Sascha Ullmanns Solarstrom-Kompetenz

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17. Dezember 2021 – Die Zumiker Solargenossenschaft würde in Zollikon gerne Photovoltaik-Anlagen bauen und betreiben. Gemeindepräsident Sascha Ullmann winkt ab und sagt, man mache das lieber selber und zapfe «sicherlich erst das eigene Knowhow an, bevor allenfalls Energiedienstleister hinzugezogen werden». Worin, so fragt man sich, besteht dieses «eigene Knowhow»?

Porträt Sascha Ullmann
Sascha Ullmann (Foto: Thomas Entzeroth/Gemeindewebsite)

Er und sein Amtskollege Martin Hirs hätten längere Erfahrung mit Photovoltaik-Anlagen, erklärte Gemeindepräsident Sascha Ullmann im gestrigen Artikel der «Zolliker News». Bei Bauvorsteher Hirs (SVP) ist die Sache klar: Als Verwaltungsrat der «Werke am Zürichsee» und VR-Präsident der Netzanstalt Zollikon hat er direkt mit Strom zu tun. Diese Mandate sind auf der Website der Gemeinde unter «Interessenbindungen» aufgelistet.

Weniger klar ist die Sache bei Gemeindepräsident Ullmann. Auf den ersten Blick deutet nichts auf «eigenes Knowhow» in Solarstrom-Angelegenheiten hin. Auf der Website sind 20 Verflechtungen aufgelistet bis hin zu seiner Mitgliedschaft im Vorstand der Toggenburger Gesellschaft für Höhlenforschung. Gleichwohl sagt Ullmann: «Meine Interessenbindungen auf der Homepage von Zollikon sind aktuell.»

Die Stromwerk AG

Auf der Website der Grünliberalen/Bezirk Meilen wird man fündig. Man erfährt dort nicht nur, dass die GLP mit Ullmann und Claudia Hollenstein ein neues Co-Präsidium hat. Sondern auch die Tatsache, dass der Zolliker Gemeindeprösident «seit 2009 mit zwei Firmen in der Planung und dem Bau von Photovoltaik-Anlagen sowie in der Produktion von Solarstrom engagiert» ist.

Die private Website von Sascha Ullmann wird ein wenig konkreter: «Seit 2009 Mitinhaber und Projektleiter der Stromwerk AG.»

Gemäss der Firmenwebsite befasst sich die Stromwerk AG «mit der Produktion von Solarstrom mit eigenen Solar­strom­anlagen in der Schweiz». Sie setze derzeit jedoch keine neuen Projekte um, «weil die Marktsituation für Solarkraftwerke in der Schweiz aufgrund von stark reduzierten Fördergeldern und tiefen Strompreisen zu schwierig geworden» sei. Laut Handelsamtsblatt (SHAB) war Ullmann bei der Gründung im Jahr 2011 Mitglied des Verwaltungsrats. Im selben Jahr meldete ihn das SHAB als Geschäftsführer. Im April 2013 schied er aus der Firma aus. Sind damit die Verbindungen gelöst?

Darauf angesprochen präzisiert Ullmann: Er sei «weiterhin relevanter Aktionär». Sein Ausscheiden diene der Kostenoptimierung. Nach der Katastrophe von Fukushima habe sich das Marktumfeld einschneidend verändert. Die neue Energiestrategie, verbunden mit staatlichen Subventionen und kürzeren Vertragslaufzeiten, sei für das Businessmodell der Stromwerk AG «tödlich» gewesen. Man habe deshalb «die Projektarbeit eingefroren und meine Funktion aufgehoben, um Fixkosten zu sparen». Die bestehenden Anlagen der Stromwerk AG, so Ullmann, «laufen weiter, sind in unserem Besitz, produzieren laufend Strom und bringen jährlichen Ertrag (z.B. Micasa Dübendorf), und unsere coole Gründer-Truppe bleibt agil, was künftige Opportunitäten anbetrifft. Unser Fokus bleiben rentable Eigenanlagen in der Schweiz.»

Die Helvit AG

Weitere Recherchen ergeben, dass es sich bei Ullmanns zweiten Unternehmen um die 2011 gegründete Helvit AG mit Sitz an seiner Privatadresse in Zollikon handelt. Er ist dort einziger Verwaltungsrat und verfügt über Einzelunterschrift. Auf der Website der Gemeinde sind keine Angaben zum Geschäftszweck der Firma zu finden. Ullmanns Rolle wird pauschal kategorisiert: «Tätigkeiten in Führungs- und Aufsichtsgremien sowie ähnlichen Gremien von kommunalen, kantonalen, schweizerischen und ausländischen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des privaten und öffentlichen Rechts.»

Die Helvit AG bezweckt laut Handelsregister «die Entwicklung, Planung, Erstellung und den Verkauf von energietechnischen Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energieressourcen». Ullmanns private Firma ist also – wie die Stromwerk AG – im Solarstromgeschäft tätig. Geschäftszahlen publiziert sie keine.

«Zollikon profitiert von meinem Wissen»

Deshalb die schriftliche Frage an Ullmann: «Besteht bei dieser Konstellation nicht die Gefahr der Vermischung von privaten unternehmerischen Interessen mit Ihrer Arbeit als Gemeindepräsident, wenn es um die Ausrüstung von Zolliker Gebäuden mit Solaranlagen geht?»

Ullmann antwortet per Mail: «Es wäre wohl sehr unklug, mir selber über die Gemeinde Geschäfts­optionen zuzuhalten. Vielmehr kann die Gemeinde von meinem Wissen profitieren; ich weiss, wie man bei Anbietern die richtigen Fragen stellt. Diese Kombination ist in unserem Milizsystem nicht selten: Militär, Feuerwehr oder eben in einer Behörde (die Baubehörde ist bei Architekten übrigens nicht ganz unbeliebt.) Ich hoffe, Sie stellen diesen Milizgedanken nicht grundsätzlich infrage, solange keine Insidergeschäfte damit verbunden sind.»

«Alternativ», so Ullmann, der wie seine Kolleginnen und Kollegen im Zolliker Gemeinderat nebenamtlich tätig ist, «könnten wir teure Berater engagieren, die meist weniger vom Markt verstehen, aber sicher mehr kosten. Mein Honorar hingegen ist in den 55’000 Franken Pauschalentschädigung als Gemeindepräsident inbegriffen».

Wie Ullmann richtig feststellt, werden Auftragsvergaben des Gemeinderats öffentlich kommuniziert. «Wenn Sie darin eine Firma von mir erkennen», schreibt Ullmann, «können Sie mich gerne an der Nase nehmen». Sein Anliegen sei es, dass man in Zollikon «ökonomisch gescheite Photovoltaik-Anlagen» baue. Mit dem vorhandenen Fachwissen sei dies «zeitnah gut möglich». (rs)

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