Reines Opium für Schneeschuhläufer
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Edwin van der Geest: «Im Alpstein verzaubert der Winter die Landschaft. Die weissen Wände des Massivs mit der imposanten Nordwand des Säntis bilden die atemberaubende Kulisse für diese unverschämt schöne Schneeschuh-Wanderung.»
VON EDWIN VAN DER GEEST
Es beginnt mit einem Blind Date mit Sevi. Der Bergbegeisterte kontaktierte mich vor einiger Zeit via Blog, und so treffen wir uns heute zu einer ersten gemeinsamen Tour. Sie startet im eindrücklichen Lawinenkegel vor dem neuen Hotel auf der Schwägalp. Die Mauern der Gassen im Schnee überragen unsere Köpfe bei weitem. Wir schnallen unsere Schneeschuhe an und laufen uns warm. Es ist zweistellig kalt, aber windstill. Die hohe Säntiswand wird die Sonne noch bis zum Nachmittag von der Schwägalp fernhalten.
Wir wählen eine Direktroute und lassen die Siebenhütten rechts liegen. Durch die Bäume und über die Alp peilen wir im sanften Auf und Ab direkt die Chammhaldenhütte an. Auch wenn die Orientierung einfach ist, sind wir doch froh um die lilamarkierten Pfosten, die die Richtung anzeigen. Fünf Zentimeter Neuschnee haben einen kristallinen Teppich über die Spuren der Zivilisation gelegt.
Im Bruggerwald ragen die Markierpfosten nur noch wenige Zentimeter aus dem Schnee heraus. Wie steifgefrorene Gendarmen schauen uns die hochgewachsenen Tannen zu, wie wir zwischen den Stämmen hindurchwaten. Fast etwas unheimlich. Ich schmunzle, als ich an die Wanderung in der Gegenrichtung im Frühling 2015 zurückdenke, als es hier nach dem eisigen Winter wieder munter zu spriessen begann. Am Ende des Waldes begrüsst uns die Sonne. Herrlich!
Wir ziehen eine erste Schicht Kleider aus, denn nun steigt die Route an. Unterwegs statten wir dem reizvoll gelegenen Schutzenalphüttli einen kurzen Besuch ab, bevor wir die steilen 200 Höhenmeter am Landälpli vorbei zum Gratrücken unter die Füsse nehmen. Die Sonne scheint nun – entgegen dem Wetterbericht – wunderbar, aber ein kalter Wind gibt Gegensteuer. Die Schweissperle auf meiner Augenbraue gefriert.
Vom sanften Gratrücken, der eine wunderbare Sicht ins Toggenburg und ins Appenzell bietet, bis zum Kronberg ist es nun nicht mehr weit. Vorerst verleitet uns das kleine Hüttli bei Punkt 1575 zu einem ausgedehnten Bänklistopp. Wir setzen uns zu Franziska und haben uns alle viel zu erzählen. Dann zwingt die Kälte zum Weitergehen, die Konversation wird wenig später bei Siedwurst und Chäshörnli im Bergrestaurant fortgesetzt. Die kalten Finger prickeln noch, wärmen aber schnell auf.
Sevi nimmt nach dem Zmittag die Bahn vom Kronberg hinunter nach Jakobsbad, wir verabschieden uns wie alte Freunde. Ich entschliesse mich, zur Schwägalp zurückzulaufen. Die Sonne bescheint nun die ganze Route, insbesondere das Waldstück wird dadurch noch reizvoller.
Die Stars des Tages bleiben die weissen Wände des Alpsteins, ich kann mich nicht sattsehen. Als dann nach 15 Uhr auch noch Sonnenstrahlen über die vereisten Flanken gleiten, ist meine Begeisterung nicht mehr in Worte zu fassen.
Fazit: Eine leichte, markierte Schneeschuh-Tour, die an den Wochenenden stark frequentiert wird. Diesmal waren wir fast alleine. Was für ein Privileg!
PS: Auf der Rückfahrt musste ich nochmals anhalten um dieses Foto zu schiessen…
Anreise: Mit dem ÖV dauert die Fahrt via Gossau und Urnäsch knapp 2 ½ Stunden, mit dem Auto via Forchstrasse, Ricken, Wattwil und Appenzell 1 ½ Stunden.
Anforderung: 10,5 km, 593 m auf- und abwärts, 3 ½ Stunden (Hin- und Rückweg).
Route: PDF von Schweiz Mobil
Der Zolliker Edwin van der Geest ist ein begeisterter Wanderer. Er beschreibt regelmässig seine Lieblingstouren, die sich insbesondere für gut trainierte Wandersleute eignen.