Nun geht es in die finale Verhandlungsrunde
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24. Mai 2024 – Kaufen oder Nichtkaufen: alle andern Optionen sind für die Gemeinde vom Tisch. Der Quartierverein erwägt, seine eigene Initiative zur Ablehnung zu empfehlen, und der «Wilde Kaiser» will endlich Planungssicherheit. Nun stehen die finalen Gespräche mit der Besitzerfamilie Heer bevor.
Die Gemeindeversammlung vom 15. Juni 2023 hatte eine Einzelinitiative des Quartiervereins Zollikerberg gutgeheissen. Gemäss dem Wortlaut soll die Gemeinde «direkt oder indirekt sicherstellen, dass das Restaurant Trichtenhausermühle mit Saal im Zollikerberg erhalten bleibt».
Direkt, indem sie die Liegenschaft kauft, saniert und das Restaurant verpachtet. Oder indirekt, indem sie eine AG oder eine Stiftung gründet und ihr den operativen Betrieb des Restaurants übergibt. Im Gespräch war auch ein Vertrag (Servitut), bei dem die Familie Heer die Sanierungskosten übernehmen, das Restaurant auf eigene Rechnung weiterführen und gegen eine angemessene Entschädigung auf den geplanten und bereits bewilligten Umbau der «Trichti» in ein reines Wohnprojekt verzichten würde.
Mit der Annahme der Einzelinitiative begann der Abklärungs- und Verhandlungsprozess. Im Oktober schrieb die Besitzerfamilie die Trichtenhausermühle auf Homegate zum Verkauf aus, um den Marktwert zu testen. Derweil beauftragte die Gemeinde eine Bank mit der Schätzung der Liegenschaft, um eine Basis für ein seriöses Kaufangebot zu haben. Die Preisvorstellungen der beiden Parteien liegen weit auseinander.
Der «Wilde Kaiser» erwägt den Wegzug
Doch die Zeit drängt. Ende Jahr endet der Popup-Vertrag des Wirtes Christian Krahnstöver. Der «Wilde Kaiser» sagt, wenn er bis zu den Sommerferien nicht wisse, wie es in der «Trichti» weitergehe, müsse er sich anderweitig orientieren. «Ich habe im Moment sechs gute Optionen, um von Zollikon wegzuziehen, und ich trage für meine acht Mitarbeitenden eine unternehmerische Verantwortung.»
Im Zollikerberg gebe es für ihn derzeit keine Planungssicherheit, sagt Krahnstöver, «nur laufende Kosten zusätzlich zu den bereits investierten 80’000 Franken». Er wolle keine Schuldzuweisungen machen, stelle aber mit Erstaunen fest, dass man ihn nie in die Diskussionen des Quartiervereins und der Gemeinde mit einbezogen habe, obwohl er über reiche Erfahrung mit vergleichbaren Sanierungsprojekten verfüge.
Man habe das so gehandhabt, weil nicht der «Wilde Kaiser» Verhandlungspartner der Gemeinde sei, sondern die Besitzerfamilie Heer, erklärt der zuständige Gemeinderat Patrick Dümmler. Es wäre an ihr gewesen, Krahnstöver in den Entscheidungsprozess einzubinden. Inzwischen habe die Gemeinde mit dem Wirt ein Gespräch geführt, er sei nun auf dem gleichen Wissensstand wie der Quartierverein.
Kauf oder Nichtkauf – das ist die Frage
Als Gemeinderat habe er sich unmittelbar nach der Annahme der Initiative mit dem Quartierverein zusammengesetzt, um das weitere Vorgehen zu besprechen, sagt Dümmler. Seither habe man rund 20 Sitzungen abgehalten, Dutzende Gespräche mit Architekten, Planern und der Familie Heer geführt und die Vor- und Nachteile sowie die Kosten aller zur Diskussion stehenden Varianten überprüft. «Mit dem Ergebnis», so Dümmler, «dass alles auf eine Entscheidung hinausläuft, die Kauf oder Nichtkauf heisst – alle andern Varianten haben sich als nicht machbar erwiesen.»
Aus der Sicht der Familie seien durchaus noch mehrere Lösungen denkbar, unter denen der Verkauf keine Priorität habe, hält deren Sprecher dagegen. Allerdings habe man von der Gemeinde und dem Quartierverein seit drei Monaten nichts mehr gehört, «obwohl diese alle Informationen haben, um den nächsten Schritt einzuleiten». Bis heute habe die Gemeinde noch nicht klar gemacht, was sie wolle, aber man werde sich «sicherlich noch einigen».
Eine zusätzliche, bislang noch nicht diskutierte Möglichkeit sähe der Vertreter der Familie beispielsweise darin, wenn sich die Gemeinde mit einem namhaften Betrag an den Sanierungskosten beteiligen und es den Besitzern damit ermöglichen würde, das Restaurant weiterhin in eigener Regie zu verpachten und aus den bestehenden Wohnungen über dem Restaurant 5 bis 10 Hotelzimmer zu machen. Eine Geschäftsidee, der auch der «Wilde Kaiser» einiges abgewinnen könnte.
Gemeinderat Dümmler winkt ab: «Mit einem solchen Vorschlag würden wir uns an einer Gemeindeversammlung fast lächerlich machen und mit Sicherheit krachend scheitern». Es sei «nicht Aufgabe der Gemeinde, die Immobilien von Privatpersonen mit öffentlichen Geldern zu sanieren, ohne dafür selber ein Eigentumsrecht zu bekommen.»
Verständnis für die Familie
Aus Sicht der Gemeinde sei zentral, dass das Objekt gemäss den eigenen Schätzungen deutlich weniger wert sei als von den Eigentümern postuliert: «Der Schätzer schaut, was an Substanz da ist und was man investieren muss, um die Liegenschaft wirtschaftlich nutzen zu können, nicht mit Profit, aber wirtschaftlich sinnvoll.» Die Summe von Kaufpreis und Sanierungskosten liege derzeit deutlich über dem Preis, den man für das sanierte Haus auf dem Markt erzielen könnte. Die Differenz sei der Abschreiber, den die Gemeinde in Kauf nehmen müsste: «Je höher der Verkaufspreis, desto höher der Abschreiber.»
Dümmler signalisiert Verständnis für die Familie, «für die die historische Liegenschaft, die schon so lange in ihrem Besitz ist, einen hohen emotionalen Wert hat, den sie im Verkaufspreis abgebildet sehen möchte». Gleichwohl sei ein «massives Entgegenkommen nötig», um eine Einigung zu erzielen. Dümmler erinnert daran, dass die Kompetenz der Gemeindeversammlung bei 5 Millionen Franken liege, was darüber sei, müsse an der Urne entschieden werden, wo die Chancen auf Zustimmung sicherlich schlechter stünden. Man werde nun in eine weitere Verhandlungsrunde mit der Familie gehen, «aber irgendwann müssen wir den Sack zumachen».
Der Quartierverein ist noch unentschieden
Renate Diener, Co-Präsidentin des Quartiervereins sagt, die Zusammenarbeit mit der Gemeinde sei sehr gut verlaufen: «Wir hätten nicht erwartet, dass es bei diesem doch komplexen Geschäft so speditiv und konstruktiv vorangeht.» Man teile die Meinung Dümmlers – der Verkaufspreis müsse sich «noch deutlich nach unten bewegen, um der Gemeinde als neuer Besitzerin ein wirtschaftlich vertretbares Modell zu ermöglichen».
Diener sagt aber auch, «dass wir vom Quartierverein uns nicht anmassen wollen, in eigener Regie zu entscheiden, was der Bevölkerung die Trichtenhausermühle wert ist». Die Stimmberechtigten hätten das letzte Wort. Sie könnten bei einer Abstimmung ja auch sagen, ein hoher Preis für den Kauf und die Sanierung sei es ihnen wert, sie möchten die Trichtenhausermühle zu diesen Bedingungen als Restaurant erhalten. «Welche Option wir wählen – Rückzug der Einzelinitiative oder eine Vorlage an die Gemeindeversammlung oder an die Urne mit einer zustimmenden oder ablehnenden Empfehlung –, ist noch nicht entschieden.»
Klar sei jedoch, dass man Wert auf vollständige Transparenz lege: «Wir würden sicher nie einen Betrag für den Kauf und die Sanierung der Trichtenhausermühle nennen, der an der Gemeindeversammlung gerade noch so schön durchginge, und hinterher kommt dann noch ein zusätzliches Päckli.» (René Staubli)