zu vergeben – für 5’400 Franken. Gleichzeitig berichteten die Medien zusehends häufiger von der Wohnungsnot in der Stadt, aber auch in weiten Teilen des Kantons Zürich.

Tote Hose im Dorf

Der Druck auf uns stieg, so dass wir unsere Suchaktivitäten wieder erhöhten. Es gab Wochen im Spätherbst, in denen wir pro Monat zwei bis drei Objekte anschauen konnten. Im Dorf war freilich tote Hose. Uns dämmerte, dass wir uns definitiv auf den Berg konzentrieren mussten. Schliesslich wollten wir ja unbedingt in der Gemeinde wohnen bleiben, schon wegen der «ZollikerNews».

Doch langsam hingen uns die Besichtigungstermine zum Hals hinaus. Unser Frust nahm zu: die eine Wohnung zu dunkel, die andere zu laut, die dritte zu eng, die vierte mit Nebenkosten dann doch wieder viel zu teuer. In einem der Hochhäuser am Brunnenbächli gefiel uns plötzlich die Vorstellung, im siebten Stock zu wohnen. Der Austausch mit der Verwaltung – wir sollten zusätzliche Dokumente einreichen – stimmte uns zuversichtlich; dann kam doch wieder eine Absage.

Auf einmal klappte es dann. Wir konnten an der Langwattstrasse eine einigermassen bezahlbare und geräumige 3 ½-Zimmerwohnung mit einem Balkon, Keller und Garagenplatz besichtigen. Wir meldeten uns ohne grosse Hoffnungen an. Überraschend schnell traf die Zusage ein. Wir fragten uns, ob wir das Glück auf unsere Seite gezwungen hatten, indem wir auch Weihnachten/Neujahr weitergesucht hatten – in einer Zeit, in der die meisten anderen eine Festtagspause eingelegt hatten. (bl/rs)

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