Eigener Balkon, angenehme Nachbarschaft
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8. November 2024 – Der Wunsch nach Verbundenheit mit dem sozialen Umfeld, einem gewissen Wohnkomfort und dem Verbleiben im angestammten Quartier ist bei älteren Menschen in Zollikon gross. Dies zeigt der Bericht der Gemeinde über die Bevölkerungsbefragung vom letzten April.
Im letzten Frühling hatten alle über 60-Jährigen Personen in Zollikon einen Fragebogen der Gemeinde zum Thema «Leben und Wohnen im Alter» bekommen. Rund die Hälfte der Angeschriebenen (1801 Personen) retournierten ihn. 63% waren über 70 Jahre alt, 60% leben im Dorf, 40% auf dem Berg, 49% in Mietwohnungen, 45% in den eigenen vier Wänden, 4% in Alters- und Pflegeinstitutionen. Von den über 80-Jährigen müssen sich rund die Hälfte in einem Einpersonenhaushalt zurecht finden. 46 von 100 bezeichnen ihre Kaufkraft als «komfortabel», 40 als «ausreichend», 10 als «knapp» und 2% als «nicht ausreichend».
Was die Wohnbedürfnisse angeht, war der zentrale Aspekt ein eigener Balkon oder ein Aussensitzplatz. Wichtig sind auch eine angenehme Nachbarschaft sowie ein Parkplatz für Privatfahrzeuge. Von grosser Bedeutung sind überdies eine gute ÖV-Anbindung, diverse Einkaufsmöglichkeiten sowie Grün- und Erholungsraum in Fussdistanz. Mit zunehmendem Alter ist den Teilnehmenden der Verbleib im angestammten Quartier wichtig. Hingegen wird die Nähe zum Ortszentrum nur von jeder dritten Person als bedeutsam erachtet.
Wann ist man «selbständig»?
Die Interpretation der Umfrageergebnisse war nicht ganz einfach und beschäftigte die Fachpersonen am eigens eingerichteten «Runden Tisch Alter und Gesundheit». So gaben 90% der Teilnehmenden an, sie seien im Alltag «selbständig». Nur 4% der 75- bis 79-Jährigen und 13% der über 80-Jährigen räumten ein um gelegentliche Hilfe im Alltag froh zu sein. Die Fachleute sind sich allerdings einig, dass die Befragten das «Selbständigsein» in der Tendenz zu positiv einschätzen oder möglicherweise ein anderes Verständnis von diesem Begriff haben. Trotz Inanspruchnahme von Hilfeleistungen wie bezahlte externe Angebote oder Hilfe aus dem familiären Kreis stuften sich manche als «selbständig» ein, weil sie noch in der Lage seien, diese Hilfe selbst zu organisieren und eigenständig die notwendigen Entscheidungen zu treffen.
Dasselbe Phänomen zeige sich bei der Beurteilung der eigenen Wohnsituation, heisst es im zusammenfassenden Bericht von Estelle Thomet, Leiterin der Abteilung Gesellschaft unter der politischen Obhut von Gemeinderätin Sandra Fischer (Forum 5W). Die Auswertung deute auf einen hohen Zufriedenheitsgrad hin. In Erhebungen zeige sich jedoch regelmässig, «dass die subjektive Einschätzung nicht immer der objektiven (z.B. Wahrnehmung durch Fachpersonen) entspricht».
Wie auch immer: 73% der Teilnehmenden stört nichts an ihrer jetzigen Wohnsituation. Bemängelt werden höchstens fehlende Einkaufsmöglichkeiten in Fussdistanz, mangelnde Barrierefreiheit und ein zu lautes Wohnumfeld.
Wohin bei Krankheit oder einer Kündigung?
Für den Fall, dass aus gesundheitlichen Gründen oder wegen einer Kündigung ein Umzug erfolgen müsste, zeigte sich in der Umfrage, dass es sich knapp 60% der Teilnehmenden vorstellen könnten, in einem sogenannten Generationenprojekt zu wohnen: privates Wohnen in einer möglichst barrierefreien, durchmischten Siedlung mit dem Willen und der Verpflichtung, sich für die Bewohnerschaft zu engagieren.
Die Zustimmung zu dieser Wohnform sinkt allerdings mit zunehmendem Alter deutlich. Die Fachpersonen erklären das unter anderem damit, dass «die Ressourcen zur sozialen Teilhabe» abnehme, der Wunsch nach Privatheit hingegen zunehme. Es sei bei älteren Menschen ein häufig geäussertes Bedürfnis, «nicht zur Last zu fallen» – was der Fall wäre, wenn man sich in einem Generationenprojekt mehr nehmen müsste, als man geben könne.
66% der Befragten könnten sich vorstellen, dereinst in ein Alters- oder betreutes Wohnen mit (fakultativen) Dienstleistungen zu ziehen. Deutlich weniger attraktiv scheint der Umzug in eine reine Alters- und Pflegeinstitution zu sein. Solche Einrichtungen gewinnen mit zunehmenden Alter freilich an Akzeptanz, wenn es zu körperlichen Einschränkungen kommt. Die Fachpersonen beklagen, dass nach wie vor veraltete Bilder von solchen Institutionen kursieren «und diese vor Ort oder bei Erstkontakten dann revidiert werden».
Leben auf einem beachtlichen Niveau
In der Umfrage stand auch das Thema «Siedlungsassistenz/Service» zur Diskussion. Im Rahmen eines solchen Modells könnte man im Quartier jemanden anrufen und um eine bezahlte Dienstleistung bitten, etwa um eine kleine Reparatur oder Handreichung im Haushalt. Es könnte sich um einen «Service rund um die Uhr» handeln oder um ein Angebot nur zu Bürozeiten. Dafür würde die Mehrheit jener, die interessiert sind, je nach Modell zwischen 50 und 250 Franken pro Monat bezahlen.
Dass in Zollikon auf einem beachtlichen Niveau gelebt wird, zeigte sich bei den Fragen zu Wohnungsgrösse und Zahlungsbereitschaft. Im Zusammenhang mit einer neuen Wohnsituation wünscht sich ein gutes Drittel der Teilnehmenden eine 2 ½-Zimmer-Wohnung von 50 bis 70 m2, ein weiteres Drittel eine 3 ½-Zimmer-Wohnung mit 60 bis 100 m2. Je grösser die Kaufkraft, umso deutlicher der Wunsch nach einer grösseren Wohnung. Auch «überraschend hohe 31% der Teilnehmenden bei knapper Kaufkraft» hätten den Wunsch nach einer 3 ½-Zimmer-Wohnung geäussert, heisst es im Bericht. Durch alle Altersgruppen hinweg wären 21 bis 32% bereit, mehr als 2’500 Franken pro Monat inkl. Nebenkosten, exkl. zusätzlicher Dienstleistungen zu zahlen.
65 von 100 Teilnehmenden sind überdies nicht bereit, auf private Wohnfläche zugunsten von Gemeinschaftsfläche mit guter Aufenthaltsqualität zu verzichten. Im Bericht heisst es: «Die Bereitschaft zum Verzicht auf Privatsphäre sinkt mit zunehmendem Alter in der Tendenz kontinuierlich.» Der eigene Balkon oder der eigene Aussensitzplatz stehen offenbar deutlich höher in der Gunst als der niederschwellige Austausch mit Nachbarn .
Weitere «strategische Abwägungen»
Der Gemeinderat hat in seinen Legislaturzielen 2022–2026 festgehalten, dass in Zollikon und auf dem Zollikerberg verschiedene Wohnformen für das Wohnen im Alter bedarfsgerecht zur Verfügung stehen sollen. Dies auf dem Hintergrund, dass bis in 20 Jahren ungefähr jede zehnte Person über 80 Jahre alt sein wird und die vorhandenen Wohnangebote nicht ausreichen werden.
Die Ergebnisse der Umfrage fliessen laut dem Bericht nun «in die weiteren strategischen Abwägungen des Gemeinderates mit ein». Die hohe Rücklaufquote habe das grosse Interesse und die Wichtigkeit des Anliegens deutlich aufgezeigt. (René Staubli)
Hier geht es zu den Ergebnissen der Befragung «Wohnen und Leben im Alter in Zollikon»
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