«Man muss Tiere natürlich gernhaben»

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31. Oktober 2024 – Claudia Nett ist Tierärztin, genauer Tierdermatologin. Die 54-Jährige, die mit ihrer Familie, zwei Hunden, Schildkröten, Leguanen, Heugümpern und Grillen in Zollikon wohnt, ist am 7. November Gast im« Talk am Puls« im Zollikerberg.

Claudia Nett mit Schildkröten in ihrem Garten (Foto: ZN)
Claudia Nett mit Schildkröten in ihrem Garten (Foto: ZN)

In der Regel wird es Mitternacht, bis ich im Bett bin. Ziemlich spät, ich weiss, vor allem weil ich bereits um 6.10 Uhr wieder aufstehe. Aber es reicht offenbar. Nach dem Duschen frühstücke ich mit meinen 16- und 18-jährigen Töchtern: Früchte, Jogurt, Kaffee, zubereitet von derjenigen, die Dienst hat. Zum «Morgendienst» gehört auch das Rauslassen und Füttern der beiden Mittelpudel.

Wenn ich in der Praxis in Steinhausen tätig bin, wie beispielsweise am Montagmorgen, fahre ich um 6.55 Uhr mit dem Auto los. Dann komme ich noch ungehindert übers Bellevue. Fünf Minuten später, und es wird wegen dem Verkehr kritisch. Gegen 7.30 Uhr treffe ich in Steinhausen ein und gehe erst mal 20 Minuten mit den Pudeln spazieren, die ich jeweils bei mir habe. Um 8 Uhr sehe ich meine ersten Patienten. Für Neukunden reserviere ich eine Stunde; Nachkontrollen dauern in etwa 30 Minuten. Ein Allergie-Test erfordert eineinhalb Stunden.

Ich habe mich in der privaten Kleintierpraxis einer Kollegin eingemietet, bin aber ganz und gar selbständig geblieben. Eine Praxisassistentin, die mir schon lange die Treue hält, kümmert sich um den Empfang und schmeisst mir den Laden administrativ. Ich bin Tierdermatologin und -allergologin, kümmere mich also um die Haut und die Ohren von Tieren. Das gehört in der Veterinärmedizin zusammen. Dazu biete ich Ernährungsberatungen an. Die Mehrzahl meiner Patienten sind Hunde und Katzen.

Es ist allerdings auch schon vorgekommen, dass mich der Basler Zoo um eine Untersuchung seines Panzernashorns gebeten hat. Das Tier hatte mit einer allergischen Reaktion auf Parasiten zu kämpfen, was eine Hautbiopsie nötig machte. Nicht ganz ohne, einen ein bis zwei Tonnen schweren Dickhäuter in Narkose zu versetzen und während einem knapp fünfzehnminütigen Zeitfenster eine Hautprobe zu nehmen. Man stelle sich mal vor, was passiert wäre, wenn der Brocken frühzeitig aufgewacht wäre. Es ist zum Glück alles gut gegangen. Meine kleinsten Patienten sind Hamster, Meerschweinchen, Schlangen oder auch mal ein Zwergkaninchen, das unter einer chronischen Mittelohrentzündung gelitten hat.

Während meiner Weiterbildung war ich zuerst einige Jahre auf der Inneren Medizin im Tierspital Zürich tätig. Eine Weiterbildung in Veterinärdermatologie gab es damals noch gar nicht in der Schweiz. Doch mit der Zeit fand ich es immer schlimmer, ausschliesslich unheilbar und schwerkranke Tiere zu betreuen, von denen ich wusste, dass ich sie häufig bis Ende Woche würde einschläfern müssen. Im Gegensatz dazu sterben meine dermatologischen Patienten nicht an ihren Erkrankungen, müssen dafür aber wegen ihrer chronischen Probleme oft jahrelang betreut werden.

Um 12 Uhr habe ich zwischen vier und acht Fälle untersucht und mache mich auf den Heimweg. Eine Stunde später bin ich wieder in Zollikon und bereite mir etwas Kleines zum Essen zu. Die Hunde lasse ich jetzt daheim, weil meine Töchter nach der Schule mit ihnen spazieren gehen können, und fahre nach Zumikon, wo ich als Belegärztin zwei halbe Tage pro Woche in der Kleintierpraxis des bekannten, jetzt pensionierten Tierarztes Marco Minder tätig bin. Gegen 17.30 Uhr habe ich meinen letzten Patienten gesehen und schreibe Berichte oder erledige Administratives. Das kann gut und gern bis 19 Uhr dauern.

Das Nachtessen ist mir heilig. Dann möchte ich, wenn immer möglich, dass die ganze Familie, mein Mann, beide Töchter und ich, mindestens eine halbe Stunde gemeinsam am Tisch sitzen. Meistens koche ich, auch wenn ich mich nicht als leidenschaftliche oder gar begnadete Köchin bezeichnen würde. Richtig gut kocht unsere grosse Tochter; die kleine ist gut in Pasta.

Anschliessend fahre ich zum Volleyballtraining nach Küsnacht. Sport gehört seit jeher zu meinem Leben. Seit letzten Sommer nehme ich zusätzlich noch an Stand-Up Paddel-Wettkämpfen teil und trainiere entsprechend intensiver. Körperliche Betätigung finde ich natürlich auch in der Pflege unseres Gartens, wo ich ausserdem in einem kleinen Gewächshaus Kakteen züchte.

Unsere Schildkrötensammlung hat inzwischen eine stattliche Grösse: alles in allem gegen 20 Tiere. Dazu kommen die drei Leguane, darunter zwei Schleuderschwanzleguane, unserer jüngeren Tochter, was natürlich heisst, dass wir ständig mindestens 100 Heugümper und 50 Grillen – Futtertiere – im Haus halten.

In meinem Beruf muss ich Tiere natürlich gernhaben. Aber eigentlich habe ich Tiermedizin vor allem deshalb studiert, weil ich als junge, wohl eher schüchterne Frau nicht so viel mit Menschen zu tun haben wollte und mir Humanmedizin überhaupt nicht vorstellen konnte. Der Clou? Als Tiermedizinerin habe ich ständig mit Menschen zu tun. Schliesslich sind es die Tierbesitzer, die mir erzählen, was ihren Dackel oder ihre Katze plagt.

Am späten Abend widme ich mich häufig noch einigen Aufgaben, die im Zusammenhang mit meiner Tätigkeit für die Schweizerische Vereinigung für Kleintiermedizin stehen, deren Präsidentin ich zehn Jahre lang war. Regelmässig beantworte ich auch per Mail Consulting-Anfragen besorgter Tierhalter oder anderer Tierärzte. Gegen Mitternacht geht’s – wie gesagt – ins Bett. Sonntags schlafe ich auch mal länger. Aber am Samstag bin ich schon um 7.30 Uhr auf dem Zolliker Markt und anschliessend auf dem Zürichsee beim Training mit dem Paddleclub. Ich bin einfach nicht der Typ für den Liegestuhl.» (Aufgezeichnet von Barbara Lukesch)

«Talk am Puls», Donnerstag, 7. November 19.30 Uhr. Die Bar öffnet um 19 Uhr. Nach dem Talk gemütliches Zusammensein. Gastgeber ist Pfarrer Simon Gebs. Eintritt frei.

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