Ja zu Digitalisierung und Fernwärme
0 KOMMENTARE
27. März 2025 – Sowohl der Zusatzkredit für den beschleunigten Bau des Fernwärmenetzes wie die Kostengutsprache für interaktive Screens, digitale Hilfsmittel und neue Wandtafeln in der Schule wurden von den 93 Stimmberechtigten an der gestrigen Gemeindeversammlung durchgewunken.

VON RENE STAUBLI
Der Schreibende erinnert sich noch gut, wie er als junger Primarlehrer in Opfikon-Glattbrugg seinen Schülerinnen und Schülern grossen Eindruck machte. Schritt 1: An einem freien Nachmittag kopierte er eine wunderschöne mittelalterliche Burg aus einem Geschichtsbuch. Schritt 2: Von der Kopie stellte er eine Folie für den Hellraumprojektor her. Schritt 3: Er projizierte die Folie an die Wandtafel. Schritt 4: Mit Kreide malte er die Burg in allen Details und grosser Farbenpracht nach. Diese Arbeit kostete ihn einige Stunden.
Am andern Morgen gab es in der Klasse ein grosses Ah! und Oh! «So gut wie Sie möchte ich auch zeichnen können», sagte ein Fünftklass-Mädchen bewundernd. Der Schreibende fühlte sich geschmeichelt und hüllte sich in Schweigen.
Den Lehrkräften an der Schule Zollikon bleiben solche Umwege erspart. Was Ihnen künftig zur Verfügung steht, kann man sich als riesiges Tablet vorstellen. Auf dem grossen, in die Wandtafel integrierten Touchscreen kann die Lehrperson die mittelalterliche Burg präsentieren und auf verschiedene Weise animieren.
Ein Beispiel: die Pädagogische Hochschule Bern hat eine mittelalterliche Burg programmiert. Man kann auf dem Touchscreen die Zugbrücke, die Burgküche oder den Ziehbrunnen anklicken und sich informieren, wie die Menschen in der damaligen Zeit lebten – unter anderem erzählt der Burgwächter hoch auf den Zinnen von seinen Erlebnissen, ein Klick genügt:

Das ist nur ein Beispiel für interaktive Lerninhalte, wie sie in modernen Lehrmitteln zunehmend angeboten werden. «Eine Wandtafel mit integriertem, interaktivem Display verwandelt das Klassenzimmer in eine moderne und dynamische Lernumgebung», schreibt eine Zürcher Firma, die sich im laufenden Submissionsverfahren um den Auftrag bemüht.
«Moderner, zukunftsgerichteter Unterricht in einer digitalisierten Welt setzt auf die Möglichkeiten der Interaktivität. So können Inhalte direkt bearbeitet, die Lösungen gespeichert und auf die Geräte der Schülerinnen und Schüler zurückgespielt werden», ergänzt die Zolliker Schulpflege in ihrem Kreditantrag.
Die Lehrperson kann die Tablets, Smartphones und Computer der Schülerinnen und Schüler über WLAN direkt mit dem grossen Touchscreen verbinden. Daten können ausgetauscht werden. Ein Beispiel: die Lehrerin oder der Lehrer gibt der Klasse den Auftrag, die Arbeit des Burgwächters zu beschreiben. Anschliessend zeigt die Lehrperson ausgewählte Schülertexte für die ganze Klasse auf dem grossen Bildschirm, um sie zu besprechen.
1,815 Millionen Franken wird die digitale Aufrüstung der Zolliker Schulzimmer kosten. Die Elektronik soll die analoge Welt jedoch nicht komplett verdrängen. Die grossen Displays werden von Wandtafeln umrahmt, auf die ganz herkömmlich von Hand geschrieben werden kann.
Die Stimmberechtigten genehmigten den beantragten Kredit nahezu einstimmig.
Grosse Zustimmung zum Fernwärmenetz
Es steht ausser Zweifel, dass der Aufbau eines Fernwärmenetzes für Zollikon eine innovative, nachhaltige und klimafreundliche Lösung ist. Dass nur wenige davon profitieren können, haben wir letzten Freitag in unserem Artikel «Die Zweiklassengesellschaft» eingehend beschrieben.
Der ganze Zollikerberg erhält keine Fernwärme, weil sich die wichtigste Abnehmerin, die Diakonie mit dem Spital, eigenständig mit Energie versorgen will. Ohne diese Grosskundin ist keine wirtschaftliche Versorgung des Zollikerbergs möglich.
Im Dorf liegen von den 1500 Liegenschaften nur rund 520 im aktuell geplanten Versorgungsgebiet, von denen etwa 150 mit Fernwärme versorgt werden können. Auch hier hängt die wirtschaftliche Tragfähigkeit des Netzes von Grosskunden wie dem Schwimmbad Fohrbach und den Schulhäusern ab, die alle mit an Bord sind.
Gemeinderat Patrick Dümmler betonte, dass für den Aufbau des Fernwärmenetzes keine Steuergelder eingesetzt werden: «Das Projekt wird von den angeschlossenen Liegenschaftsbesitzern finanziert, die Fernwärme beziehen.» Der Bau der Energiezentrale im Riet soll im Mai oder Juni beginnen. Die mehrheitlich unterirdische Zentrale hat eine Fläche von 780 m2, was der Grösse einer Zweifach-Turnhalle entspricht.

Dümmler zeigte sich zuversichtlich, dass der Aufbau des Fernwärmenetzes entscheidend dazu beitragen wird, die vom Gemeinderat gesetzten Energie- und Umweltziele zu erreichen.
Die Versammlung bewilligte den beantragten Erweiterungskredit von 10.7 Mio. Franken für den beschleunigten Aufbau des Fernwärmenetzes mit nur einer Gegenstimme.
Wie geht es mit dem Bus 910 weiter?
Cyrill Huber (Zollikerberg) stellte eine Anfrage nach Art. 17 Gemeindegesetz zum Thema Buslinie 910. Er wollte wissen, was der Gemeinderat unternimmt, um die Linienführung bis an den Bahnhof Tiefenbrunnen wieder zu ermöglichen.
Er habe gegen den Beschluss des Verkehrsrats, die Buslinie 910 zu verkürzen und nur noch bis zum Bahnhof Zollikon zu führen, im September 2024 beim Regierungsrat rekurriert, antwortete der Gemeinderat. Sobald der Entscheid vorliege, werde er das weitere Vorgehen besprechen. Für eine von der Gemeinde finanzierte Anbindung an den Bahnhof Tiefenbrunnen sei mit Kosten von jährlich 850’000 Franken zu rechnen. Hierzu müsste der Souverän den nötigen Kredit bewilligen.
Den Vorwurf, er foutiere sich um die ÖV-Bedürfnisse der Bevölkerung im Zollikerberg, wies der Gemeinderat zurück. Er versuche vielmehr, beim ZVV ein Angebot zu erwirken, das allen ÖV-Nutzenden in Zollikon mit ihren teils unterschiedlichen Ansprüchen zugute komme.
Im Übrigen teilt der Gemeinderat die Befürchtung von Cyrill Huber nicht, dass der anstehende Verkauf des Busunternehmens Baumgartner den Betrieb der Buslinie 910 infrage stelle. Die für das Gemeindegebiet Zollikon marktverantwortliche VBZ suche derzeit mit Hochdruck nach einer Lösung.
Hier geht es zur Anfrage von Cyrill Huber und den Antworten des Gemeinderats
Huber erklärte sich von den Auskünften des Gemeindepräsidenten nicht befriedigt – und eröffnete als Mitglied der Jungen SVP gleich den Wahlkampf: Er beklagte unter anderem eine «systematische Vernachlässigung des Zollikerbergs», der mehr sein wolle als «der Blinddarm der Gemeinde». Die Arbeit des Gemeinderats empfinde er generell als unbefriedigend, und seit die SVP nicht mehr im Gemeinderat vertreten sei, häuften sich die Fehlplanungen und Budgetüberschreitungen.
Erster Dialogabend am 9. April
Am ersten Dialogabend des Gemeinderats, einem neuen Gesprächsformat, kommen am 9. April im Gemeindesaal ab 19.30 Uhr folgende Themen zur Sprache: «Situation und Ausblick Öffentlicher Verkehr» sowie «Begegnungsort Dorfplatz/Alte Landstrasse».
Gemeindepräsident Sascha Ullmann schloss die Versammlung um 20.45 Uhr.
Wenn Sie unseren wöchentlichen Gratis-Newsletter erhalten möchten, können Sie sich gerne hier anmelden.