«Manchmal bin ich zu wenig streng»

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24. März 2023 – Im «Talk am Puls» unterhielt sich Barbara Lukesch mit Karin Stüber, VR-Präsidentin der Mercedes Automobil AG und Sprachwissenschafterin. Nach ihren Stärken und Schwächen befragt, sagte die Zollikerin, sie sei eine gute Analytikerin, aber «manchmal zu nett und zu wenig streng».

Karin Stüber und Barbara Lukesch
Karin Stüber im Gespräch mit Barbara Lukesch (Foto/Video: rs)

Karin Stüber leitet als Verwaltungsrats-Präsidentin der Mercedes Automobil AG ein Unternehmen mit Milliardenumsatz und rund 3000 Beschäftigten. Zuvor galt ihre grosse Leidenschaft den alten Sprachen, insbesondere dem Altirischen. Sie gab ihre Professur in Würzburg auf, wechselte vom Universitätsbetrieb ins knallharte Handelsgeschäft und trat in die grossen Fussstapfen ihres Vaters. Deshalb die Frage von Barbara Lukesch: «Welche Stärken können Sie im Leitungsgremium der Firma ausspielen, mit welchen Schwächen kämpfen Sie?»

Das Keltische sei eine unglaublich komplexe, schwierig zu verstehende Sprache, leitete Stüber ihre Antwort ein. Sie habe im Universitätsbetrieb ihre analytischen Fähigkeiten trainiert und sei in der Lage, Problemstellungen schnell zu überblicken und zu sehen, wo sich Lösungen anbieten. Sie könne ausserdem gut mit Menschen umgehen.

Kulturwandel im Kleinen

Der Blick von aussen sei in einem Unternehmen sicherlich hilfreich. Sie habe zu Beginn ihrer Tätigkeit beispielsweise festgestellt, dass Manager auf Fragen oft defensiv reagierten. «Nicht jede Frage ist eine Kritik, Fragen sind positiv und anregend» – diese Sichtweise habe sie erfolgreich vermittelt.

Natürlich helfe ihr das gute Verhältnis zu ihrem Vater, der das Auto-Handelsgeschäft von der Pike auf gelernt habe. Er rede ihr nicht drein, begleite sie aber zuweilen ins Büro, höre ihr zu, mische sich aber nicht ein, sondern sage: «Das musst Du selber entscheiden». Nach mehr als zehn Jahren im Verwaltungsrat der AG, zahllosen Strategiesitzungen und einer fundierten Weiterbildung (Executive MBA) fühle sie sich inzwischen genügend sattelfest. Abgesehen davon falle es ihr leicht, Hilfe bei ihren engsten Mitarbeitenden zu holen.

Wie es sich anfühlt, reich zu sein

Beim Talk im Café am Puls, das wiederum bis auf den letzten Platz besetzt war, ging es natürlich auch um das Thema Reichtum. Barbara Lukesch wollte wissen, wie es sich anfühlt, Milliardärin zu sein. Sie gehe nicht verschwenderisch mit Geld um und habe auch keinen Privatjet, sagte Karin Stüber. Ihr grösster Luxus seien eine Ferienwohnung im Engadin und dann und wann ein Aufenthalt in einem schönen Hotel. Sie wolle nicht auffallen, das sei als Kind schon so gewesen: «In bin in Zollikon in die Primarschule gegangen und dann ins Gymi Rämibühl – ich war froh, dass ich nicht in eine Privatschule musste, wo ich nur unter reichen Kindern gewesen wäre».

Ein weiteres Thema war die Zukunft des Automobils. Mercedes setze voll auf Elektromobilität, sagte Karin Stüber. Sie sei jedoch unsicher, wohin die Reise tatsächlich gehe. Die Elektromobilität erfordere die Bereitstellung grosser Energiemengen mit Hilfe einer komplexen Infrastruktur: «Ob dafür in allen Ländern die nötigen Voraussetzungen vorhanden sind?» Wenn der Trend eines Tages in eine andere Richtung gehen sollte, wäre man im Markt mit einer reinen Flotte von Elektrofahrzeugen schlecht aufgestellt. Handlungsspielraum habe sie hier nicht: «Wir sind komplett abhängig vom Hersteller.»

Wenig Zeit für musische Talente

Karin Stüber räumte ein, dass sie nur mehr wenig Zeit für ihre musischen Talente habe. Früher habe sie jeden Tag Orgel und Klavier gespielt; sie sei jede Woche in die Chorprobe gegangen – «derzeit geht das leider nicht».

Pfarrer und Gastgeber Simon Gebs kam im Verlauf der Publikums-Fragerunde nach dem Talk auf das Thema zurück. Er habe gehört, dass sie an Pfingsten in einer Kirche Orgel gespielt habe. Sie wäre auch in einer Zolliker Kirche herzlich willkommen. «Ja», sagte Karin Stüber, «das würde ich gerne tun.» (rs)

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