Der Wert eines Geschenks

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Balz Spörri: «Vermutlich kommt Ihnen die Frage bekannt vor: ‚Hast du einen Wunsch für Weihnachten oder soll ich dir einfach Geld geben?‘ Bei Kindern ist die Antwort klar. Sie möchten ein ‚richtiges‘ Geschenk. Bei Teenagern oder jungen Erwachsenen wird es schon schwieriger. Häufig bevorzugen sie Geld.»

VON BALZ SPÖRRI

Vermutlich kommt Ihnen die Frage bekannt vor: ‚Hast du einen Wunsch für Weihnachten oder soll ich dir einfach Geld geben?‘ Bei Kindern ist die Antwort klar. Sie möchten ein ‚richtiges‘ Geschenk. Bei Teenagern oder jungen Erwachsenen wird es schon schwieriger. Häufig bevorzugen sie Geld.

Doch ein Geldgeschenk ist für alle Beteiligten oft etwas unbefriedigend. Weshalb eigentlich? Ein Team um den Psychologen Cong Peng von der New York University in Shanghai ist dieser Frage nachgegangen. In einem Experiment mussten Probanden angeben, wie sehr sie sich über ein Willkommensgeschenk freuten. Das Geschenk war entweder 20 Dollar in bar, ein Schokolade-Gutschein über 20 Dollar oder Schokolade im selben Wert.

Das Ergebnis ist eindeutig: Bargeld kam mit Abstand am schlechtesten an, Schokolade am besten. «Geldgeschenke führen bei den Empfängern zu einem geringeren Mass an Dankbarkeit», schreibt Cong Peng. Deshalb seien sie weniger willkommen.

Aus der Forschung weiss man, dass Dankbarkeit für unser Zusammenleben eine wichtige Rolle spielt. Sie ist eine Art Bindemittel, um soziale Verbindungen aufzubauen und zu pflegen. Ein persönliches Geschenk löst Dankbarkeit aus, weil es dem Empfänger zeigt, dass ihn der Geber mag und er sich um ihn kümmert.

Bargeld dagegen steht für einen wirtschaftlichen Austausch, bei dem die persönliche Beziehung keine oder kaum eine Rolle spielt. Cash ist also nicht das allerbeste Geschenk.

Die Studie zeigt aber noch etwas: Der «gefühlte» Wert eines Geldgeschenks lässt sich mit einfachen Mitteln steigern – etwa durch einen individuell gestalteten Gutschein oder indem man die Banknoten in Form einer Rose drapiert.

Bargeld wird also umso wertvoller, je eher die Beschenkten darin das Interesse und die Zuneigung der Schenkenden wahrnehmen.

Das belegt auch ein zweites Experiment von Cong Peng mit chinesischen Studierenden: In Mandarin wird die Zahl 520 («Wu-Er-Ling») ähnlich ausgesprochen wie «Ich liebe dich» («Wo-Ai-Ni»). Im Experiment wünschten sich die Studierenden als Geschenk zum Valentinstag lieber 520 als 530 Renminbi (ca. 70 Dollar) – weil eben die Zahl 520 eine Liebeserklärung darstellt.

Vielleicht sollten wir uns im Westen auch auf eine solche Zahl einigen. Sie würde uns das Schenken leichter machen.

Hier geht es zur Studie

Balz Spörri (geb. 1959) lebt als Journalist und Autor in Zürich.

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