Gemeinderat steht vor Weichenstellung
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9. April 2025 – Die Jahresrechnung 2024 schliesst mit einem Gewinn von 4,2 Millionen Franken. Der Finanzchefin Sylvie Sieger bereiten die aufgeschobenen Investitionen Sorge. Der Gemeinderat müsse einen Entscheid fällen: mehr Personal einstellen oder auf Investitionen verzichten.

VON RENE STAUBLI
Budgetiert waren im abgelaufenen Jahr Investitionen in der Höhe von rund 30 Millionen Franken. Tatsächlich wurden dann nur 11,1 Millionen ausgegeben. Die grössten Brocken entfielen auf das Schwimmbad Fohrbach (2,5 Mio.), auf Arbeiten in den Bereichen Abwasser- und Strassensanierungen (2,1 Mio.) sowie auf die Instandstellung der alten Telefonzentrale an der Buechholzstrasse (1,6 Mio.).
Verschiedene Projekte konnten laut der Finanzvorsteherin Sylvie Sieger nicht wie geplant gestartet und realisiert werden: «Diese Aufgaben werden in den kommenden Jahren anfallen; es baut sich ein grosser Nachholbedarf auf, der die kommenden Budgets prägen wird.» Die grössten Abweichungen zum Budget habe es bei den Schulliegenschaften gegeben, wo 7,7 Millionen Franken nicht verbaut wurden, und beim Schwimmbad Fohrbach, wo die Gemeinde mit 5,9 Millionen im Rückstand ist.
Mehr Personal – oder weniger investieren?
Die Finanzchefin sieht zwei Möglichkeiten zur Lösung des Problems: «Müssen wir mehr Personal anstellen, um den Investitionsstau abzubauen? Oder sollen wir bei der Investitionsplanung und -ausführung die Bremse anziehen, um keinen noch grösseren Investitionsstau zu produzieren?»
Auf die Frage nach ihrer persönlichen Präferenz sagt Sieger, sie sei als bürgerliche Politikerin natürlich nicht dafür, dass man den Staat ausbaut: «Wenn wir aufstocken, dann massvoll.» Man müsse sorgfältig abwägen, was wirklich nötig sei. Nach dem Tod von Pierfrancesco Zanella, dem Abteilungsleiter Liegenschaften, gelte es, möglichst bald eine gute Nachfolgeregelung zu finden. «Am neuen Amtsleiter oder der neuen Amtsleiterin liegt es dann, das Team zu beurteilen und auf der Basis der anstehenden Projekte den internen Personalbedarf zu definieren.»
Ist es für die Gemeinde tatsächlich eine Option, kein zusätzliches Personal einzustellen und bei den Investitionen kürzer zu treten? Bei den Schulliegenschaften könne man nicht auf die Bremse stehen, räumt Sieger ein, «denn mehr Schüler benötigen zwingend mehr Raum». Beim Betreuungshaus Rüterwis im Zollikerberg habe man gesehen, welche Folgen jahrelange Verzögerungen von Investitionen haben können. Auch bei der anstehenden Sanierung des Fussballfeldes auf dem Riet wäre es wegen der Koppelung mit dem Bau der Heizzentrale für das Fernwärmenetz nicht sinnvoll, auf die Investitionsbremse zu treten. «Bei neuen Investitionen müssen wir uns jedoch fragen, ob wir die nötigen personellen Ressourcen haben, um sie zeitgerecht zu realisieren und ob wir sie auch tatsächlich brauchen.»
Das Problem mit den nicht ausgeschöpften Investitionsbudgets ist nicht neu. Hat der Gemeinderat die Entwicklung unterschätzt? Sie sei als Finanzchefin sicher nicht glücklich damit, dass das Investitionsbudget schon 2023 nicht ausgeschöpft worden sei. «Wir waren aber der Meinung, dass wir es in diesem Jahr schaffen.» Nachdem sich das Problem nun akzentuiert habe, sei es wichtig, «die vakanten Leitungsposten möglichst bald zu besetzen, eine umfassende Auslegeordnung zu machen und dann im Gemeinderat die nötigen Entscheidungen zu treffen.»
Stattliches Finanzpolster
Beruhigend ist für die Finanzchefin, dass das Finanzpolster der Gemeinde trotz der Rückzahlung der Bankschuld von 50 Millionen Franken ausreicht, um die grossen anstehenden Infrastrukturprojekte aus eigener Kraft zu stemmen: die Sanierung des Schwimmbads Fohrbach soll rund 50 Millionen Franken kosten, das Provisorium Betreuungshaus Rüterwis im Zollikerberg rund 6,5 Millionen.
Dass die Jahresrechnung 2024 statt mit dem budgetierten Verlust von rund 6,3 Millionen Franken mit einem Gewinn von 4,2 Mio. abschloss, liegt an Sondereffekten: die periodische Neubewertung der Liegenschaften ergab ein Plus von 2,1 Mio., die einmalige Rückzahlung von Heimtaxen durch den Kanton rund 2 Mio. Ausserdem lagen die Steuererträge aus Grundstücksgewinnen um 4,1 Mio. über dem Budget. Diesen Zusatzeinnahmen standen wegen der Steuerfusssenkung auf 76 Prozent Mindererträge aus Steuern von 7,2 Mio. entgegen.
Ohne die Sondereffekte wäre die Jahresrechnung ausgeglichen gewesen, konstatiert Sieger: «Dies bedeutet, dass der Steuerfuss richtig eingestellt ist.»
Das Eigenkapital der Gemeinde beträgt nach der Zuweisung des Gewinns 295,8 Millionen Franken, das Nettovermögen 108,2 Millionen. Im vergangenen Jahr wurden 213,6 Millionen Franken eingenommen und 209,4 Millionen ausgegeben. Der Aufwand hat seit 2018 um 21,7 Prozent zugenommen, der Ertrag um 17,7 Prozent (siehe obige Tabelle). Die Jahresrechnung 2024 wird der Gemeindeversammlung vom 15. Juni 2025 zur Genehmigung vorgelegt.
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