Einfach nur kassieren? Wie langweilig!
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28. Februar 2024 – Zollikon erhält dieses Jahr 1’438’398 Franken Dividende von der Zürcher Kantonalbank (ZKB). Dieses Geld soll in den Finanzhaushalt der Gemeinde fliessen. Wäre ein Ideenwettbewerb nicht spannender? Auf diese Weise entstand im Küsnachter Strandbad eine Sauna mit Winterbistro. (2 Kommentare)
28. Februar 2024 – Zollikon erhält dieses Jahr 1’438’398 Franken Dividende von der Zürcher Kantonalbank (ZKB). Dieses Geld soll in den Finanzhaushalt der Gemeinde fliessen. Wäre ein Ideenwettbewerb nicht spannender? Auf diese Weise entstand im Küsnachter Strandbad eine Sauna mit Winterbistro.
Zollikons Finanzchefin Sylvie Sieger (FDP) hat eine klare Meinung: «Die ZKB-Dividende fliesst in den allgemeinen Gemeindehaushalt, analog der Steuereinnahmen. Damit kommt der Betrag der gesamten Zolliker Bevölkerung und nicht einzelnen Anspruchsgruppen zugute.» Sie fügt «als persönliche Note» hinzu, dass eine Zweckgebundenheit «massiv viele zusätzliche Abwägungen und Evaluationen mit sich brächte, die sowohl die Politik wie auch die Verwaltung zusätzlich belasten würden».
Als die ZKB im Jahr 2020 zur normalen Jahres- auch noch eine Jubiläumsdividende ausschüttete und ausdrücklich wünschte, dass die Gemeinden mit dem Geld etwas Besonderes bewirken, entstanden im Kanton über 100 gemeinnützige Angebote in den Bereichen Sport, Kunst, Kultur, Freizeit, Kinder, Jugendliche. Auch damals blieb der Zolliker Gemeinderat aussen vor; das Geld sollte den Finanzhaushalt stützen. Corona führte dann dazu, dass ein Teil der Dividende von 430’000 Franken in einen kommunalen «Hilfetopf» für Kleinstunternehmen floss, die vom Bund und dem Kanton keine Unterstützung erhielten. Immerhin.
Und jetzt: 1’438’398 Franken. Damit könnte man natürlich einiges anstellen. Und es ist noch nicht zu spät, ein schönes Projekt aufzugleisen. Sylvie Sieger sieht das grundsätzlich auch so. Sie schreibt, wenn jemand das Gefühl haben sollte, die Gemeinde tue in Sachen Projekte zu wenig, «wäre auch der Einsatz von politischen Mitteln möglich, etwa das Lancieren einer Initiative, wie dies aktuell beim Restaurant Trichterhausermühle geschehen ist».
Küsnacht: Hot Spot am See
Dass es auch niederschwelliger und einfallsreicher geht, demonstrierten rund um das ZKB-Jubiläum etliche Seegemeinden. In Küsnacht veranstaltete der Gemeinderat einen Ideenwettbewerb. Zu den Siegerprojekten gehörten die «Sauna Cubes» im Strandbad. Auf der Website mit einem attraktiven Video heisst es, die Leute kämen für einen kleinen Lunch vorbei oder abends auf einen Drink an der Bar. Andere hätten Lust auf eine Suppe nach der Sauna oder einen Chai auf der Terrasse. Der Saunabereich mit den Garderoben, den «Sauna Cubes» direkt am See und der Ruhejurte mit Kanonenofen ist für Saunagäste reserviert.
Einfallsreiches Finanzierungsmodell
Den Vorschlag für dieses Projekt hatte die Küsnachter Innenarchitektin Mabel Lutz gemacht. In der wohlig warmen Bistro-Jurte unter einer grossen Kopie des «bedrohten Schwans», den der niederländische Maler Jan Asselijn um 1650 in Öl gemalt hatte, erläutert sie das einfallsreiche Finanzierungsmodell: Die Gemeinde Küsnacht kaufte für rund 180’000 Franken die drei Jurten und die «Sauna Cubes». Lutz engagierte sich mit demselben Betrag und steuerte die technische Infrastruktur und das Mobiliar bei. Sie trägt die Energiekosten und zahlt der Gemeinde während der Vertragsdauer von fünf Jahren mit einer Option auf weitere fünf Jahre so viel Miete, dass die Anschubfinanzierung von 180’000 Franken nach 10 Jahren getilgt wäre.
Damit verfügt die Gemeinde über ein attraktives Winter-Freizeitangebot, das an Wochenenden bis zu 80 Leute anlockt, viele bleiben bis 22 Uhr am See. Mabel Lutz spricht von einer Win-win-Situation: «Auf dieser Basis kann ich mein Sauna- und Bistrogeschäft in Ruhe aufbauen, für mich allein wären die Kosten nicht tragbar gewesen.» Sie könnte sich gut vorstellen, in der Zolliker Seebadi oder auf dem Wässerig-Areal an der Stadtgrenze ein ähnliches Angebot zu machen. Letzteres gehört der Gemeinde. Nach dem Bau der Seewasserfassung für das Zolliker Fernwärmeprojekt soll es attraktiv gestaltet werden und für die Öffentlichkeit zugänglich sein.
Weitere Küsnachter Jubiläums-Projekte waren Orientierungslauf-Karten für lokale Wettkämpfe, für Schulen, Jugendorganisationen und Spaziergänger jeden Alters. Oder die Pflanzung von Edelkastanien im Wald, wo die Bevölkerung in wenigen Jahren Esskastanien wird sammeln können. Die meisten Vorschläge habe man umsetzen können, und sie erfreuten sich bei der Bevölkerung grosser Beliebtheit, heisst es bei der Gemeinde. Lediglich die geplante Brutinsel für Wasservögel mit Guckrohr und Infotafeln am Ufer sei leider noch durch Einsprachen blockiert. Zudem habe man die im Freien installierten Fitnessgeräte – auch das eine Idee aus der Bevölkerung – wegen Beschädigungen durch Vandalismus wieder entfernen müssen.
Die Gemeinde Meilen will mit dem Geld aus der Jubiläumsdividende im Strandbad Dorf den Uferbereich teilweise neu gestalten und insbesondere auch einen attraktiven Sandstrand schaffen. Erste Projektideen seien vorhanden, heisst es dort. Zumikon, das wegen der geringeren Bevölkerungszahl deutlich weniger Geld bekam, schaffte für das Schulhaus Farlifang einen Occasions-Konzertflügel an und wertete für 60’000 Franken eine Parkanlage auf.
Es fehlt nicht an Ideen
Auch in Zollikon fehlt es nicht an Ideen, wie wir in unserem Artikel Alternativen zur geplanten Steuersenkung am 27. November schrieben. Martina Märki sprach sich für den Ausbau und die Erneuerung der bestehenden Spielplätze für Kinder sowie für die Schaffung eines innovativen Waldspielplatzes nach dem Vorbild umliegender Gemeinden aus. Für die Co-Präsidentin des Familienclubs würde ein verbessertes Spielplatzangebot «nicht nur die Lebensqualität der Familien in unserer Gemeinde steigern, sondern auch zu einer positiven Entwicklung und Entfaltung unserer Kinder beitragen».
Der Zolliker Architekt Alain Merkli schlug «Projektierungs-Kredite zur Entwicklung von lustvollen Visionen» für die Zentrumszone Zollikerberg und die Erweiterung der Seebadianlage mit Ergänzungsbau und Restaurant (Mietlokal) vor. Darüber hinaus regte er ein Sommerfestival mit Kino in der Seebadi an.
Weitere Vorschläge galten der Sanierung von Spazier- und Waldwegen in der Gemeinde, die teils in einem katastrophalen Zustand seien. Oder die Schaffung eines «gefälligen Eingangsportals zur Gemeinde bei der Schifflände und dem dazugehörigen Park», den man so zu einem attraktiven Aufenthaltsort für die Bevölkerung machen könnte.
Was sicher ist: Demnächst klingeln in der Zolliker Gemeindekasse – ganz unverhofft in dieser Höhe und noch nicht budgetiert – 1’438’398 Franken. Einfach nur kassieren? Wie uninspiriert und langweilig! (rs)
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Vielen Dank für den inspirierenden Artikel! Mir juckt’s grad in den Fingern…. Wem geht es ebenso? Wer hat Mumm auf eine Projektgruppe?
Hi Renate
Ich bin dabei 😉 Liebe Grüsse Mabel