«Die ‹Ganoven› machen den Unterschied»
0 KOMMENTARE
31. Mai 2024 – Morgen der Champions League-Final und schon bald die EM in Deutschland: die Höhepunkte jagen sich. Grund genug, mit Erich Vogel (85) über Fussball zu reden. Er kennt das Geschäft seit 60 Jahren in- und auswendig. Ausserdem hat er 30 Jahre lang in Zollikon gewohnt.
INTERVIEW: BARBARA LUKESCH
Erich Vogel, wir mussten unseren Interviewtermin zunächst verschieben, weil Sie einen neuen Job haben. Erzählen Sie, was ist passiert?
Nachdem Lara Dickenmann, General Manager bei den GC-Frauen, von einem Tag auf den anderen zurückgetreten ist, habe ich den Job des Sportchefs – begrenzt auf drei Monate – übernommen.
Es wurde gemunkelt, Sie hätten im Hintergrund mit dafür gesorgt, dass sie so überstürzt gegangen ist.
Wenn irgendwo etwas passiert, wird auf der Stelle nach Schuldigen gesucht. Ich hatte allerdings in diesem Fall null Prozent Einfluss. Ich war weder an ihrer Anstellung beteiligt noch an derjenigen irgendeines Trainers oder von Spielerinnen und hatte auch mit ihrem Abgang rein gar nichts zu tun.
Warum ist sie gegangen?
Das müssen Sie sie fragen. Was ich sagen kann: Als General Manager war sie für alles verantwortlich, angefangen bei den Finanzen über Marketing und Sponsoring bis zum ganzen Fussballbereich, dem Transferwesen und der Nachwuchsabteilung. Diese Ballung an Aufgaben hätte selbst ich, 20 Jahre jünger und in Hochform, nicht bewältigen können. Dabei habe ich enorm viel Erfahrung, während sie als junge Frau, die den Posten vor drei Jahren unmittelbar nach dem Ende ihrer Karriere als Fussballerin übernommen hat, logischerweise noch nicht über umfangreiche Kompetenz verfügte.
Sie müssen nun Ihren künftigen Nachfolger beziehungsweise eine Nachfolgerin suchen, aber fast noch wichtiger ist es, neue Spielerinnen zu finden. Acht haben GC verlassen.
Diese Suche ist extrem schwierig. Zum Einen, weil wir viel zu spät dran sind, zum Anderen, weil die Schweiz mit Salären um die 30’000 Franken pro Jahr auf dem internationalen Markt überhaupt nicht mithalten kann. In Deutschland verdienen die besten Spielerinnen schon fast eine halbe Million, in Spanien bekommt eine Topspielerin auch schon mal mehr als das Doppelte.
Erstaunlich, dass ein alter Haudegen in Sachen Fussball, notabene Männerfussball, sich dermassen für den Frauenfussball ins Zeug legt. Eine Art Altershobby, wie die NZZ vermutet?
Ach was! Ich bin bereits 1988 mit dem Frauenfussball in Kontakt gekommen und habe bei dieser Gelegenheit auch meine zweite Frau Ruth Berweger kennengelernt. Sie war Nationalspielerin, Trainerin und Präsidentin von Seebach, was bei den Frauen damals das Real Madrid der Schweiz war. Schon in meinem ersten Jahr bei GC habe ich ein Trainingslager für die Frauen in Brasilien organisiert. Das war damals etwas total Verrücktes und hat mir viele Sympathien eingetragen. Als ich 2008 als Sportchef wieder bei GC war, realisierte ich, dass der Frauenfussball am Boomen war und habe mich dafür eingesetzt, dass eine Frauenabteilung gegründet wird. Die Fusion mit Schwerzenbach war das Ergebnis, wobei mir Seebach lieber gewesen wäre. Aber die haben sich mit dem FC Zürich zusammengetan.
Was halten Sie vom Frauenfussball?
Die Entwicklung ist extrem. Kein Mensch hätte sich vorstellen können, dass das Leistungsniveau, die Saläre und die Zuschauerzahlen innert so kurzer Zeit dermassen explodieren. Frauen können technisch und taktisch genauso gut sein wie Männer, ihr Leistungswille liegt teilweise sogar über dem der Männer. Nur im Bereich Athletik kommen sie nicht ganz an die Männer heran.
Wie erfolgreich kann der Frauenfussball noch werden?
Frauenfussball ist bereits jetzt zu einer riesigen Attraktion geworden. In Deutschland kamen vor drei Jahren rund 1400 Zuschauer an einen Match, heute sind es gegen 3000. Wenn in grossen Stadien gespielt wird, können es bis zu 16’000 sein. In England kommen schon heute gegen 50’000 Leute in die grossen Stadien. Und wenn in Spanien der absolute Spitzenklub Barcelona gegen Atletico Madrid antritt, ist der Kessel voll: 82’000 Zuschauer.
Lassen Sie uns über den Männerfussball reden, der ja Ihr berufliches Leben doch deutlich mehr geprägt hat. Als wir im Vorfeld über mögliche Themen gesprochen haben, kam von Ihnen der Vorschlag: «Fussball – der akzeptierte Betrug.» Was genau meinen Sie damit?
Im Fussball sind Dribblings, Finten, Tricks und Täuschungen die wichtigsten Elemente, die ein Spieler beherrschen muss. Jeder Stürmer hat ein Ziel – er will ein Goal machen. Die gegnerische Mannschaft will dasselbe. Wenn man nun nur auf Schönspieler setzt, hat man geringe Erfolgschancen. Was es braucht, sind die «Ganoven», die Shaqiris, Messis, Maradonas, Türkyilmaz, die perfekt dribbeln können, den Gegner «verseckeln», jede Schwäche von ihm ausnutzen und sich bei Bedarf auch mal fallen lassen (grinst). Jene Spieler also, die ein Verhalten an den Tag legen, von dem wir in der Schule gelernt haben, dass es unzulässig sei. Im Fussball ist es dringend notwendig. Es sind die «Ganoven», die den Unterschied machen und die Leute begeistern.
Sie selber waren einer der einflussreichsten Fussballmanager der Schweiz und gelten als Person, die alle Register zieht, wegen Fussballgeschäften auch schon mal in U-Haft war und extrem polarisiert. Kein Porträt über Sie ohne den Begriff «Reizfigur» oder «Strippenzieher».
Im Fussball tricksen nicht nur die Spieler, im Fussball sind auch die Trainer und die Sportchefs Dribbler. Man darf nie zeigen, was man will. Aber im Grunde geht es ständig darum, den Gegner zu täuschen. Du bist immer drauf aus, ihm den besten Spieler abspenstig zu machen, damit du stärker wirst und er schwächer. Entweder passt du dich diesem Verhalten an oder du bist das ewige Opfer, wirst entlassen und gerätst in Vergessenheit.
War es das, was die Sportjournalisten immer dermassen an Ihrer Person gereizt hat?
Ich bin ziemlich direkt und sage, was ich denke. Bei uns ist es aber verbreitet, dass man hintenherum redet und die Kritik an einer Person selten offen artikuliert. Ich aber war schon immer «ein frecher Siech» und hatte nie Angst. Also gut, meine Höhenangst ist schlimm und meine Angst vor einer Schlägerei total. Ich gehe jedem Kampf aus dem Weg. Diesbezüglich bin ich ein richtiger Feigling.
Sie waren als Spieler, Trainer und Sportchef extrem erfolgreich und haben alles in allem 27 Titel geholt. Eine solche Bilanz kann niemand sonst in der Schweiz vorweisen. Das wird Sie auch nicht bei allen beliebt gemacht haben.
Natürlich braucht es dazu ein Erfolgsstreben, das bei mir wirklich ausgesprochen stark ist und einen nicht sehr empathisch beziehungsweise sozial macht. Du musst die Schwächen deiner Gegner ausnutzen und alles dem Erfolg unterordnen. Auf diese Art bekommst du nicht den besten Ruf.
Man sagt Ihnen auch nach, Sie seien stur und rechthaberisch.
Man kann solche Attribute immer von zwei Seiten betrachten. Wer mir gut gesinnt ist, wird sagen, ich sei zielorientiert, durchsetzungsstark und nicht korrumpierbar. Die anderen werden sagen, er ist ein sturer unbelehrbarer «Siech». Oder ein anderes Beispiel: Ein ehemaliger FCZ-Präsident, mit dem ich eng zusammengearbeitet habe, hat einmal über mich gesagt: «Der Vogel zieht die Lämpen an wie das Licht die Mücken.» Ja, ich verursache tatsächlich immer wieder Konflikte mit meiner Direktheit, die eigentlich unnötig wären. Kurz: ich bin ein Idiot in der Konfliktvermeidung. Dafür bin ich aber auch ein wirklich guter Konfliktmanager und schaffe es immer, Auseinandersetzungen wieder zu beenden und zu bereinigen.
Sie schauen auf 25 Jahre als Trainer und 35 als Sportchef zurück. Was sind die entscheidenden Veränderungen, die der Fussball in dieser Zeit erlebt hat?
Er ist viel schneller und dynamischer geworden, viel athletischer, aber auch viel disziplinierter. Auch wenn mehr Aggressionen als früher im Spiel sind, sind sie kontrollierter. Die ganz bösen Fouls gibt es nicht mehr. An grossen Spielen hast du 16 Kameras, die alles aufzeichnen. Das ist eine grossartige Entwicklung. Früher konntest du einem Gegenspieler schnell mal eins reinhauen, und niemand hat dich erwischt. Das ist vorbei. Mit all diesen Entwicklungen ist der Fussball heute so attraktiv wie nie.
Was muss sich am Fussball mittelfristig ändern?
Wir müssen das Offside aufheben.
Ist das Ihr Ernst?
Absolut. Heute konzentriert sich das Spiel im Mittelfeld auf engstem Raum. Aus den rund 100 Angriffen, die jedes Team lanciert, resultieren nur ein paar wenige Torchancen. Für die Zuschauer ist das langweilig und kein Vergleich mit anderen Sportarten: im Eishockey, Handball oder Basketball gibt es jede Menge Szenen vor den Toren oder am Korb. Da müssen wir mit dem Fussball auch hin.
Wie sähe das Spiel ohne Offside denn aus? Bleibt der Mittelstürmer beim gegnerischen Torhüter stehen und wartet auf den Ball?
Das kann sein, dann wird er vom Torhüter gedeckt, der ganz neue Fähigkeiten entwickeln muss. Entscheidend ist, dass sich das Spiel über das ganze Feld verteilt. Das eröffnet den Trainern interessante taktische Möglichkeiten, und die kreativen Spieler können ihre Fähigkeiten besser zeigen, weil sie nicht permanent unter Druck stehen wie heute.
Zukunftsmusik. Aktuell macht der Schweizer Granit Xhaka auf internationalen Parkett Furore. Erst kürzlich ist er mit Bayer Leverkusen nicht nur deutscher Meister, sondern auch Cupsieger geworden und gilt als die überragende Figur innerhalb der Mannschaft. Was macht ihn so brillant?
Xhaka hat eine extrem gute Übersicht über das Spiel. Wenn man ihn beobachtet, sieht man, dass er ständig den Kopf dreht und sein Umfeld im Blick hat. Er hat eine sehr grosse Spielintelligenz. Dazu ist er ein «Schlitzohr». Aber das muss er auch sein.
Verrückt, dass er im Klub, aktuell bei Leverkusen, vorher bei Arsenal grossartig spielt, in der Schweizer Nationalmannschaft aber immer wieder enttäuscht.
Das gilt ja nicht nur für ihn. Fabian Schär, der bei Newcastle in der Premier League spielt und Manuel Akanji von Manchester City haben das gleiche Problem.
Wie lässt sich das erklären?
Schär und Akanji sind zwar herausragende Spieler, aber keine Führungspersonen. Sie haben in ihren Klubs auch keine Führungspositionen. In der Nati sollen sie nun trotzdem so etwas wie Führungskompetenz zeigen – eine Erwartung, die sie überfordert und sich negativ auf ihre Leistung auswirkt.
Xhaka ist nun aber mit Sicherheit eine Führungspersönlichkeit und kann in der Nati trotzdem nicht überzeugen.
Ich habe bei ihm immer das Gefühl, dass er in der Nati beweisen will: «Ich bin der Chef!» Bei Bayer Leverkusen fällt dieser Anspruch weg, weil der Chef draussen steht. Xabi Alonso, ein starker Trainer, den er akzeptiert.
Also akzeptiert er Murat Yakin nicht wirklich?
Halb halb. In gewissen Momenten schon, in anderen nicht. Aber Yakin, den ich so gut kenne, dass ich ein Buch über ihn schreiben könnte, war als Spieler genau gleich. Ich erinnere mich an eine Szene, in der der damalige GC-Trainer Christian Gross einen 17-Jährigen in der Pause wegen einem Fehler zusammengestaucht hat. Da nimmt Yakin, damals 22, den jungen Mann auf die Seite und sagt zu ihm, er solle nicht auf den Trainer hören, sondern auf ihn. Er werde ihn künftig führen.
Wie würden Sie den inzwischen knapp 50-jährigen Yakin charakterisieren? Was macht ihn aus?
Er verfügt über ein riesiges Talent. Als Fussballer, aber auch als Trainer. Damit einher geht aber auch eine Schwäche: er umgibt sich zu häufig mit mittelmässigen Leuten, weil er überzeugt davon ist, alles sowieso am besten zu können. Da beschäftigt er immer wieder Leute aus seiner nächsten Umgebung, die er gernhat, statt die besten ihres Fachs.
Was müsste er denn machen, um aus Xhaka mehr herauszuholen?
Er macht ja schon vieles richtig. Er hat ihn wiederholt in Leverkusen besucht und sich mit ihm ausgetauscht. Ich bin überzeugt, dass sie sich bei diesen Gelegenheiten auf einer rationalen Ebene finden. Dass es im irrationalen Bereich nach wie vor divergieren kann, ist normal bei zwei so starken Persönlichkeiten.
Trotzdem kann es Yakin nicht egal sein, dass sich Xhaka immer wieder in Situationen manövriert, die ihm viel Ärger mit den Schiedsrichtern, aber auch den Medien bescheren. Welche Massnahmen kann er als Trainer da ergreifen?
Ich glaube, dass sich Menschen sehr schwertun mit Veränderungen. Es gibt gewisse Entwicklungsmöglichkeiten, aber nicht viel mehr. Um diese anzustossen, braucht man als Trainer vor allem Glaubwürdigkeit und Menschenkenntnis. Eigenschaften, dank denen man einem Spieler überzeugend vermitteln kann, dass man ihn versteht und ihm auch noch zwei, drei Ausrutscher nachsehen wird, allerdings verbunden mit der Aufforderung, sich etwas mehr zu zügeln und gelassener zu werden. Was sicher nicht geht, ist ein Zusammenschiss. Das würde einen Spieler wie Xhaka höchstens provozieren.
Sind denn Fussballtrainer darauf vorbereitet, solche Gespräche zu führen?
Viele Trainer können das tatsächlich nicht, weil sie ausschliesslich im Bereich Taktik geschult werden. Ein junger Trainer wie der deutsche Nationalcoach Julian Nagelsmann, den ich für überragend halte, hat einmal gesagt: «Wenn die Mentalität in einer Mannschaft stimmt, spielt die Taktik keine Rolle mehr.» Ich bin absolut einverstanden mit ihm und lese heute wesentlich mehr Bücher über den Menschen als über den Fussball. Aktuell Reinhard Sprengers «Magie des Konflikts».
Aber auch Nagelsmann hat schon einige echte Böcke geschossen.
Ja klar. Sein Umgang mit dem Bayern-Goalie Manuel Neuer war eine Katastrophe und hat ihn letztlich seine Stelle in München gekostet. Neuer liegt mit einem gebrochenen Bein im Spital, und Nagelsmann entlässt den Goalie-Trainer, Neuers engsten Vertrauten. Das war überhaupt nicht erklärbar; da hat sich das Irrationale im Menschen Bahn gebrochen.
Morgen findet der Champions League-Final Real Madrid – Borussia Dortmund im Londoner Wembley-Stadion statt. Eine Fussball-Grossmacht trifft auf einen Underdog. Hat Dortmund trotzdem eine Chance?
Im Fussball gewinnt die bessere Mannschaft 65 Prozent der Spiele, während das schlechtere Team 35 Prozent für sich entscheidet oder zumindest ein Unentschieden herausholt. So gesehen hat Dortmund durchaus eine Chance, keine Frage.
Trotzdem: auf wen setzen Sie?
Auf Real Madrid.
Einmal mehr Carlo Ancelotti?
Er ist der beste Trainer der Welt, der in fünf verschiedenen Ländern Meister geworden ist und bisher viermal die Champions League gewonnen hat. Sein Buch «Quiet Leadership – wie man Menschen und Spiele gewinnt» sollte man unbedingt lesen, wenn man etwas über Führungstechnik im Fussball verstehen will.
Mitte Juni beginnt die EM in Deutschland. Welche Chancen räumen Sie den Schweizern ein?
Ich bin zur Zeit ein bisschen skeptisch, hoffe aber sehr, dass ich nicht recht habe. Dass die Mannschaft den Viertelfinal erreicht, halte ich dennoch für eine realistische Prognose.
Wo machen Sie denn Schwachstellen bei den Schweizern aus?
Im Sturm haben wir ein Problem. Breel Embolo ist ständig verletzt. Mit Rubén Vargas haben wir immerhin einen schnellen, beweglichen Mann, und mit Zeki Amdouni einen guten auf der Seite.
Und Shaqiri? Hat er seinen Karrierehöhepunkt überschritten?
Natürlich. Seine Karriere ist sehr speziell: er hat nur 20 Prozent aller möglichen Spiele gemacht, bei den übrigen sass er auf der Bank, war verletzt oder ausser Form. Er ist einfach schlecht beraten worden. Trotzdem hat keiner mehr Geld verdient als er.
Yann Sommer ist nach dem Gewinn der Meisterschaft mit Inter Mailand in Form?
Auf jeden Fall. Er ist gesetzt, nicht Gregor Kobel von Borussia Dortmund. So gut er auch spielt, wird seine Stunde erst nach dem Rücktritt von Sommer kommen.
Was ist mit Ricardo Rodriguez? Der wirkt inzwischen ein bisschen behäbig.
Er ist alt geworden.
Und trotzdem wird er immer aufgestellt.
Die Hälfte der Mannschaft stellen die eigenen Spieler auf, vor allem die Führungsspieler, der Trainer bestimmt bloss die andere Hälfte.
Wie bitte? Die Mitspieler entscheiden sich für einen Kollegen, und dann wird er aufgestellt?
So ist es. Da fühlt sich einer besser mit Remo Freuler an seiner Seite als mit Denis Zakaria, obwohl der vielleicht aktuell besser spielt. Aber als Trainer weisst du ganz genau: wenn Führungsspieler zu dir kommen und diese Forderung aufstellen, solltest du nicht gegen sie entscheiden. Sonst bist du ziemlich schnell weg. Trainer werden ja grösstenteils von den Spielern entlassen.
Wo liegen aktuell die Stärken der Nati?
Wir haben – wie gesagt – grossartige Goalies, dazu überragende Verteidiger wie Schär und Akanji, der sogar Weltklasse ist, dazu starke Mittelfeldspieler. Das gab es noch nie, dass wir so viele Spieler haben, die bei den besten Klubs weltweit angestellt sind.
Yakin war lange Zeit umstritten als Nationaltrainer. Ist er trotzdem die richtige Wahl?
Das wird sich zeigen. Sicher ist bloss, dass der Ausgang der EM über seine weitere Karriere entscheiden wird.
Urs Fischer, Erfolgstrainer von Union Berlin, wäre nach seinem jähen Absturz auch zu haben gewesen.
Da bin ich nicht sicher. Fischer hat eine unglaubliche Erfolgsgeschichte mit Berlin geschrieben und war dann nach 15 Niederlagen in Folge am Ende. Er hat nicht mehr geschlafen, weil der Druck, der auf ihm lastete, einfach zu gross wurde. Er wird sich bei Gelegenheit für einen Verein entscheiden, der zu ihm passt.
Sie sind 85 Jahre alt und wirken tatendurstig wie eh und je. Was kommt noch alles?
Zum Glück weiss ich das nicht.
Eine Biografie?
Niemals. Mich haben schon zahlreiche Journalisten angefragt, die ein solches Buch über mich schreiben wollten. Aber ich habe keine Lust, mich monatelang gedanklich in die Vergangenheit zu versetzen. Ich schaue lieber nach vorn.
Nur einen Blick nach hinten, bitte. Sie haben während knapp 30 Jahren in Zollikon gelebt. Was verbindet Sie mit der Gemeinde?
Am Dorfleben habe ich nicht gross teilgenommen, weil ich in jenen Jahren beruflich meine erfolgreichste Zeit erlebte. Ich hatte damals zwei Hunde, mit denen ich täglich unterwegs war. So gesehen habe ich Zollikon mehr aus der Hundeperspektive wahrgenommen.
Erich Vogel war als Spieler Mitglied des Kaders von GC, spielte aber nie in der ersten Mannschaft. Anschliessend trainierte er GC und Xamax Neuchâtel. Als ihm die Belastung zu gross wurde, wurde er Sportchef beim FC Aarau, bei GC, dem FC Zürich und dem FC Basel. Er ist verwitwet und lebt seit 2002 in Uitikon Waldegg.