Bezirksrat kritisiert Zolliker Behörden

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21. Dezember 2022 – Der Bezirksrat Meilen wirft der Zolliker Schulpflege beim Bau und der Aufstockung der Schulcontainer Oescher die «Missachtung von klarem Recht und wesentlichen öffentlichen Interessen» vor. Die Gemeinde sah keine Notwendigkeit, die Bevölkerung über diese ungewöhnliche Massregelung zu informieren.

Container beim Schulhaus Oescher
Container beim Oescher (Foto: rs)

Am 8. Juni 2021 reichte ein Zolliker Stimmbürger beim Bezirksrat Meilen einen «Rekurs in Stimmrechtssachen» ein. Die Schulpflege Zollikon habe beim Bau sowie bei der Aufstockung des Schulcontainers Oescher ihre Finanzkompetenz (max. 200’000 Fr.) massiv überschritten. Es wäre Sache der Gemeindeversammlung gewesen, über die Ausgaben von insgesamt 2,98 Millionen Franken zu beschliessen.

In ihrer Stellungnahme beantragte die Schulpflege «Nichteintreten» auf den Rekurs, und falls doch darauf eingetreten werde, die «vollumfängliche Abweisung».

Um seine Familie zu schützen, zog der Zolliker Stimmbürger seinen Rekurs daraufhin zurück. Wie es das Gesetz verlangt, schrieb der Bezirksrat das Verfahren «als durch Rückzug erledigt» ab.

Doch damit liess er es nicht bewenden. Dem Bezirksrat sah sich genötigt, die Schulpflege Zollikon «in aufsichtsrechtlicher Hinsicht auf gewisse prozessuale und materielle Umstände hinzuweisen». Er greife als Aufsichtsorgan nur auf diese Weise in ein Verfahren ein, «wenn klares Recht oder wesentliche öffentliche Interessen missachtet worden sind».

Den Stimmbürger ruhigstellen

Was war geschehen? In der Stellungnahme zum Rekurs wollte die Schulpflege besagtem Stimmbürger zunächst die Legitimation für den Rekurs absprechen. Auch habe er kein schutzwürdiges Interesse an seiner Kritik dargelegt, weshalb von vornherein nicht auf den Rekurs einzutreten sei. Der Bezirksrat wies diese Argumente zurück: «Beim Rekurrenten handelt es sich um einen stimmberechtigten Bürger mit politischem Wohnsitz in Zollikon, womit seine Rekurslegitimation und sein schutzwürdiges Interesse ausgewiesen« seien.

Weiter brachte die Schulpflege vor, der Bürger habe die fünftägige Frist zur Einreichung des Rekurses verpasst, weshalb dieser hinfällig sei. Auch dieses Argument zerzauste der Bezirksrat: Die Schulpflege habe es «unterlassen, den angefochtenen Beschluss amtlich zu publizieren, auch wenn sie dazu nicht verpflichtet gewesen wäre». Von einem Stimmberechtigten könne nicht erwartet werden, «laufend Jahresrechnungen zu durchforsten, um etwaige Ungereimtheiten zu entdecken und sodann zu rügen». Fazit: «Der Rekurs in Stimmrechtssachen erfolgte fristgerecht.»

Gebundene oder neue Ausgaben?

Strittig war sodann die Frage, ob die Kredite für den Bau und die Aufstockung der Schulcontainer beim Oescher als «gebundene Ausgaben» zu qualifizieren seien, welche in die Zuständigkeit der Schulpflege fallen. Von gebundenen Ausgaben spricht man laut Bezirksrat, wenn einer Behörde «sachlich, zeitlich und örtlich kein erheblicher Entscheidungsspielraum bleibt», um ein Problem zu beheben. Im Falle der Container sei das nicht der Fall gewesen.

Fazit des Bezirksrates in diesem dritten Punkt: «Es ist nicht ersichtlich, weshalb der Bau und die Aufstockung des Provisoriums nicht der Gemeindeversammlung hätte vorgelegt werden können. Dies insbesondere, wenn doch schon frühzeitig bekannt war, dass die Platzverhältnisse rasch wieder knapp werden würden.»

Rekurs wäre erfolgreich gewesen

Der Bezirksrat erteilte der Schulpflege und damit der Gemeinde Zollikon Nachhilfeunterricht in Staatskunde:

«Während der demokratische Prozess mit Unterbreitung von Vorlagen an der Gemeindeversammlung ein umständlicher sein kann, ist nicht von der Hand zu weisen, dass der Stimmbevölkerung eine wesentliche Kompetenz entzogen wird, wenn Ausgaben als gebunden behandelt werden», schreibt der Bezirksrat unter 4.8 des Beschlusses. «Dies ist umso mehr der Fall, als die Ausgaben die Finanzbefugnis der Schulpflege für einmalige Ausgaben von CHF 200’000.—mehrfach in beträchtlicher Weise überstiegen haben.»

Hätte der Stimmbürger seinen Rekurs nicht zurückgezogen, hätte er damit Erfolg gehabt, hält der Bezirksrat unter 4.9 fest. Die Gemeinde Zollikon hält er an, «in Zukunft sowohl aus Gründen der eigenen Planungssicherheit wie auch zur Wahrung der demokratischen Rechte ihrer Gemeindemitglieder Beschlüsse der Schulpflege betreffend Ausgaben, welche ihre Finanzkompetenz gemäss gültiger Gemeindeordnung überschreiten würden, angemessen zu publizieren beziehungsweise der Gemeindeversammlung zur Abstimmung zu unterbreiten.»

Ihre Finanzkompetenz hatte die Schulpflege mit Beschlüssen zu Teilkrediten am 31. Oktober 2017, am 6. Februar 2018 und am 27. August 2019 unter dem Präsidium von Corinne Hoss-Blatter (FDP) überschritten. Der Beschluss des Bezirksrats datiert vom 7. Juli 2022, als die neue Schulpflege unter dem Präsidium von Claudia Irniger (FDP) im Amt war.

«Verletzung des Demokratieprinzips»

Rekursgegnerin war die Gemeinde Zollikon, vertreten durch die Schulpflege. Die Frage der «ZollikerNews» ging deshalb an Claudia Irniger und Gemeindeschreiber Markus Gossweiler: «Warum wurde die Öffentlichkeit weder von der Schulpflege noch von der Gemeinde über den Beschluss des Bezirksrats informiert?» Über einen Beschluss notabene, in dem er den Behörden die Verletzung demokratischer Rechte der Bevölkerung vorwirft. Gossweiler nahm wie folgt Stellung:

Für eine Veröffentlichung habe kein Anlass bestanden, «weil der Stimmrechtsrekurs durch Rückzug erledigt wurde und deshalb unmittelbar keine Anordnungen (wie etwa eine nachträgliche Kreditvorlage an den Souverän) umzusetzen waren».

Hinzu komme, dass die Behörden oft vor der Herausforderung stünden, sehr kurzfristig Raum für zusätzliche Klassen zu schaffen. Um dieser gesetzlichen Pflicht zu genügen, suchten sie im Interesse der Schülerinnen und Schüler nach «schnell umsetzbaren Lösungen». Das könne «im Lichte der aktuellen Rechtsprechung zu einer Verletzung des Demokratieprinzips führen».

Inzwischen habe die Gemeinde die Praxis für gebundene Ausgaben der neueren Rechtsprechung angepasst. Mit dem Inkrafttreten der neuen Gemeindeordnung sei nun der Gemeinderat für Investitionsentscheide der Schule zuständig und nicht mehr die Schulpflege. Da mittlerweile alle Kreditbeschlüsse der Rechnungs- und Geschäftsprüfungs-Kommission RGPK zugestellt würden, bestehe «eine zusätzliche unabhängige Kontrolle zur Beurteilung gebundener Ausgaben». (rs)

Kommentar von René Staubli

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