«Ich in bereit, Verantwortung zu tragen»
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28. Februar 2025 – Überraschend für alle hat die SP-Präsidentin Franziska Steiner einen eigenen Kandidaten herbeigezaubert. Dominic Tobler (23) tritt bei der RGPK-Ersatzwahl an. Wer ist der junge Mann, der in Zollikon für frischen Wind sorgen möchte? (1 Kommentar)
28. Februar 2025 – Überraschend für alle hat die SP-Präsidentin Franziska Steiner einen eigenen Kandidaten herbeigezaubert. Dominic Tobler (23) tritt bei der RGPK-Ersatzwahl an. Wer ist der junge Mann, der in Zollikon für frischen Wind sorgen möchte?

VON BARBARA LUKESCH
Dominic Tobler ist eine Wundertüte. Da sind seine Kindheit und Jugend im ländlichen Gais, einem lauschigen Flecken mit 3000 Einwohnerinnen und Einwohnern in Appenzell Ausserrhoden. Entsprechend ausgeprägt ist seine Verbundenheit mit der Natur – schon am Gymnasium in Trogen engagierte er sich in der Klimabewegung.
Sie seien zwar nur wenige gewesen, dafür aber sehr motiviert. Er schrieb seine Maturaarbeit zum Thema «Auswirkungen der Klimastreiks in der Schweiz». Sie hätten auch eine Demonstration organisiert, um ihrem Anliegen mehr Gewicht zu verleihen. Als sie bei der Polizei um eine Bewilligung nachsuchten, hatte der diensthabende Beamte zum Erstaunen des jungen Dominic keine Ahnung, was er in einem solchen Fall vorkehren musste. «Offenbar hatte es in Ausserrhoden seit Ewigkeiten keine Demo mehr gegeben», lacht er.
Wie ernst es dem Jugendlichen mit seinem politischen Engagement war, zeigte sich, als er eine kantonale Initiative zur Förderung erneuerbarer Energien mit grosser Power unterstützte. Obwohl es viel Widerstand gab, wurde das Volksanliegen angenommen.
Ein Sensorium für soziale Fragen
Die Erfahrung, dass man gemeinsam mit anderen etwas erreichen kann, begleitete ihn fortan. So trat er mit 16 Jahren der SP Ausserrhoden bei, jener Partei, die ihn mit ihrem Einstehen für Umweltthemen, Chancengleichheit und soziale Gerechtigkeit überzeugte.
Ihm sei klar geworden, wie stark die Politik mit ihren Vorgaben und Entscheiden das Leben jedes Einzelnen beeinflusse. Ein Beispiel, das ihn ganz persönlich betrifft: Damals durften Schwule und Lesben noch nicht heiraten. So wurde der junge Mann, der sein Coming Out schon mit 16 hinter sich hatte, Teil der Kampagne für die Initiative «Ehe für alle». Damit half er mit, das Anliegen durchzubringen. Politik, fand er, konnte richtig Spass machen.
So wurde er auch Teil des European Youth Parliament, dem Jugendparlament der sieben Alpenstaaten Schweiz, Österreich, Deutschland, Frankreich, Italien, Lichtenstein und Slowenien. Delegationen aus diesen Ländern treffen sich einmal pro Jahr, um über Themen wie die Umweltbelastung für Böden zu diskutieren. Er trat auch der SP Queer bei und kandidierte auf einer speziellen Liste für den Nationalrat. Bei all diesen Aktivitäten gehe es ihm auch darum, auf dem politischen Parkett Erfahrungen zu sammeln, sich zu vernetzen und bekannter zu werden.
Darüber hinaus hat Dominic Tobler ein ausgeprägtes Sensorium für soziale Fragen. Seinen Zivildienst leistete er beispielsweise als Klassenassistenz in einer Heilpädagogischen Schule für Kinder und Jugendliche mit kognitiven Beeinträchtigungen. Dieses Jahr habe er sehr genossen: «Das war extrem lehrreich.»
Engagement im Rebwies
Seit drei Jahren lebt er nun in einer Dreipersonen-Wohngemeinschaft mit zwei Kolleginnen, alles Studierende. Will man die jungen Leute besuchen, muss man ins Gesundheitszentrum für das Alter Rebwies und dort in den oberen Stock. Die Wohnung besteht aus drei Schlafzimmern und einem riesigen Wohn-Ess-Bereich plus einer tollen Terrasse mit Blick auf den Zürichsee. Für dieses attraktive Daheim müssen die jungen Mieter nicht Tausende von Franken bezahlen. Vielmehr leisten sie im Rebwies monatlich je 28 Stunden Altersarbeit.
Fragt man den jungen Mann, woher er denn seine soziale Ader habe, überlegt er eine Weile. Er bewege sich gern unter Menschen, die einen anderen Hintergrund haben als er, weil er breit interessiert sei und gern seinen Horizont erweitere. Als Schwuler sei er hin und wieder «halt immer noch Ausgrenzungen und Diskriminierung ausgesetzt». Das habe ihn sensibilisiert für Menschen, «die auf ihre Art auch etwas vom Mainstream abweichen».
Vom Dorf in die «Grossstadt»
Als sich die Frage stellte, was er studieren sollte, fiel ihm der Entscheid nicht leicht. Seine Leidenschaft für die Politik konkurrierte mit seiner Begeisterung für die Informatik. Als Mensch, der im Jahr 2001 geboren sei, habe ihn die Digitalisierung von klein auf begleitet und sein ganzes Denken beeinflusst. Dazu habe er sein Studium selber finanzieren müssen und sich grössere Verdienstmöglichkeiten in Praktika im IT-Bereich ausgerechnet. So traf er seine Wahl letztlich zugunsten der Informatik und begann 2021 mit seinem Studium an der Universität Zürich.
Das hiess dann, dass der junge Mann aus dem beschaulichen Dorf Gais den Weg in die grosse Stadt antreten und hier neue Wurzeln schlagen musste. Er schmunzelt: «Ich erlebe Zürich immer noch als Grossstadt». Dessen ungeachtet hat er seinen Platz gefunden. In wenigen Wochen wird er seinen Bachelor in der Tasche haben, im Herbst nimmt er dann sein Masterstudium in Angriff.
Seit September letzten Jahres ist er zudem Co-Präsident des Verbands der Studierenden der Universität Zürich (VSUZH). Er nutze sein 70 Prozent-Pensum nicht nur zum Geldverdienen, sondern auch dazu, weitere Erfahrungen in einem «sehr politischen Job» zu sammeln. Er lerne viel im Bereich Public Relations, habe mit Verbandsarbeit zu tun und gewinne Führungserfahrung.
Dazu kommt nun auch noch sein Eintritt in die SP Zollikon. Das ist ein interessanter Schritt, schliesslich fristet die hiesige Ortspartei ein eher tristes Dasein mit ihrem Minibestand von rund 10 bis 15 aktiven Mitgliedern – Dominic Tobler weiss es auch nicht so genau – kein einziges Behördenamt, von einem Sitz im Gemeinderat ganz zu schweigen. Die Zeiten, in denen SP-Präsidentin Esther Meier im Kantonsrat sass, liegen lange zurück. Woher also bezieht der inzwischen 23-Jährige den Antrieb, seine Zeit in diesem Umfeld zu verbringen?
Ein Zeichen setzen
Irgendwo müsse er ja anfangen, konstatiert er nüchtern, und als SP-Mitglied mit Wohnort Zollikon sei es zwingend gewesen, der hiesigen Sektion beizutreten. Ausserdem spüre er den frischen Wind, den SP-Präsidentin Franziska Steiner verbreite und der ihn zuversichtlich nach vorn schauen lasse.
Er kenne die Gemeinde zwar immer noch zu wenig, aber er lerne schnell dazu. So besuche er regelmässig die Gemeindeversammlungen und führe bei jeder Gelegenheit mit Menschen von hier politische Diskussionen. Dabei sei ihm aufgefallen, dass Zollikon, anders als viele andere Gemeinden, offenbar keine oder mindestens weniger Mühe habe, Kandidierende für politische Ämter zu finden. Das jüngste Beispiel bilde die Ersatzwahl für die Vakanz in der Rechnungs- und Geschäftsprüfungs-Kommission, zu der vier Kandidierende antreten – Dominic Tobler ist der Jüngste im Bunde.
Dieses Mandat interessiere ihn, weil es weniger auf die politische Gestaltung der Gemeinde ausgerichtet sei: «Die Hauptaufgabe ist die Kontrolle von Rechnungen und Geschäften», und diesbezüglich habe er bereits in seinem Job an der Uni Erfahrungen gesammelt und viel gelernt.
Er rechne sich «keine wahnsinnig grossen Chancen» aus, gewählt zu werden. Mit seiner Kandidatur wolle er primär ein Zeichen setzen: «Ich bin da und bereit, Verantwortung zu übernehmen.»
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Ich finde es sehr wertvoll, wie Dominic Tobler somit ein Zeichen im Sinne der Mitwirkung in der Heimatsgemeinde setzt! Spannender Bericht mit interessantem Einblick in die Wohnsituation mit Engagement.