Die Kuh ist noch nicht vom Eis
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10. Oktober 2024 – Der Gemeinderat hat seinen Antrag zur Erhaltung der Trichtenhausermühle vorgelegt. Die Besitzerfamilie Heer reagiert zurückhaltend-positiv. Die FDP Zollikon lehnt den Vorschlag ab. Der «Wilde Kaiser» Christian Krahnstöver legt einen ambitiösen Zeitplan vor. (2 Kommentare)
10. Oktober 2024 – Der Gemeinderat hat seinen Antrag zur Erhaltung der Trichtenhausermühle vorgelegt. Die Besitzerfamilie Heer reagiert zurückhaltend-positiv. Die FDP Zollikon lehnt den Vorschlag ab. Der «Wilde Kaiser» Christian Krahnstöver legt einen ambitiösen Zeitplan vor.
Vor gut einem Jahr hatte der Gemeinderat die Pläne zur Erhaltung der Trichtenhausermühle als Restaurant noch abgelehnt. Er betrachte es nicht als Gemeindeaufgabe, zu Lasten der Steuerzahlenden einen Restaurantbetrieb zu erhalten, der auf Grund der hohen baulichen Investitionen nicht rentabel weitergeführt werden könne. Doch die Stimmbürgerinnen verpflichteten ihn mit 158 zu 137 Stimmen, dem Volk einen entsprechenden Vorschlag zu unterbreiten.
Diese Hausaufgabe hat der Gemeinderat inzwischen gemacht. Nachfolgend die wichtigsten Punkte aus seinem am Mittwoch publizierten Antrag an die Gemeindeversammlung vom 4. Dezember:
- Der Gemeinderat will sich von den StimmbürgerInnen ermächtigen lassen, mit der Familie Heer in eigener Kompetenz einen Vertrag zum Erhalt des Restaurants Trichtenhausermühle abzuschliessen.
- Der Vertrag soll die Familie verpflichten, das Gebäude zu sanieren und anschliessend 30 Jahre lang ein Restaurant zu betreiben.
- Die Gemeinde überweist der Familie im Hinblick auf die Sanierung einen Vorschuss von 750’000 Franken und anschliessend 30 Jahre lang je 25’000 Franken, insgesamt also 1,5 Millionen.
- Die Baubewilligung muss spätestens 2026 vorliegen, ansonsten fällt das ganze Geschäft dahin.
- Sollte die Sanierung nicht innerhalb von zwei Jahren nach Vorliegen der Baubewilligung abgeschlossen sein, müssen die Eigentümer die 750’000 Franken zurückzahlen.
- Wenn das Restaurant nicht mindestens 240 Tage geöffnet ist, reduziert die Gemeinde im betreffenden Jahr die Auszahlungsrate.
- Sollten die Eigentümer das Restaurant weniger lang als 30 Jahre betreiben, müssten sie der Gemeinde das Geld anteilmässig zurückerstatten.
- Ausserdem soll die Besitzerfamilie bei einem Verkauf der Trichtenhausermühle sicherstellen, dass der Käufer das Restaurant weiterführt.
Zurückhaltend-positive Reaktion
Der Vertreter der Familie Heer bewertet den Antrag des Gemeinderats grundsätzlich positiv, weist aber darauf hin, dass es sich dabei noch nicht um einen abschliessenden Vertrag handle. Den müsse der Gemeinderat mit der Familie erst noch finalisieren.
Zu besprechen seien insbesondere die «ultimativen» Punkte. Dass die Baubewilligung spätestens im Jahr 2026 vorliegen müsse und ansonsten das ganze Geschäft dahinfalle, sei eine sehr restriktive Bedingung, deren Erfüllnung das Engagement beider Parteien erfordere: «Wir haben weder Einfluss auf das Arbeitstempo der Zolliker Baubehörde noch darauf, wie der Heimatschutz auf das Umbauprojekt reagieren wird.»
Dass die Familie verpflichtet werden soll, «den Vertrag allfälligen Rechtsnachfolgern zu überbinden» sei aus der Sicht der Gemeinde nachvollziehbar, bedeute aber nicht, dass die Gemeinde damit eine Garantie für den Betrieb des Restaurants über 30 Jahre erhalte: «Wenn unsere Familie im Zuge einer Erbteilung gezwungen sein sollte, die Trichtenhausermühle in 20 Jahren zu verkaufen, könnte es durchaus sein, dass der Käufer die Liegenschaft anderweitig nutzen will und es vorzieht, die Gemeinde finanziell zu entschädigen – darauf hätten wir keinen Einfluss.»
«Komplexe Realität»
Vorbehältlich des Entscheids der Gemeindeversammlung will die Familie Heer mit Christian Krahnstöver einen Überbrückungs-Pachtvertrag bis zum Baubeginn abschliessen. Auch hier mahnt der Vertreter der Familie an, die komplexe Realität nicht aus den Augen zu verlieren: «Wir haben keine Garantie, dass uns der ‹Wilde Kaiser› 30 Jahre lang erhalten bleibt. Wir haben auch keine Garantie dafür, dass wir uns mit ihm nach der Sanierung auf einen neuen Pachtvertrag einigen können. Dass das Restaurant laut Antrag des Gemeinderats ‹in der bisherigen Art und Weise› weitergeführt werden soll, ist ein dehnbarer Begriff. Für uns spielt es grundsätzlich keine Rolle, ob in der Trichtenhausermühle chinesisch, österreichisch oder schweizerisch gekocht wird – entscheidend ist ein überzeugendes Gastrokonzept, das die Kosten deckt.»
Back to the roots
In seinem Antrag hält der Gemeinderat fest, dass nebst dem Restaurations- auch ein Hotelbetrieb möglich sein soll. Ausserhalb der Gebäude sollen «alle weiteren, schon bisher gepflegten nebensächlichen Nutzungen weiterhin möglich sein».
Die Absichten der Familie Heer lassen sich unter dem Titel «Back to the roots» subsumieren. Die «Trichti» gehörte jahrzehntelang zu den beliebtesten Ausflugszielen in der näheren Umgebung. Die Städter spazierten mit Kind und Kegel von der Burgwies das Wehrenbachtobel hinauf und liessen es sich in der grossen Gartenwirtschaft gutgehen. Gesellschaft leisteten ihnen Gäste, die von Witikon her den steilen Berg herunterkamen und natürlich Zollikerinnen und Zolliker. Für die Kinder gab es eine «Gigampfi».
Ähnlich wie damals wünscht sich die Familie Heer «einen belebten Landgasthof mit Zimmern, für die es sicher auch eine Nachfrage geben dürfte, zum Beispiel vom nahen Spital», sagt deren Vertreter.
Der «Wilde Kaiser» drückt aufs Tempo
Was hält Christian Krahnstöver von den neusten Entwicklungen? «Jetzt muss das Volk entscheiden», sagt er aus seinen Ferien. Nach dem Hin und Her der letzten Monate sei er «nichtdestotrotz positiv gestimmt», zumal sich der Gemeinderat mehrheitlich für diese Lösung entschieden habe.
Er habe schon etliche Umbauprojekte im Umfang von bis zu 10 Millionen Franken begleitet und sich im Lauf der Jahre eine gewisse Expertise angeeignet. Seiner Meinung nach müsste es möglich sein, die Abläufe so zu steuern, dass die Wiedereröffnung des Restaurants mit Hotellerie Anfang Januar 2026 erfolgen könnte, «sogar schon früher, wenn alle dasselbe Ziel verfolgen, nämlich die Aufwertung und Bereicherung der Gemeinde».
Von seiner Seite liege seit Juni ein fixfertiges Projekt inklusive Umsatzplanung vor. Es gehe darum, in der Trichtenhausermühle nicht nur ein Restaurant mit Hotellerie, sondern einen langfristigen Begegnungsort für Zollikon, den Zollikerberg und das Umland zu kreieren. Seine Pläne seien von der Besitzerfamilie positiv aufgenommen worden. Überhaupt sei der Zusammenhalt in den letzten Monaten gewachsen: «Es ist jetzt ein gegenseitiges Grundvertrauen da.»
Der Quartierverein mobilisiert
Renate Diener, Co-Präsidentin des Quartiervereins Zollikerberg, begrüsst den Antrag des Gemeinderats. Das finanzielle Risiko für die Gemeinde sei klein, der Gewinn für die Bevölkerung von Dorf und Berg hingegen gross, wenn es gelinge, die Trichtenhausermühle als Restaurant und Treffpunkt zu erhalten. Der Quartierverein sei im Hinblick auf die Gemeindeversammlung vom 4. Dezember bereits daran, mit der Besitzerfamilie Heer und Christian Krahnstöver einen Mobilisierungsplan zu entwerfen: «Wir werden natürlich alles daran setzen, dass die Vorlage angenommen wird.»
Ablehnung bei der FDP
An der Gemeindeversammlung vom 14. Juni 2023 hatten sich nebst dem Gemeinderat die FDP, die SVP, die GLP und die Rechnungs- und Geschäftsprüfungs-Kommission gegen die Subventionierung der «Trichti» mit Steuergeldern ausgesprochen*. FDP-Präsident Felix Heer warnte damals davor, «die Katze im Sack zu kaufen». SVP-Präsident Stephan Geiger sagte, mit den vier Restaurants Truben, Zollikerstube, Blumenrain und Fohrbach verfüge die Gemeinde bereits über genug Gastronomiebetriebe. RGPK-Präsident Viktor Sauter (FDP) bekundete grundsätzliche Sympathie für den Erhalt der Trichtenhausermühle, warnte aber vor den Risiken eines Gastwirtschaftsbetriebs, welche die Gemeinde nicht eingehen sollte.
Wie stellen sich diese Protagonisten heute zum Vorschlag des Gemeinderats?
FDP-Präsident Felix Heer kann der Vorlage nach wie vor wenig abgewinnen: «Wir sind nicht einverstanden damit, denn das ist schlichtweg der falsche Weg.» Aus der Sicht des Vorstands der FDP Zollikon sei es nicht vertretbar, ein privates Restaurant mit Steuergeldern zu subventionieren: «Das ist nicht Aufgabe der Gemeinde.» Der Besitzerwechsel der «Alten Laterne» im Zollikerberg zeige, dass private Lösungen durchaus machbar seien.
Die Initiative verlange den Betrieb eines Restaurants. Kein Geld mehr zu zahlen, wenn der Betrieb frühzeitig eingestellt werde, entspreche nicht der Forderung im Sinne der Initiative: «Dann ginge der Treffpunkt verloren.» Zudem erhalte die Stimmbevölkerung keinerlei Garantie, dass in der Trichtenhausermühle 30 Jahre lang ein Restaurant betrieben werde. Man kaufe, wie damals schon gewarnt, «die Katze im Sack».
«Die Besitzerfamilie ist gemäss der Vorlage im Übrigen komplett frei in der Entscheidung, welche Art von Gastronomie sie anbieten will», fügt Heer hinzu. So könnte sie beispielsweise auf die Idee kommen, einen Gourmettempel mit Preisen einzurichten, die sich nicht jedermann leisten könnte: «Es ist keineswegs sicher, dass wir auf diese Weise über einen längeren Zeitraum eine tolle Beiz mit fairen Preisen bekommen.»
Dass auch Gäste aus Zürich, Witikon und der weiteren Umgebung ins Restaurant kämen, störe ihn nicht, ganz im Gegenteil: «Mich stört grundsätzlich, dass die Zolliker Steuerzahler diesen Gästen über Jahre die Möglichkeit finanzieren sollen, dort essen zu können.»
RGPK-Entscheid steht erst bevor
Die Rechnungs- und Geschäftsprüfungs-Kommission wird sich nach Auskunft ihres Präsidenten Viktor Sauter an einer der nächsten Sitzungen mit diesem Geschäft befassen, «allenfalls bereits anlässlich der Eintretensdebatte vom Dienstag, 22. Oktober». (René Staubli)
* Anmerkung: Die SP, die EVP und das Forum 5W sprachen sich für die Annahme der Einzelinitiative zum Erhalt der Trichtenhausermühle aus.
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Freude herrscht!
Der Gemeinderat (GR) hat sich entgegen allen kommunikativen Wirren der letzten Wochen doch noch zu einem richtigen und wichtigen Entscheid durchgerungen. Er schlägt uns eine klug austarierte Lösung für den vom Souverän erteilten Auftrag vor. Und dies notabene mit einem relativ geringen, gut verkraftbaren finanziellen Aufwand. Ein grosses Bravo, denn das Unterfangen glich zunehmend der berühmten Quadratur des Kreises. Dass sich nun auch die sattsam bekannten Nörgeler und Besserwisser mit Negativszenarien, kleinkrämerischen Finanzorakeln und dergleichen zu Wort melden würden, war zu erwarten. Dass sich nun aber ausgerechnet die im GR dominant vertretene Partei derart negativ mit Allerweltsargumenten und teils völlig abstrusen Begründungen gegen die Vorlage des GR opponiert, ist für mich besonders enttäuschend: Jetzt wo endlich Taten den Worten folgen sollen! Erinnert sei hier an die Legislaturziele 2022-2026, Zitat „Dem Gemeinderat ist es ein wichtiges Anliegen, dass in unserer attraktiven Gemeinde die Lebensqualität auf hohem Niveau bleibt und noch weiter gesteigert wird.“
Genau dies ist der Zweck des Erhaltes der Restaurants in der Trichtenhausermühle.
Ausufernde Staatsausgaben auf allen Ebenen aufgrund einer ellenlangen Liste an Subventionen – und statt diese abzubauen, will nun der Quartierverein mobilisieren, damit noch eine (fragwürdige) Subvention draufkommt. Wissen wir, wie die Finanzen der Gemeinde in 10, 20, 30 Jahren aussehen? Die Gegner müssen halt auch einmal mobilisieren am 4. Dezember.