«Drei, nein, vier Fliegen auf einen Schlag»

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13. März 2024 – Der Ur-Zolliker Riccardo Wahlenmayer hat eine Idee mit Sprengkraft zum Wohnen im Alter in Zollikon entwickelt: Auf dem Gelände des Beugi soll es wieder ein Altersheim geben und das Wohn- und Pflegezentrum Blumenrain würde umgenutzt. Zu allem hin löst der Vorschlag weitere Probleme. (5 Kommentare)

13. März 2024 – Der Ur-Zolliker Riccardo Wahlenmayer hat eine Idee mit Sprengkraft zum Wohnen im Alter in Zollikon entwickelt: Auf dem Gelände des Beugi soll es wieder ein Altersheim geben und das Wohn- und Pflegezentrum Blumenrain würde umgenutzt. Zu allem hin löst der Vorschlag weitere Probleme.

Porträt Wahlenmayer
Überraschende Idee: Riccardo Wahlenmayer (Fotos: bl)

INTERVIEW: BARBARA LUKESCH

Herr Wahlenmayer, Sie haben offenbar ein Problem mit dem Blumenrain. Was genau stört Sie an der Einrichtung?

Ich bin überhaupt nicht grundsätzlich gegen das Blumenrain eingestellt. Das Haus ist piccobello, ja, es sieht wunderbar aus, wie aus dem Bilderbuch. Etwas nüchtern vielleicht, aber das lässt sich verschmerzen. Nein, das Problem ist: es steht am total falschen Ort. Wie kann man ein Altersheim dermassen an den Rand eines Dorfs stellen? Weitab von allen Läden, keine Post in der Nähe, keine Bank, schlechte Anbindung ans Zentrum, die man mit einem Shuttle-Bus halbwegs zu beheben versucht.

Das war tatsächlich früher besser. Als die alten Leute noch im Beugi wohnten, sah man an jedem schönen Tag Frauen und Männer mit ihren Rollatoren auf dem Dorfplatz, wo sie auf einer Bank Platz nehmen und am öffentlichen Leben teilhaben konnten.

Wer wollte, kam ja mit seinem Rollator sogar bis zur Post. All das gibt es im Blumenrain nicht. Es ist ein Elend, wie sich die alten Menschen im besten Fall an einen Tisch im hauseigenen Restaurant setzen und langweilen können. Die Klagen von derart isolierten Bewohnerinnen, Bewohnern und deren Angehörigen reissen denn auch nicht ab.

Wohn- und Pflegezentrum Blumenrain
Falsche Lage: Wohn- und Pflegezentrum Blumenrain

Was schwebt Ihnen stattdessen vor?

Man kennt ja die unendliche Geschichte des Beugi-Areals. Ein Scherbenhaufen. Vor rund zwei Jahren wurde klar, dass die Initiative Widmer, die den Bau subventionierter Wohnungen vorsah, nicht umsetzbar ist. Der Gemeinderat hatte versprochen, in absehbarer Zeit darüber zu informieren, wie es weitergehe. Seither herrscht Funkstille. Auch in seinen Legislaturzielen bleibt er extrem vage. Als Bürger schaut man dem Treiben ratlos zu und wartet, wartet, wartet.

Es wurden aber bereits Ideen andiskutiert…

Ja, man hat sich überlegt, einen Teil der Schule ins Beugi zu zügeln, weil es Platzbedarf gebe. Davon halte ich gar nichts, eine Schule so zu verzetteln und auf mehrere Standorte zu verteilen. Auch die damalige Schulpräsidentin Corinne Hoss-Blatter schrieb in einem Kommentar bei Ihnen auf «ZollikerNews.ch», es sei nicht das Ziel der Schule, eine permanente Dependance abseits des Schulperimeters zu etablieren. Auf dem Schulareal gebe es genug Platz, um alle Bedürfnisse abzudecken.

Auch die Gemeindeverwaltung mit ihren wachsenden Platzbedürfnissen wurde zum Thema.

Noch schlimmer. Wer kann auf eine solche – sorry – Furzidee kommen, die Gemeindeverwaltung, also einen Bürokomplex, an eine der schönsten und attraktivsten Lagen von ganz Zollikon zu zügeln? Wo sie jetzt steht, ist sie genau am richtigen Ort, mittendrin und gut erreichbar.

Haben Sie eine bessere Idee, was man mit dem Beugi-Areal machen könnte?

Warum denn nicht wieder ein Altersheim an diesem dafür idealen Ort einrichten? Das alte, baufällige Gebäude abreissen und dafür einen intelligent konzipierten Bau hochziehen, welcher auch den künftig weiter steigenden Bedarf an Wohnungen und Pflegeplätzen im Alter abzudecken vermag. Dabei sollten insbesondere neue Konzepte des Zusammenlebens unter einem Dach und der Durchmischung mit der übrigen Bevölkerung realisiert werden.

Ehemaliges Altersheim Beugi
Baufällig: ehemaliges Altersheim Beugi

Ja, aber wir haben doch im Blumenrain bereits ein Altersheim.

Das macht doch nichts. Gemäss meinen Vorstellungen könnte man das Blumenrain auf ideale Art umnutzen. Man redet doch ständig davon, dass man keine günstigen Wohnungen in der Gemeinde findet. Warum denn nicht genau solche Wohnungen im Altersheim Blumenrain erstellen?

Kann man denn aus Altersheim-Zimmern problemlos Wohnungen machen?

Man kann. Dazu habe ich sogar schon einmal mit einem der für das Blumenrain verantwortlichen Architekten vom Büro Ballmoos Krucker korrespondiert. Auf meine Frage, ob man das Haus entsprechend umnutzen könne, meinte er, das sei hundertprozentig machbar. Man habe beim Bau bereits darauf geachtet, dass künftige Umnutzungen möglich seien.

Das wären dann aber alles Einzimmer-Wohnungen.

Es gibt einige Räume, die mit Zwischentüren versehen sind und sich problemlos zu grösseren Wohnungen verbinden liessen. Dazu gibt es Aufenthaltsräume plus unten im Gebäude ein grosses Restaurant. Ausserdem besteht ja ein riesiger Bedarf nach kleineren und kleinen Wohnungen. Denken Sie an das ganze Pflege- und Infrastruktur-Personal all der umliegenden Spitäler vom neuen Kinderspital über das Balgrist bis zur Schulthess-Klinik und weitere. All diese Einrichtungen sind im nächsten Umfeld und haben einen immensen Bedarf an solch kleinen Wohnungen.

Der Run auf die «Tiny Homes» auf dem Zollikerberg hat gezeigt, dass es dieses Bedürfnis tatsächlich gibt. Aber wollen Sie sich denn ganz auf das Spital- und Klinikpersonal beschränken?

Überhaupt nicht. Denkbar sind auch junge Zolliker, die sich für eine Eineinhalb-Zimmer-Wohnung entscheiden, bis sie vielleicht heiraten und eine Familie gründen. Die Lage ist ideal für junge Leute. In nächster Nähe gibt es Sportplätze, in ein paar Minuten ist man im Wald, die Stadt ist nahe und gut erreichbar, an den Wochenenden sogar bis morgens um 5 Uhr mit dem Nachtbus. Ich bin überzeugt, dass man das Haus vom ersten Tag an vollumfänglich vermietet hätte.

Ihre Idee wirkt überzeugend und scheint mehrere Probleme auf einen Schlag zu lösen. Das Beugi bekäme wieder eine Funktion; die missliche Lage des Blumenrain würde beseitigt; ein Teil der Wohnungsmisere könnte behoben werden.

Drei Fliegen auf einen Schlag.

Was allerdings dagegen spricht, sind die Kosten für den Um- und Neubau.

Die Kosten lassen sich nicht leugnen. Über den Daumen gepeilt werden etliche Millionen Franken zusammenkommen. Aber – und das halte ich für einen besonders raffinierten Schachzug – in dem von mir skizzierten Plan steckt auch eine Möglichkeit, um Geld einzusparen. Wenn vor allem Menschen mit einem vergleichsweise tiefen Einkommen ins Blumenrain einziehen, wird dies einen Effekt auf die Steuerkraft der Gemeinde Zollikon haben, was zu Millionen-Einsparungen beim Finanzausgleich führt, der zur Zeit happige 74 Millionen beträgt.

Clevere Idee.

Die ist nicht von mir. Sie stammt vom ehemaligen Gemeinderat Erwin Wehrle, der Finanzvorsteher war und sich so einmal an einer Gemeindeversammlung äusserte. Er sagte sinngemäss, wenn wir in Zollikon ein Studentenwohnheim bauen würden, könnte man die jungen Leute mehr oder weniger gratis wohnen lassen. Man müsse zwar den Bau bezahlen, aber dank der Senkung der Steuerkraft würde der Zolliker Beitrag an den Finanzausgleich erheblich zurückgehen. Das eingesparte Geld würde die anfallenden Kosten aufwiegen. Sie sehen: Ich schaffe sogar vier Fliegen auf einen Schlag.

Was genau hat Sie dazu veranlasst, sich all diese Überlegungen zu machen?

Am Anfang stand meine Beobachtung, dass man ausschliesslich unbrauchbare Ideen für die künftige Nutzung des Beugi-Areals diskutiert. Dazu ist es mir ein Dorn im Auge, dass die Gemeinde keine langfristigen Projekte entwickelt oder mindestens präsentiert, wie das Wohnen im Alter in – sagen wir – 20 Jahren organisiert werden soll. Auf Grund der zunehmenden Alterung werden wir spätestens dann nämlich massiv zusätzliche Altersheimplätze brauchen. Um so besser, wenn wir bis dahin auf dem Beugi-Areal ein Haus hochgezogen haben, das deutlich mehr Betten anbietet als das Blumenrain.

Was ist Ihr Antrieb, sich so stark für die Gemeinde zu engagieren? Sie sind ja in keiner Partei und bekleiden auch kein politisches Amt.

Nein, dafür wäre ich nicht geeignet. Ich bin eher ein Manager-Typ und Macher und suche Lösungen für die Probleme des Orts, in dem ich nun schon 65 Jahre lebe. Palavern interessiert mich nicht. Ich kann mich noch gut an die Zukunftskonferenz von 2007 erinnern, wo es ja so schön hiess, mit diesem Angebot wolle man die Bevölkerung einbeziehen. Und was ist seither in den fast 20 vergangenen Jahren passiert? Ich weiss von nichts. Wenn ich einen Plan entwickle, will ich Jahr für Jahr wissen, was wir bereits realisiert haben und was nicht. Daraus kann ich ableiten, ob wir mehr Gas geben oder allenfalls auch abbrechen müssen. Es kann beides eintreten; da bin ich ganz offen. Was nicht geht, ist einfach vor sich hinwursteln.

*Riccardo Wahlenmayer, 69, war bis zu seiner Pensionierung Geschäftsleitungsmitglied der Elektrizitätswerke des Kantons Zürich. Er lebt in Zollikon, ist verheiratet und hat einen Sohn.

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Endlich mal wieder Infos über die Entwicklung des Beugi-Areals. Die Idee tönt interessant und sollte geprüft werden. Hoffen wir, es dauert nicht weitere zehn Jahre, bevor eine Entscheidung getroffen und umgesetzt wird. Unsere Senioren ins Zentrum zu bringen, ist eine super Idee!

Liebi Cousine Barbara, das würde ich auch wollen, nebst vielen anderen. Ich hatte schon früher die Idee, aus dem Beugi eine Art Alters-WG zu bauen, umbauen. Im Blumenrain ist man definitiv weg vom Schuss (Leben). Liebe Grüsse, Anna Isliker

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