Ein Abenteuer für alle Sinne
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13. Dezember 2024 – Noch einmal hat Christian Krahnstöver sein kaiserliches Talent für Pop-Ups bewiesen: Bis Weihnachten bietet er auf der Terrasse der Trichtenhausermühle eine Feuerdorf-Hütte an, in der unter speziellen Bedingungen geschlemmt werden kann. Wir waren da.
VON BARBARA LUKESCH
Wer die Feuerdorf-Hütte des «Wilden Kaisers» besucht, muss sich auf einen Gastro-Event einstellen, bei dem voller Körpereinsatz gefragt ist. Wir waren zu viert und hatten die Hütte, die auch für acht Personen reichen würde, ganz für uns allein. Das Feuer in der Mitte des runden Tisches loderte bereits, als wir um 19 Uhr eintrafen. Trotzdem war es eher kühl; uns wurde auf der Stelle klar, wozu auf allen Stühlen rote Wolldecken bereitlagen.
Dass dieser Abend kulinarisch ganz im Zeichen der Karnivoren stehen würde, war uns schon im Vorfeld klar gewesen. Auf der Speisekarte werden ausschliesslich Platten mit Fleisch angeboten, das vor den Augen der Gäste gegrillt wird. Genauer: Die Gäste selber sind es, die ihr Fleisch auf den Grill legen und das Holzfeuer in Gang halten müssen. Zum Glück hatten wir unseren Sohn dabei, einen tatkräftigen jungen Mann, der sich dieser verantwortungsvollen und zeitraubenden Arbeit hingebungsvoll widmete.
Fleisch im XXL-Format
Zunächst aber mussten wir entscheiden, was wir nehmen wollten. Das war nicht ganz einfach, weil die drei zur Auswahl stehenden Platten teilweise Fleischmengen im XXL-Format enthalten: An der Spitze jene mit dem T-Bone-Steak, das stolze 800 Gramm auf die Waage bringt.
Nach einigem Hin und Her wählten wir tatsächlich diesen Mocken plus eine Sissi-Platte, die mit insgesamt 350 Gramm Maispoulet, Entrecote und Crevettenspiess vergleichsweise bescheiden daherkam. Wir beschlossen, alles zu teilen und uns zusätzlich mit Beilagen wie Baked Potatoes («Ofen-Erdäpfeln»), Grillgemüse, süsssauren Kartoffeln und Krautsalat zu verwöhnen. Auch bei den Dips machten wir keine Kompromisse. Es gab das volle Programm: Kräuterbutter, Chimichurri und eine Knoblauchsauce. Überflüssig zu erwähnen, dass die Zubereitung des Grillgemüses ebenfalls in unsere Zuständigkeit fiel.
Zum Einstieg einen kaiserlichen Wintersalat
Zum Einstieg in dieses kulinarische Abenteuer gab es zunächst einen kaiserlichen Wintersalat und eine Kürbissuppe. Beides kam ganz konventionell aus der Küche und wurde uns serviert. Es schmeckte grossartig, der knackige Salat, bestehend aus verschiedenen Blattsalaten, Apfelstückchen, Radieschen, Kürbiskernen und knackigen Croutons an einer frischen, kräftigen Sauce. Die Suppe hatte eine wunderbare Konsistenz und erwies mit einigen Kürbiskernen und ein paar Tropfen Kürbiskernöl ihrer Grundzutat die Referenz. Das knusprige Brot mit der gut gewürzten Buttercreme bildete das Tüpfelchen auf dem i. Auch die Flasche Pinot Noir trug mit «Voller Freude» einen sinnigen Namen.
Wir mussten einige Zeit warten, bis sich die grossen Holzscheite in Glut verwandelt hatten. Andächtig sassen wir in der Runde, nippten am Wein, erzählten uns allerlei Geschichten und fühlten uns wie an einem Lagerfeuer – die Gesichter glühend heiss, der Rücken schon bald eiskalt. Schnell waren wir alle in die Decken gehüllt und freuten uns inständig auf unsere Hauptspeisen.
Endlich wurden die Fleischplatten plus Zutaten hereingetragen. Es sah alles himmlisch aus, wobei das T-Bone-Steak mit seinen 800 Gramm die anderen Stücke klar in den Schatten stellte. Unser Sohn erhielt vom aufmerksamen Personal den Rat, er solle doch Fleisch und Gemüse (Lauch, Zucchetti. Aubergine, Peperoni, Champignons) mit Hilfe eines kleinen Kräutersträusschens mit Öl bestreichen. In der Feuerschale sah es anschliessend so aus, dass er zur Tat schreiten konnte.
Das Ergebnis war formidabel. Das Steak perfekt rosa auf dem Punkt, das Entrecote ebenso, das Poulet knusprig und gut durch, alles fein gewürzt. Dazu die leckeren Dips, die mit Käse angereicherten Baked Potatoes und die Gemüsestücke, denen der Holzkohlengrill kräftige Röstaromen verliehen hatte. Wir genossen unser Festessen. Einziger Wermutstropfen: unser Grillmeister kam selber kaum zum Essen, und als er dann endlich mal Platz nehmen konnte, waren seine Speisen schon fast kalt.
Er zeigte sich unbeeindruckt und liess sich mit einem fantastischen Apfelstrudel mit Vanilleglace trösten. Wir anderen teilten uns zwei Kaiserschmarren mit Zwetschgenkompott, ein Dessert, das unserer Mahlzeit definitiv die Krone aufsetzte. Dieses Essen für vier Personen hat 263 Franken gekostet.
Fazit: Ein Abend, der einen besonderen Platz in der Geschichte unserer Restaurantbesuche einnehmen wird und uns ein Erlebnis voller starker Sinneseindrücke geboten hat. Wir haben toll gegessen, das Feuer hat uns in ein warmes, behagliches Orange getaucht, und nach dreieinhalb Stunden am offenen Feuer haben wir alle gerochen wie gut geräucherte Würste. Es war – in jeder Beziehung – einzigartig, und wir haben es genossen.
Der Vorhang fällt
Um so schmerzlicher ist es, dass der «Wilde Kaiser» Christian Krahnstöver und sein liebenswürdiges Team den Zollikerberg Ende Jahr verlassen werden. Er hat unsere Gastrolandschaft mit seiner Wiener Küche, seiner österreichischen Gastfreundschaft und seinen originellen Ideen wie der Feuerdorf-Hütte oder den «Fondue-Gondln» bereichert.
Auf Wiedersehen, «Wilder Kaiser»! Schon bald im «Talk am Puls» am 6. Februar im Café am Puls im Zollikerberg.