«Die Schweiz liebt Sissi»
0 KOMMENTARE
7. Februar 2025 – Christian Krahnstöver hat die «Trichti» im Zollikerberg «mit einem lachenden und einem weinenden Auge» verlassen – «diesen geschichtsträchtigen Ort, wo die Wände sprechen». Im Talk mit Barbara Lukesch verriet er unter anderem auch sein Erfolgsgeheimnis als Gastgeber.

VON RENE STAUBLI
«Was muss man machen als Wirt, um Gäste wirklich zufrieden zu stellen?», fragte Barbara Lukesch den «Wilden Kaiser», ihren 24. Gast im «Talk am Puls»*. Er glaube nicht einmal, dass es so viel brauche, erwiderte Krahnstöver. Wichtig sei die Passion. Der Gast müsse im ersten Moment, wenn er hereinkomme, eine gewisse «Cosiness» spüren, eine Behaglichkeit. Als er ins Café am Puls gekommen sei, habe er sich sofort wohl gefühlt: «Es war eine ganz spezielle, erhabene Atmosphäre.» Natürlich müsse auch das Angebot auf der Speisekarte stimmen, aber das zentrale Motto, das er zusammen mit den Mitarbeitenden in seinen Restaurants pflege, sei letztlich ganz einfach: «Zu Gast bei Freunden.»
Es gebe ja gewiss raffiniertere und vielfältigere Küchen als die österreichische, sagte Barbara Lukesch, selber eine begeisterte Köchin, «beispielsweise die französische oder die italienische». Wie er es sich erkläre, dass er mit seinen «Beisl» und dem wienerischen Ambiente so grossen Erfolg habe?
«Wir sind mit unserem Angebot nach wie vor Exoten in der Schweiz», räumte Krahnstöver ein. Aber es gebe schon mannigfaltige Berührungspunkte zwischen den beiden Ländern: «Hüben wie drüben fahren die Leute gerne Ski und wandern. Die Schweizer mögen Wien und die heile Welt der Kaiserin Sissi; für viele hat die österreichische Gemütlichkeit auf dem Hintergrund der Geschichte etwas Magisches.» Auch wenn er als Gastronom offen sei für die internationale Küche – «wir kombinieren zum Beispiel Backhendl mit Sushi» – sei etwas ganz entscheidend: «Das Parfüm muss immer österreichisch sein.»
Die Todsünden der Wirte
Zuweilen fühle man sich in gewissen Restaurants nicht sehr wohl, führte Barbara Lukesch ein Beispiel aus eigener Erfahrung an. Beispielsweise dann, wenn der Service zu aufdringlich sei. Sie fragte: «Was sind die Todsünden eines Gastronomen?» Krahnstövers Antwort brachte die zahlreichen Gäste im Café am Puls zum Lachen: Es gebe ein Tabuthema – «die Politik».
Der Traum vom eigenen Hotel
Man erfuhr, dass Krahnstöver letztes Jahr geschlagene fünf Monate Arbeit investiert hatte, um das Luxushotel Waldhaus in Flims/Laax mit Hilfe von Investoren übernehmen zu können. In der Bieterrunde landete er mit seinem Angebot dann nur auf Platz 2. Eine finanzkräftigere Gruppe hatte ihn und seine Geldgeber ausgestochen und 32 Millionen Franken mehr geboten. Gleichwohl die Frage: Was hätte er mit dem «Waldhaus» vorgehabt?
«Das Haus hätte unter meiner Leitung ‹Hotel Franz Ferdinand› geheissen», verriet Krahnstöver. Es wäre zu einem «Wohlfühlort» geworden, zu einer «Familien-Hotellerie». Anders als viele konkurrierende Häuser hätte er keinen Wert darauf gelegt, dass es «instagramable» geworden wäre, eine Kulisse für Selfies. Schein statt Sein sei ihm zuwider, die Kunst liege in der Pflege der Details, und das beginne schon bei den Sitzkissen im Empfang. Das Parkhotel Vitznau sei diesbezüglich sein Vorbild: «Jede Etage und jedes Zimmer hat dort seinen ganz eigenen Stil.»
Irritation in der Familie
Krahnstöver stammt aus dem Burgenland nahe der ungarischen Grenze; deswegen spricht er auch Ungarisch. In seiner Familie ging es eher akademisch zu und her. Die Irritation war deshalb gross, als er seine Liebe zur Gastrobranche offen legte: «Was, du willst Koch werden oder gar Kellner?» – «Na ja, das und mehr», liess er seine Angehörigen wissen. Er lernte tatsächlich Koch, dazu Kellner, später Touristikfachmann, Hotelier und machte dann auch noch einen Abschluss als eidgenössisch diplomierter Managementfachmann.
Die Frage, die Barbara Lukesch umtrieb: «Sie haben Österreich vor 24 Jahren verlassen, warum?» Belustigung im Publikum, denn alle dachten natürlich: Klar, die politische Situation. Das sei aber nicht der Grund gewesen, «denn die Welt sah damals ja auch noch anders aus als heute».
Er sei sehr ambitioniert gewesen und habe nicht so gut ins behäbig-ländliche Leben gepasst. In seinem Berufsfeld habe es nicht viele Chancen gegeben ausser in der Kurhotellerie, mit der er jedoch nicht viel anfangen könne. Auch sei Wien «noch nicht so aufpoliert gewesen wie heute».
Als leidenschaftlicher Basketballspieler habe er das Ziel gehabt, nach Chicago zu gehen, dem «Olymp der damaligen Basketballwelt». Er habe zwei «One-way-tickets» gekauft und seiner damaligen Freundin (und heutigen Frau Nicole) mitgeteilt: «Wir fliegen in drei Tagen. Entweder kommst Du mit; wenn nicht, kann ich dein Ticket zurückgeben.» Sie sagte: «Ja klar, sicher komm’ ich mit.» Ihn habe «die grosse weite Welt gelockt».
Das ging gut bis 9/11: «Wir sind im Gefolge des Anschlags aufs World Trade Center in New York aus Chicago rausgeflogen», mit der Basketballkarriere wurde nichts, Christian und Nicole flogen zurück, landeten für einige Jahre in Basel, dann in Dublin und schliesslich in Zürich, wo er in die internationale Hotellerie eintauchte, ehe er zusammen mit seiner Frau das eigene Unternehmen aufbaute und zum «Wilden Kaiser» wurde, als den wir ihn heute kennen.
* Bisherige Gäste im «Talk am Puls» seit November 2021: Peter Schneider, Christina Caprez, Thomas Widmer, Christine Brand, Brigitt Gebs, Dennis Bühler, Ludwig Hasler, Christian Walti, Claudia Denzler, Giovanni Marti, Dorian Selz, Ferry Hermida, Susanne Baer, Ruth Baumgartner, Antoine F. Goetschel, Claudia Nett, Ruth Van de Gaer, Sandra Studer, Franz Pomsar, Özlem Bächli, Karin Stüber, Flavia Schlittler, Christoph Berger (2).
Wenn Sie unseren wöchentlichen Gratis-Newsletter erhalten möchten, können Sie sich gerne hier anmelden.