Viel Wind um nichts
1 KOMMENTARE
30. November 2023 – Die lebhafteste Auseinandersetzung wurde an der Gemeindeversammlung um das Thema Windkraft geführt. Der wichtigste Entscheid der rund 170 Anwesenden war das deutliche Ja zur Steuerfussreduktion um 3 Prozent und zum Budget 2024. (1 Kommentar)
30. November 2023 – Die lebhafteste Auseinandersetzung wurde an der Gemeindeversammlung um das Thema Windkraft geführt. Der wichtigste Entscheid der rund 170 Anwesenden war das deutliche Ja zur Steuerfussreduktion um 3 Prozent und zum Budget 2024.
Stephan Geiger von der SVP war angetreten, um den Bau von Windkrafträdern in Zollikon mittels Einzelinitiative zu verhindern. Edwin Fuchs vom Forum 5W schritt zum Mikrofon, um Geigers Argumente lustvoll zu zerzausen. Daraufhin machte Kantonsrätin Corinne Hoss-Blatter (FDP) klar, dass sich die beiden Herren ein Spiegelgefecht lieferten – weil das Ansinnen Geigers, den Abstand zwischen Windkraftanlagen und Wohnhäusern auf 700 Meter festzulegen, an der kantonalen Rechtsprechung scheitern würde. Viel Wind also um nichts. Aber rhetorisch gesehen war die Debatte um die Windkraftanlagen im Zolliker Wald ein Vergnügen.
Von Eisbrocken und geköpften Vögeln
Geiger warnte vor mächtigen Lastwagen, die 150 Meter lange Rotorblätter auf geteerten Zufahrtsstrassen durch den Zolliker Wald karren, vor massiven Betonfundamenten, die jede Biodiversität erdrücken, und vor Rotorblättern, die Eisbrocken durch die Gegend schleudern und Vögel köpfen würden.
Fuchs hatte ebenfalls recherchiert und legte dar, dass wesentlich mehr Vögel von Katzen gefressen werden oder in Fensterscheiben fliegen würden, dass er auch nicht verstehe, wie eine Partei vor ein paar Betonfundamenten im Zolliker Wald warnen könne und gleichzeitig zusätzliche Autobahnen und Atomkraftwerke bauen wolle.
Er sei durchaus ein Freund der Energiewende, aber einer sinnvollen, sagte Geiger. Er sei ein Freund des technologischen Fortschritts und rechne bis in zehn Jahren mit kleineren, effizienteren Windturbinen, hielt Fuchs dagegen. Da trat die 27jährige GLP-Vertreterin Nicole Wächter ans Mikrofon und rundete das Rededuell magistral ab: «Ich wünsche mir eine smarte Gemeinde, die sich – wenn ich 40 bin – selber mit Energie versorgt.»
Alles in allem war der Streit um die Zolliker Windräder ein Beispiel für demokratische Debattierkunst. Allein dieses Traktandum war den Besuch der Gemeindeversammlung wert.
Die unausgegorene Treppe
Ein weiterer Streitpunkt war der geplante Bau einer Treppe von der Tiefgarage und dem Gemeindesaal hinauf auf den Dorfplatz. Markus Meienberg aus dem Kleindorf zeigte im Bild, was die Folge der angedachten Lösung wäre: etliche Sitzplätze der «Zollikerstube» würden wegfallen, und zwar genau dort, wo die Menschen bei heissem Wetter gerne unter den Sonnenschirmen sitzen. Er beantragte die Streichung der veranschlagten Kosten von 950’000 Franken aus der Investitionsrechnung 2024 und sagte: «Es ist nicht einzusehen, warum es überhaupt eine solche Treppe und neue Fluchtwege braucht – es ist doch 35 Jahre lang nichts passiert!»
Die Fluchtwege brauche es, weil die kantonale Gebäudeversicherung vorbeigekommen sei und Mängel gerügt habe, erwiderte Liegenschaften-Vorstand Patrick Dümmler (FDP). Wenn die Gemeinde nichts unternehme, sei sie im Unglücksfall haftbar. Mit der jetzigen Variante sei der Gemeinderat aber auch nicht zufrieden, er gehe nochmals über die Bücher und suche eine bessere Lösung. Das Versprechen tat seine Wirkung. Der Antrag auf Streichung der knappen Million aus der Investitionsrechnung 2024 wurde mit 89 zu 61 Stimmen abgelehnt.
Viktor Sauters Mahnfinger
Was gibt es noch zu berichten? Die Steuerfuss-Senkung von 79 auf 76 Prozent wurde ebenso angenommen wie die Investitionsrechnung und das Budget 2024 von Finanzchefin Sylvie Sieger (FDP). Bei Ausgaben von 212 Millionen und Einnahmen von 206 Millionen resultiert im nächsten Jahr ein Defizit, das die solide Gesamtrechnung problemlos verkraftet. RGPK-Präsident Viktor Sauter mahnte dennoch (wie immer) zum Sparen, und sagte, er hätte es begrüsst, wenn «das 200-Millionen-Unternehmen Gemeinde» per Ende November fähig gewesen wäre, einen provisorischen Jahresabschluss vorzulegen. Die Basis für den Entscheid zur Steuersenkung wäre solider gewesen.
Frohe Kunde schliesslich für die Bewohnerinnen und Bewohner des Sennhofquartiers: Der Bus 910 fährt ab dem 15. Dezember 2024 auch abends nach 19 Uhr und am Wochenende bis vor die Haustür, statt schon im Zollikerberg zu wenden. Die Retourfahrt geht dafür nicht mehr direkt zum Bahnhof Tiefenbrunnen, sondern via Dufourplatz zum Bahnhof Zollikon. Wer will, kann am Dufourplatz nahtlos in den 916er umsteigen oder am Bahnhof Zollikon in die S16 (beide Richtungen).
Ah ja, noch dies: Unverbesserliche Optimisten hatten gehofft, dass sich die Schulpräsidentin Claudia Irniger (FDP) dafür entschuldigen würde, dass sie ihrem Schulpflegekollegen Rui Biagini (GLP) im Juni zu Unrecht eine Amtsgeheimnisverletzung unterstellt hatte. Fehlanzeige. (bl/rs)
Hier geht es zu den Powerpoint-Präsentationen des Gemeinderats
1 KOMMENTAR
Ich danke den ca. 20 Stimmberechtigten, welche die Initiative Geiger zwar unterstützten, aber anschliessend der Zwängerei der SVP, die die Initiative an die Urne bringen wollte, den Support verweigerten. Der Antrag auf einen Urnengang ist ein legitimes Mittel, aber dies bei einem Resultat von 111:56 einzufordern, erweckt eher den Eindruck eines schlechten Verlierers. Diese rund 20 Stimmberechtigten haben ein intaktes Demokratieverständnis.