«Die Kosten sind immer ein Thema»
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8. Dezember 2023 – Die Frauenklinik des Spitals Zollikerberg mietet sich auf zwei Stockwerken im Calatrava-Gebäude am Stadelhofen ein. Dimitrios Chronas, ab Mai 2024 Leiter der Frauenklinik, rechtfertigt den hohen Mietzins und erzählt, wie er sich als Mann in einem überwiegend weiblichen Fachgebiet fühlt. (1 Kommentar)
8. Dezember 2023 – Die Frauenklinik des Spitals Zollikerberg mietet sich auf zwei Stockwerken im Calatrava-Gebäude am Stadelhofen ein. Dimitrios Chronas, ab Mai 2024 Leiter der Frauenklinik, rechtfertigt den hohen Mietzins und erzählt, wie er sich als Mann in einem überwiegend weiblichen Fachgebiet fühlt.
INTERVIEW: BARBARA LUKESCH
Herr Chronas, das Spital Zollikerberg betreibt am Bahnhof Stadelhofen die Frauenpermanence. Wie stehen Sie zu diesem Angebot?
Das ist unser Satellit in der Stadt, der für uns besonders wertvoll ist, weil wir selber nicht direkt im städtischen Zentrum vertreten sind, viele Frauen aber froh sind über die schnelle Erreichbarkeit. Es ist eine grosse Praxis mit momentan drei Behandlungsräumen, Termin-, aber auch spezialisierten Sprechstunden und einem Walk-In-Angebot, was die Leute sieben Tage die Woche auch nach Feierabend nutzen können. Die Nachfrage ist extrem hoch.
Darum wollen Sie in das neu entstehende Calatrava-Gebäude, das Haus zum Falken, am Bahnhof Stadelhofen umziehen.
Das ist so, richtig.
Gemäss einer Offerte, die den «ZollikerNews» schriftlich vorliegt, kosten die Räumlichkeiten für die neue Frauenpermanence 900 Franken pro m2. Die jährlichen Kosten für die gesamte Fläche von 1200m2 würden sich auf eine Million Franken belaufen. Wenn Sie als Spital mit einem öffentlichen Leistungsauftrag Mietkosten in dieser Höhe in Kauf nehmen, ist Ärger programmiert.
Sie haben falsche Informationen vorliegen. Wir zahlen deutlich weniger pro Quadratmeter und mieten auch weniger Fläche. Als Spital mit öffentlichem Leistungsauftrag sind wir an Fallpauschalen, Tarifverträge und Taxpunkte gebunden. Unabhängig von unseren Mietkosten bezahlen unsere Patientinnen und Patienten, respektive die Krankenkassen immer dieselben Tarife.
…aber ein hoher Mietzins würde auch dazu beitragen, die eh schon exorbitanten Gesundheitskosten zu vergrössern.
Die Kosten sind immer ein Thema im Gesundheitswesen. Natürlich müssen wir bei jeder Investition überprüfen, ob sie gerechtfertigt ist und dem Patientenwohl zugutekommt.
Die Gynäkologie lag einst zu rund 90 Prozent in Männerhand. Heute ist es gerade umgekehrt. Wie lebt es sich als Mann in diesem weiblichen Umfeld?
Sehr gut. Ich kenne gar nichts anderes. Von Anfang meiner Ausbildung an hatte ich Chefinnen. An der Frauenklinik der Technischen Universität München war meine Vorgesetzte die erste Frau in Deutschland, die einen Lehrstuhl in Gynäkologie innehatte. Eduard Vlajkovic, mein Vorgänger hier in Zollikerberg, mit dem ich einige Jahre zusammengearbeitet habe, war eine Ausnahme.
Dennoch: Ist es nicht etwas seltsam, als männlicher Vertreter Ihres Berufs von einem erheblichen Teil der Patientinnen übergangen zu werden? Allein schon, dass man Ihnen solche Fragen stellt, muss Ihnen doch zu denken geben.
(lacht) Seitdem ich in der Gynäkologie tätig bin, stellt man mir diese Fragen. Von daher bin ich längst daran gewöhnt und kann damit umgehen.
Als designierter Klinikleiter der Frauenklinik des Spitals Zollikerberg repräsentieren Sie dann doch wieder einen Klassiker: an der Spitze ein Mann und darunter fast nur Frauen.
Ich glaube, dass diese Einschätzung für die Gynäkologie nicht mehr durchgehend gilt. Die Chancen sind ausgeglichener, nicht zuletzt dank Arbeitszeitmodellen, die gezielt Mütter unterstützen. Auch bei uns liegt die Abteilung Geburtshilfe in der Hand einer Frau.
Warum haben Sie sich überhaupt für die Gynäkologie entschieden?
(schmunzelt): Das ist jetzt die grosse Frage. Ich habe mich tatsächlich ziemlich schwer getan mit der Entscheidung für ein Fachgebiet. Wichtig war mir immer, dass ich in einem breiten Gebiet tätig sein kann. Da ist die Gynäkologie mit ihrem fachlichen Facettenreichtum, aber auch der Bandbreite aller Altersguppen unter den Patientinnen ideal.
Die Breite des Fachs führt auch dazu, dass Sie immer wieder medizinisch-technische Weiterentwicklungen erleben. Nennen Sie uns doch ein, zwei Beispiele!
Es gibt in unserem Fachgebiet extrem viele Weiterentwicklungen. Denken Sie nur an die Gyn-Onkologie, die sich stark Richtung individualisierte Medizin bewegt. Dort erlauben uns zum Beispiel bestimmte genetische Untersuchungen zu ermitteln, ob eine Patientin von einer Chemotherapie profitieren wird oder nicht. Früher mussten wir solche Therapien allen Betroffenen anbieten und nahmen damit auch das Risiko in Kauf, dass sie den einen hilft und den anderen nicht. Gentests spielen generell eine grosse Rolle innerhalb der Medizin. So setzen wir sie auch bei Frauen ein, in deren Familie es eine Häufung bestimmter Krebsarten wie Brustkrebs gibt.
Was kann eine Frau tun, die auf diesem Weg erfährt, dass sie ein erhöhtes Risiko hat?
Sie kann prophylaktische Massnahmen wie die Entfernung der Brustdrüsen oder Eierstöcke ergreifen oder eine intensivierte Früherkennung betreiben. Das heisst, sie kann sich anstelle einer regelmässigen Mammographie für eine jährliche Magnetresonanz-Tomographie entscheiden. Damit gewinnt sie noch mehr Sicherheit.
Das ist aber teuer.
Das ist tatsächlich teuer, aber für Frauen, die als Folge bestimmter genetischer Veränderungen ein Brustkrebsrisiko von bis zu 70 Prozent haben, ist die Früherkennung entscheidend. Sie erhöht die Heilungschancen stark.
Früher kam Brustkrebs nahezu einem Todesurteil gleich. Wie sieht das heute aus?
Die Heilungschancen sind sehr hoch. Die häufigsten Brustkrebse sind jene, deren Wachstum durch körpereigene Hormone gefördert werden. Diese Tumore sind häufig nicht so aggressiv und können unter anderem mit Anti-Hormontherapien behandelt werden.
Was ist mit dem Einbezug der Robotik? Gibt es bereits einen Operationsroboter im Spital Zollikerberg?
Nein, wir sind dabei, uns verschiedene Anbieter anzuschauen. Das ist nach wie vor eine sehr teure Anschaffung, nicht mehr ganz so kostspielig wie in den Anfangszeiten eines «Da Vinci», aber der Preis ist immer noch hoch. Das Gerät muss also einen grossen Nutzen haben. In der Urologie ist die Robotik nicht mehr wegzudenken. Dort werden viele Operationen wie Prostata- oder Niereneingriffe mit dem Roboter gemacht, weil sich daraus ein deutlicher Mehrwert ergibt. In der Gynäkologie hingegen könnte der Roboter allenfalls als Ergänzung für bestimmte Operationen dienen. Dazu ist sein Einsatz nur dann sinnvoll, wenn man hohe Fallzahlen hat, damit sich der Umgang mit dem technisch anspruchsvollen Gerät automatisieren lässt.
Können Sie einen Roboter bedienen?
Ja. In meiner Zeit in München bin ich an einem «Da Vinci» ausgebildet worden und habe auch damit gearbeitet.
Operieren zählt sowieso zu Ihren Kernkompetenzen. Nun sollen aber dem Spital Zollikerberg einige Krebsoperationen entzogen werden, die an grossen Kliniken wie dem Universitätsspital Zürich oder dem Triemli zentralisiert werden. Wie stehen Sie zu dieser Entwicklung?
Da ist noch nichts endgültig entschieden. Bisher umfasst das operative Spektrum, das wir anbieten, die komplette Gynäkologie. Nun aber hat das sogenannte HSM-Beschlussorgan, welches von der Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektoren eingesetzt wurde, einen Teil der onkologischen Gynäkologie, genauer gesagt, die Eierstock-, Vulva- und Gebärmutterhals-Karzinome als «hochspezialisierte Medizin» (HSM) klassifiziert. Darunter versteht man komplexe Krankheitsbilder, die relativ selten auftreten. Diese sollen künftig zentralisiert werden.
Das muss doch für Sie als Operateur frustrierend sein, diese Eingriffe hier nicht mehr durchführen zu können.
Wie bereits gesagt, handelt es sich um seltene Fälle und daher um einen kleinen Teil des operativen Spektrums. Ausserdem ist die Umsetzung des Entscheids noch nicht vollzogen. Eine Zentralisierung ist auch etwas sehr Sinnvolles. Wir sind eingebunden im Tumorzentrum Hirslanden und führen gemeinsame Fachkonferenzen durch oder ergänzen einander, indem wir spezielle Fachkompetenzen austauschen.
Könnten Sie mit den geplanten Änderungen überhaupt noch Assistenzärztinnen und -ärzte ausbilden? Oder würde den jungen Leuten dann etwas auf ihrer Operationenliste fehlen, was sie für ihren Abschluss bräuchten?
Das Spital Zollikerberg ist ein B-Ausbildungsspital. Das bedeutet, dass wir die Assistenten während drei von den insgesamt fünf Jahren ihrer Facharztausbildung bei uns ausbilden dürfen. Danach müssen sie seit jeher für mindestens ein Jahr an ein A-Spital wie die Uniklinik oder das Triemli in Zürich oder das Kantonsspital Winterthur.
Das Spital Zollikerberg zählt zu den geburtsstärksten Kliniken der Schweiz. Warum wohl?
Das ist wohl auch historisch bedingt, weil wir ja aus einer Fusion mit der Schweizerischen Pflegerinnenschule hervorgegangen sind, die ihren Schwerpunkt schon immer in der Frauenheilkunde und Geburtshilfe hatte. Dazu bieten wir eine herausstehende Geburtshilfe in einer schönen Atmosphäre. Ausserdem haben wir den Leistungsauftrag für hebammengeleitete Geburten, was sich viele Frauen wünschen. Mit der Eröffnung unseres Geburtshauses im September können wir dieses Bedürfnis noch besser befriedigen – und die Resonanz ist entsprechend hoch: Es wurden bereits neun Babys dort geboren.
Dimitrios Chronas (47) ist gebürtiger Grieche. Er arbeitete während 13 Jahren in der Frauenklinik der Technischen Universität München. 2020 wechselte er als Chefarzt Gynäkologie und Gynäkologische Onkologie unter Eduard Vlajkovic, dem Leiter der Frauenklinik, ans Spital Zollikerberg.
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Ich war heute zur Schlussbesprechung nach einer erfolgreichen Senkungsoperation bei Dr. Dimitrios Chronas und möchte mich bei ihm nochmals bedanken für die perfekte OP und die fachliche und menschliche Beratung. Ich wünsche ihm ganz viel Glück und Erfolg für die neue Leitung als Chefarzt der Frauenklinik Zollikerberg.