«Feliz navidad» mit 300 Zolliker Kindern

0 KOMMENTARE

19. Dezember 2024 – Das Weihnachtssingen der Zolliker Dritt- bis Sechstklässler im Gemeindesaal begeisterte das Publikum. Bis die 17 Lieder aus aller Welt sassen, mussten die Kinder intensiv proben. Die Gala war zugleich der letzte Auftritt des langjährigen «Maestros» Adrian Michael.

Der Zolliker Weihnachtschor unter der Leitung von Adrian Michael (Fotos / Videos: ZN)
Der Zolliker Weihnachtschor unter der Leitung von Adrian Michael (Fotos / Videos: ZN)

Dienstagmorgen, 10. Dezember, 10.15 Uhr: Probe mit allen 300 Kindern. Sie versprühen jede Menge Lebenslust. Der alte Spruch, eine Horde Kinder zu zähmen sei «schwieriger als einen Sack Flöhe zu hüten», bewahrheitet sich voll und ganz. Mitten im Trubel: Adrian Michael, ausgerüstet mit Headset, die Stimme verstärkt über Lautsprecher, unübersehbar in seinem roten Pullover, mit dem er alle Aufmerksamkeit auf sich lenken will.  

Adrian Michael im roten Pullover
«Maestro» Adrian Michael im roten Pullover

Noch gibt es etliche Kinder, die drei Tage vor der Aufführung den Text nicht auswendig können und deshalb als «Fischsinger» auftreten: sie machen nur den Mund auf und zu und bleiben stumm. Das nimmt dem Chor ein Stück Volumen.

«Morgen Nachmittag habt ihr noch Zeit, die Lieder auswendig zu lernen», mahnt der Dirigent. Er hat alle Hände voll zu tun, nicht nur mit den Liedern, sondern auch mit den Kids, die sich in der letzten Reihe necken, statt sich im Kanon auf den Einsatz zu konzentrieren. «Füreluege!!», tönt es mehr als einmal über die Lautsprecher, einmal auch «He, du det, Kaugummi use!».

Als eine der grössten Herausforderungen entpuppt sich die Aufgabe, still und leise auf die Bühne zu treten. Das ist bei 300 Kindern aber auch eine Kunst. «Ich bin sicher, dass das beim Konzert dann besser klappt», macht sich der sichtlich erschöpfte Adrian Michael nach zweistündiger Probe selber Mut. Und tatsächlich, am Donnerstagabend um 19 Uhr «düselen» die Kinder zu ersten Klängen des afrikanischen Liedes «Hamba nikale» mucksmäuschenstill auf ihre Plätze.

Wer schon einmal einen Kinderchor dirigiert hat, weiss, dass es fast unmöglich ist, bei einem Lied das Tempo zu halten – die Kinder werden einfach immer schneller, das scheint ein Naturgesetz zu sein. Die moderne Elektronik hat dieses Problem inzwischen entschärft. Der Schlagzeuger der Begleitband speichert das mit dem Dirigenten vorab besprochene Tempo auf einer App, ruft das Metronom bei jedem Lied auf und gibt so den Takt an, an dem sich die Mitmusiker und die Kinder orientieren können. Das klappt vorzüglich.

Der Drummer Thomas Ilg ist Teil des Quartetts mit Pamela Schefer (Klavier), Marcel Benedikt (Bass) und Akira Spitz (Flöte). Die Kinder singen insgesamt 17 Lieder in Deutsch, Mundart, Englisch, Französisch, Italienisch, Spanisch und Estnisch, darunter bekannte wie «Zimetstern hani gern» und «This little light» sowie unbekanntere wie «Une fleur m’a dit» und «Tu scendi dalle stelle». Zu den Höhepunkten des Konzerts gehört zweifellos «The little drummerboy»:

Als die Kirche zu eng wurde

Das Schüler-Weihnachtssingen gibt es in Zollikon seit rund 20 Jahren. Damals trat der Chor der Sekundarklassen in der reformierten Kirche im Dorf auf, dirigiert von Michael Gohl, dem damaligen Leiter der Musikschule. «Was die Sekschüler können, das können wir auch», sagte Adrian Michael ein paar Tage später im Oescher-Lehrerzimmer, und seine Kolleginnen und Kollegen nickten.  

So traten ab dem Jahr 2003 auch die Erst- bis Sechstklässler auf, wobei Michael Gohl und Adrian Michael abwechselnd dirigierten. Die Kirche wurde bald zu klein, weil es in der Schule immer mehr Kinder gab und damit auch mehr Eltern, die an die Konzerte kamen. Man wechselte in den nahen Gemeindesaal. Der fasste 300 Kinder plus Eltern, Gotten, Freunde und Göttis – gegen 1000 Menschen unter einem Dach. Das ging gut bis zum Konzert im Jahr 2016.

Hektik in der Lehrerschaft

Die Vorbereitungen liefen auf Hochtouren, als die Gemeinde eine Woche vor dem bereits weitherum kommunizierten Auftritt die Notbremse zog. Die grosse Menschenansammlung war aus feuerpolizeilicher Sicht nicht mehr zu verantworten. «Im Lehrerzimmer brach Hektik aus», erinnert sich Adrian Michael, guter Rat war teuer.

Die Lösung: Jede Familie erhielt zwei Tickets, ein blaues und ein rotes. Eines war für die erste Vorstellung gültig, das andere für die zweite. Gleichzeitig organisierte man mit Hilfe befreundeter Techniker ein «public viewing», sodass draussen auf dem Dorfplatz alle dabei sein konnten, die keinen Einlass fanden.

2019 fand kein Konzert statt, Adrian Michael war in Pension gegangen, und 2022 machte Corona der Schule einen Strich durch die Rechnung. Im Jahr darauf fand auf dem Pausenplatz des Oescher eine halbstündige Ersatzveranstaltung mit zehn Liedern statt, erneut unter der Leitung von Adrian Michael. Im Frühling dieses Jahres bekam er einen Anruf der Schulleitung Oescher. Man fragte ihn, ob er die grosse Aufgabe noch einmal übernehmen würde. Wer ihn kennt, weiss die Antwort.  

«Feliz navidad» und ein Abschied

Die erste Aufführung um 17 Uhr gelingt nach Wunsch. Die Kinder kehren anschliessend in ihre Klassenzimmer zurück, um sich mit Mitgebrachtem zu verpflegen. So haben sie genügend Energie, um ab 19 Uhr die 17 Lieder noch einmal vorzutragen, die im Publikum Gänsehaut auslösen und auch manche Träne der Rührung. Zum Schluss singen sie «Feliz navidad» von José Feliciano. Danach gibt es eine «standing ovation» für die ausgelassen winkenden und wohl auch erleichterten Kinder sowie für die engagierten Lehrpersonen, die Techniker und alle Anderen, die diesen Anlass ermöglicht haben.

PS: Nach dem Konzert genossen die Lehrpersonen im Oescher eine Kürbissuppe. Nach 42 Jahren – als angestellter Lehrer und im Pensionsalter als begehrter «Springer» – gab Adrian Michael dann seinen Schulhausschlüssel zurück.

Wenn Sie unseren wöchentlichen Gratis-Newsletter erhalten möchten, können Sie sich gerne hier anmelden.

WIR FREUEN UNS ÜBER IHREN KOMMENTAR

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

4 + 20 =

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht