Das Ritual ruft nach einer Auffrischung

0 KOMMENTARE

31. März 2025 – An der Gemeindeversammlung vom letzten Mittwoch haben 93 Zolliker Stimmberechtigte zwei wichtige Entscheide getroffen. Das sind 1,16 Prozent der gesamten Stimmbevölkerung. Könnte man den allzu ritualisierten Anlass attraktiver gestalten?

Der Zolliker Gemeinderat (Foto: ZN)
Der Zolliker Gemeinderat (Foto: ZN)

VON RENE STAUBLI

Einmal mehr harrten am Mittwoch die Gemeinderäte, die kein Geschäft vertreten mussten, auf dem Podium aus und beschäftigten sich abwechselnd mit ihren Handys, Tablets oder sonstigen Unterlagen. Eine Möglichkeit zur beidseitigen Belebung des Anlasses wäre, dass ein oder zwei Gemeinderäte die Anwesenden jeweils in kurzen Statements über ihre laufende Arbeit informieren würden.

Der «Verkehrsminister» André Müller (ganz links im Bild) hätte beispielsweise einen Zwischenbericht zur Online-Umfrage über die Gestaltung der Velowege in Zollikon geben können, die er vom 25. Oktober bis zum 24. November 2024 hatte durchführen lassen. Was ist dabei herausgekommen? Wie geht es weiter?

Die Gesellschafts-Vorsteherin Sandra Fischer (neben Müller) hätte kurz darüber informieren können, wie die Ergebnisse der Umfrage zum Wohnen im Alter vom November 2024 in die strategischen Überlegungen des Gemeinderats eingeflossen sind und welche konkreten Massnahmen diskutiert werden.

Die Finanzchefin Sylvie Sieger (rechts im Bild) hätte darlegen können, was Anfang Februar beim Erfahrungsaustausch des Gemeinderats mit der Rechnungs- und Geschäftsprüfungs-Kommission herausgekommen ist. Die ehemalige RPK heisst ja seit 2022 RGPK und nimmt nicht nur die Rechnungen, sondern auch einzelne Geschäfte des Gemeinderats unter die Lupe, was offenbar zu Friktionen geführt hat. Die Regeln der künftigen Zusammenarbeit wollten die Beteiligten in einer Behördenkonferenz festlegen – was ist dabei herausgekommen?

Kleine Zwischenbilanzen, den Stimmberechtigten in aller Kürze dargereicht, um Transparenz zu schaffen und mehr Interesse für die Arbeit der Behörden zu wecken – das könnte zusätzliche Stimmbürgerinnen und Stimmbürger animieren, sich an den politischen Prozessen aktiv zu beteiligen.

Die FDP auf dem Laufsteg – und die Andern?

Aber auch die Parteien könnten für mehr Leben im politischen Betrieb sorgen. Immerhin finden in einem Jahr, am 8. März 2026, die Erneuerungswahlen der Gemeindebehörden statt. Es wird Zeit, auf sich aufmerksam zu machen und das eigene Bild zu schärfen.

An der Gemeindeversammlung wurden die Anwesenden zunächst Zeuge einer Darbietung, die ausschliesslich FDP-Exponenten bestritten. Die Schulpräsidentin Claudia Irniger (FDP) und Liegenschaften-Vorsteher Patrick Dümmler (FDP) präsentierten ihre beiden Geschäfte zur Schule und zum Fernwärmenetz. Viktor Sauter (FDP) lobte Claudia Irniger anschliessend dafür, dass sie die RGPK frühzeitig über den geplanten Kauf von digitalem Schulequipment informiert habe.

Danach spielte Marc Raggenbass (FDP) einen Steilpass auf seine Parteikollegin Irniger und ermöglichte ihr so die publikumswirksame Aussage, dass das Budget von 1,85 Mio. Franken für die Beschaffung des neuen Schulmaterials sicher nicht überschritten werde, weil «interne und externe Experten» ein wachsames Auge auf den Submissionsprozess werfen.

Die massive Kostenüberschreitung bei der Sanierung der Sportanlage Buechholz als Folge von Planungsfehlern blieb unerwähnt. Ebenso, dass der Gemeinderat in seinem jüngsten Verhandlungsbericht, den er erst kurz vor der Versammlung online stellte, zwei weitere Budgetüberschreitungen vermelden musste: die Sanierung der Haustechnik an der Bergstrasse 10 kostet 453‘000 statt der bewilligten 400‘000 Franken, der Umbau des Empfangs im Gemeindehaus 435‘000 statt der bewilligten 385‘000 Franken.

Das ist kein Vorwurf an die Adresse der FDP; die Freisinnigen spielten am Mittwoch geschickt auf ihrer Klaviatur. Aber wo blieben die anderen Parteien? Auf der politischen Bühne traten keine Darsteller des Forum 5W auf, keine Exponentin der SP und kein Mitglied des EVP-Ensembles. Dass sowohl die neue GLP-Präsidentin Nicole Wächter als auch der neue SVP-Präsident Bernhard Ecklin auf die Chance verzichteten, sich zu zeigen, verwundert einen schon.

Immerhin schickte die SVP ihre Nachwuchshoffnung Cyrill Huber ans Mikrofon. Ob seine Taktik, die Arbeit des Gemeinderats pauschal in die Tonne zu treten, sich auf die Länge auszahlt, wird sich weisen. Aber die SVP kann wenigstens für sich in Anspruch nehmen, die allzu ritualisierte Gemeindeversammlung etwas aufgefrischt zu haben.

Wenn Sie unseren wöchentlichen Gratis-Newsletter erhalten möchten, können Sie sich gerne hier anmelden.

WIR FREUEN UNS ÜBER IHREN KOMMENTAR

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

1 × vier =

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht