Das lila Haus ist Dorfgespräch

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23. November 2023 – Im Dorf gibt ein neues Haus zu reden. Es steht neben der Bushaltestelle Beugi und verblüfft mit seiner Farbgebung: Lila, die Farbe der Frauenbewegung. Dürfen Zolliker Häuser daherkommen, wie es ihnen passt? Die Baubehörde hat den Fall nicht auf die leichte Schulter genommen. (4–Kommentare)

23. November 2023 – Im Dorf gibt ein neues Haus zu reden. Es steht neben der Bushaltestelle Beugi und verblüfft mit seiner Farbgebung: Lila, die Farbe der Frauenbewegung. Dürfen Zolliker Häuser daherkommen, wie es ihnen passt? Die Baubehörde hat den Fall nicht auf die leichte Schulter genommen.  

Das lila Haus neben der Bushaltestelle Beugi (Foto/Grafik: rs)
Das lila Haus neben der Bushaltestelle Beugi (Foto/Grafik: rs)

Zuerst ein kleiner Exkurs in die Welt der Farben: Lila entsteht, wenn man rosa und hellblau mischt. Weibliche Babys werden traditionell rosa angezogen, männliche hellblau. Die Frauenbewegung mischte die beiden Farben als Symbol für die Gleichstellung der Geschlechter. Gut zu wissen, aber damit hat die lila Farbe am Gebäude natürlich nichts zu tun, sondern viel eher mit dem Thema Baueingabe und Baubewilligung.

Frage an die Zolliker Baubehörde: Stimmt die derzeitige Fassadenfarbe mit der beantragten Farbe im Baugesuch überein?

Wir erfahren, dass die Bauherren in ihrem Gesuch für die Fassade den Farbton NCS S 3010-R60B angegeben und kolorierte Pläne eingereicht hatten. Auf dieser Basis sah die Baubehörde keinen Grund, «die Farbgebung des Neubaus von der Bewilligung auszuschliessen». Der Grauton S 3000 habe überwogen und die Farbanteile (rot/blau) «schienen zurückhaltend eingesetzt».

Zweiter Exkurs in die Welt der Farben: NCS ist die Abkürzung für Natural Colour System. Dieses wissenschaftlich abgestützte Tool spiegelt wieder, wie wir Farben visuell wahrnehmen. Die im Baugesuch angegebene Farbe NCS S 3010-R60B und der Basiston S 3000 wirken so auf uns:

Die Farbtöne
Die Farbtöne NCS S 3010-R60B und S 3000

Die lila Fassade stimmt also nicht ganz mit dem überein, was eingereicht wurde. Deshalb die Frage an die Baubehörde, warum sie das Objekt dennoch abgenommen hat. Die Antwort zeigt, dass die Gestaltung der Fassade durchaus zu reden gab:

«Die Baubehörde führte vor Ort einen Augenschein durch und befand Folgendes: Das Endergebnis zeigt, dass der konkrete, lilafarbene Anstrich, insbesondere im direkten Sonnenlicht anders in Erscheinung tritt, als dies aufgrund der Farbangabe (NCS S 3010-R60B) zu erwarten gewesen wäre. Die Bauten in der Umgebung sind geprägt durch eher zurückhaltende Farben; die Farbigkeit des Neubaus aber entspricht einer zeitgemässen Haltung und fügt sich deshalb befriedigend in diesen Kontext ein.»

Gleichwohl eine kritische Frage: Artikel 8 der Zolliker Bau- und Zonenordnung bestimmt, dass die Fassadengestaltung, die Materialien und Farben «erhöhte Rücksicht auf das Ortsbild zu nehmen haben». Hält sich das Haus, das fast so lila wie die Milka-Werbung ist, an diese Vorgabe? Wir lassen uns belehren:

«Art. 8 Abs. 1 BZO kommt im vorliegenden Fall nicht zur Anwendung, weil sich das Bauobjekt nicht in der Kernzone befindet. Im vorliegenden Fall kommt § 238 Abs. 1 des kantonalen Plan- und Baugesetzes PBG zur Anwendung. Dieser besagt, dass Bauten, Anlagen und Umschwung für sich und in ihrem Zusammenhang mit der baulichen und landschaftlichen Umgebung im Ganzen und in ihren Teilen so zu gestalten sind, dass eine befriedigende Gesamtwirkung erreicht wird, wobei diese Anforderung auch für Materialien und Farben gilt.»

Ist die Gesamtwirkung des Hauses an der Zolliker Strasse 127/129 nun befriedigend oder nicht? Unsere Handrecherche im Dorf ergab: Über Geschmack lässt sich trefflich streiten.  (bl/rs)

PS: Wer sich dafür interessiert, was vor dem lila Haus war, wird hier fündig:

Ein attraktiver Freiraum verschwindet

Moderner «T-Rex» frisst Zolliker Haus

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Endlich mal wieder ein nett anzusehender Neubau. Sehr sympathisch.

Speziell in Zollikon, aber auch anderswo, scheint die aktuelle Architektur komplett am Boden. Nur viereckige Betonkästen mit Glasfronten, zu deren Entwurf Massstab und Geodreieck ausreichten. In Farbtönen wie diesem NCS S 3010-R60B und dünkler, in Beton gegossene Herbstdepressionen. Dieser Artikel 8 der Zolliker Bau- und Zonenordnung, wonach erhöhte Rücksicht auf das Ortsbild zu nehmen sei, scheint bei vielen Beispielen inexistent.
Dieses hier gezeigte Haus ist zwar optisch auch noch nicht mit dem Quartier verschmolzen, aber die frischen pastell-lila Elemente mit hellen Streifen und die rhombische Grundform nehmen die Schwere aus dem Volumen.
Gerne mehr davon!

Ich bin immer wieder erstaunt ob der Entscheide der Baubehörde, sie sind immer für Überraschungen gut. Das lila Haus wird erlaubt (damit hab ich gar kein Problem, ich finds cool), aber ich muss meinen Kamin auf den Milimeter dort bauen, wo die Baubehörde das befiehlt und nicht dort, wo es für den Bau ideal wär… Ich wohne nicht in der Kernzone, sondern an einer Strasse, die von vielen – nicht wirklich aparten – MFH gesäumt ist. Die Willkür der Zolliker Baubehörde ist nicht zu überbieten.

Liebe Corinne, Dein schönes Haus wird gerade sehr sorgfältig renoviert, wie ich gesehen habe. Ich wünsche gutes Gelingen und bedauere Deinen Ärger mit der baubehördlichen Willkür. Diese verstehe ich ebenfalls überhaupt nicht.

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