«Wir haben uns arrangiert oder resigniert»
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13. Februar 2024 – Am 3. März findet die Abstimmung über die Pistenverlängerungen am Flughafen Kloten statt. Welche Bilanz ziehen die BewohnerInnen im Zollikerberg nach 20 Jahren Südanflug? Wir haben in den Quartieren Sennhof und Oberhueb eine schriftliche Umfrage gemacht. (2 Kommentare)
13. Februar 2024 – Am 3. März findet die Abstimmung über die Pistenverlängerungen am Flughafen Kloten statt. Welche Bilanz ziehen die BewohnerInnen im Zollikerberg nach 20 Jahren Südanflug? Wir haben in den Quartieren Sennhof und Oberhueb eine schriftliche Umfrage gemacht.
Renate Diener, Co-Präsidentin des Quartiervereins Zollikerberg, fasst die Grundstimmung so zusammen: «Wir haben uns arrangiert oder vielleicht auch resigniert.» Ändern oder sogar verbessern lasse sich die Situation nicht mehr: «Wir sind froh, wenn es nicht schlimmer kommt (Südstarts!).» Natürlich könne man mit geschlossenen Fenstern schlafen bzw. frühmorgens die Fenster schliessen und im besten Fall weiterschlafen. Störend seien jedoch die zunehmenden, unerklärlichen «Ausnahmen» spätabends zur Einschlafzeit: «Als Laien können wir nicht einschätzen, weshalb schon wieder und zu immer noch späterer Nachtzeit angeflogen wird.»
«Frontalangriff auf die Luftfahrt»
Auf politischer Ebene wird seit Wochen mit harten Bandagen gekämpft. Die FDP-Nationalrätin Regine Sauter, Präsidentin von Aviationsuisse, äusserte sich im «Tages-Anzeiger» geradezu kriegerisch: «Fakt ist, dass die Pistenverlängerungen die Sicherheit und die Pünktlichkeit verbessern, die Lärmbelastung insgesamt reduzieren und allen Anwohnenden mehr Nachtruhe bringen. Dass man trotzdem gegen die Pistenverlängerungen ist, kommt somit einem Frontalangriff auf die Luftfahrt gleich.»
Die SP-Nationalrätin Priska Seiler Graf, wohnhaft in Kloten, blieb die Antwort an gleicher Stelle nicht schuldig: «Die Flughafen Zürich AG plant selbst mit einem massiven Anstieg der Passagierzahlen von heute rund 30 Millionen auf bis zu 50 Millionen im Jahr 2040. Da sind die Beteuerungen, es gehe wirklich nur um Sicherheit und nicht um einen Kapazitätsausbau, schlicht unglaubwürdig.»
Zollikerberg ist «massiv betroffen»
Zu den Befürwortern des Ausbaus gehört auch der «Verein Flugschneise Süd – Nein». Geschäftsführer Edi Rosenstein begründet die Zustimmung mit der Hoffnung auf eine Reduktion der Südanflüge. Den Zollikerberg bezeichnet er als «eines der am massivsten vom Fluglärm betroffenen Gebiete». Das belegen die in Zumikon erhobenen täglichen Messdaten mit Spitzen bis zu 70 Dezibel – was dem Lärm eines Staubsaugers entspricht, der bei Nacht im Schlafzimmer eingeschaltet wird.
Spätestens vier Kilometer vor dem Pistenanfang müssen sich die Flieger auf dem ILS-Strahl einreihen (blaue Linie auf der Karte), über dem Zollikerberg kann der Kurs noch geringfügig abweichen (rote Linie). In beiden Fällen führen die Anflüge mehr oder weniger direkt über die Oberhueb und den Sennhof. Wir haben in diesen beiden Quartieren in 100 Briefkästen einen Flyer gesteckt und gefragt, wie die Adressatinnen und Adressaten mit dem Fluglärm zurechtkommen.
Hier eine Auswahl positiver und kritischer Äusserungen (wir haben den Teilnehmenden Anonymität zugesichert):
- «Ich finde es immer noch eine Unverschämtheit, wie uns dieser tagtägliche, leidige, massive Fluglärm aufgezwungen wurde – in der Hoffnung, dass wir Betroffene uns daran gewöhnen und uns ergeben. Manchmal werden wir bis um Mitternacht ‹terrorisiert›, es ist eine Frechheit! Zudem hat es auch unsere Liegenschaften ein Stück weit entwertet, und Entschädigung ist natürlich kein Thema.»
- «Der Fluglärm stört uns als frisch Zugezogene gar nicht. Im Gegenteil, hier zu leben empfinden wir als Privileg. Der erste Vogel kommt fast jeden Tag pünktlich, und ich weiss: ‹Judihui – es ist 6 Uhr!› Manchmal denke ich auch ‹Aha – schon 6 Uhr?!?› Wer selber in ein Flugzeugt steigt, kann nicht erwarten, dass dieser Lärm nur ‹irgendwo› stattfindet.»
- «Im Winter geht es, aber im Sommer stört mich der Fluglärm immer noch sehr, denn er ist teilweise massiv. Am meisten stören mich die späten Flieger zwischen 23 und 23.30 Uhr. Wenn man bedenkt dass der erste schon wieder um 6 Uhr kommt, finde ich die Nachtruhe sehr, sehr kurz. Ich fühle mich um den Schlaf betrogen.»
- «Ich wohne in der Oberhueb und kann die Aufregung nur sehr beschränkt verstehen. Wenn man in der Verlängerung einer Piste eines internationalen Flughafens wohnt, muss man davon ausgehen, dass es zu Lärmbelastungen kommen kann. Wenn ich abends mit dem Gedanken ins Bett gehe, dass mich am Morgen um 06.04 Uhr ein Flugzeug weckt, dann ist das auch so, will heissen, mit der richtigen Einstellung kann man auch mit dieser Unannehmlichkeit umgehen.»
- «An die Südanflüge haben wir uns gar nicht gewöhnt, ganz im Gegenteil. Es wird jetzt noch mehr geflogen als vor der Pandemie, und die gesetzlichen Nachtruhen werden immer öfter missachtet. Knapp sechseinhalb Stunden Nachtruhe sind eindeutig zu wenig und können sich negativ auf die Gesundheit auswirken.»
- «Da das Quartier Sennhof-Oberhueb sehr ruhig ist, hört man die Flieger besonders gut, der Lärm widerhallt sogar am Waldrand. Im Frühling und Sommer vermisse ich morgens das Vogelgezwitscher sehr, das man halt bei geschlossenem Fenster nicht mehr hören kann. Ich bin überzeugt, dass diese Fluglärmsituation mein Leben beeinflusst hat und immer noch beeinflusst. Ich bin lärmempfindlicher oder intoleranter gegenüber andern und gegenüber Lärm geworden.»
- «Als wir vor etwas mehr als zehn Jahren hierher zogen, malten uns im Dorf ansässige Bekannte den Teufel an den Wand. Es war die erste Begegnung mit dem, was ich als den Zolliker Hang zur Dramatisierung von allem und jedem bezeichnen möchte. Nach meiner Beobachtung ist es bei vielen eine reine Einstellungssache: Man will sich durch die Flugbewegungen gestört fühlen. Also fühlt man sich gestört. Man kann auch noch anfügen, dass ich noch nie an einem Ort gelebt habe, wo so viele Leute regelmässig mit dem Flugzeug in die Ferien verreisen – Frühling, Sommer, Herbst und zwischendurch dann noch eine Weekend-Shopping-Tour irgendwo in Rom oder Paris oder Berlin. Da dünkt mich das Lamentieren über den Fluglärm nicht mehr bloss dramatisierend, sondern schon ziemlich heuchlerisch.»
- «Wir sind eine dreiköpfige Familie. Die Morgenflüge empfinden wir nicht mehr als störend. Manchmal hören wir sie, manchmal nicht – dies sowohl unter der Woche (wo wir eh um 6 Uhr aufstehen) wie auch am Wochenende, wenn wir ausschlafen. Weil wir bei schönem Wetter gerne draussen sind, stören uns die Abendflüge sehr, vor allem an den Wochenenden im Sommer ab 20 Uhr. Bei jedem Anflug müssen wir das Gespräch unterbrechen. Diese Flüge belasten die Wohnqualität in unseren Augen erheblich.»
- «Ich habe einmal sehr sehr deutlich das ‹Ablassen› von Kerosin in meinem Garten zu spüren bekommen. Ich wurde unfreiwillig geduscht und bin irritiert ins Haus gelaufen. Das war gar nicht schön! Wir hoffen stark, dass bei einer Pistenverlängerung das Thema Südstarts vom Tisch ist. Südstarts wären eine enorme Belastung für uns.» (rs)
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vor 50 jahren bin ich in ein kleines ruhiges bergdorf gezogen!
wenn ich heute eine ruhige minute suche , dann muss ich sehr gute ohrenstöpsel nehmen.
rund um die uhr
wird heute gebläsert( anstatt gerecht)
holz gesägt
heu ställe belüftete( alles über den erlaubten dezibels)
mit dem heli die alpen bedient, oder holztransporte gemacht.
als gipfel des ganzen zerschneidet ein grauenhafter ton der militärflieger die luft was von einer bergseite zur andern schmerzhaft laut ist.
ruhe gibt es heute nur noch !!! ich denke nach dem tod😉
aber erst möchte ich nun doch noch leben
Die Bewohner aus dem Süden können klar Ja stimmen – aus folgenden Gründen:
1. die Südanflüge wurden vor rund 20 Jahren gegen damals gegen geltendes Recht eingeführt. Im Raumplanungsgesetz war im Süden KEINE Flugroute eingetragen, wogegen für die anderen Himmelsrichtungen sehr wohl. Gutgläubige Bewohnen konnten annehmen, dass keine Flugrouten eingeführt werden – entsprechend waren auch die Liegenschaftspreise resp. die Mieten höher.
2. das Umweltschutzgesetz sieht schweizweit vor, dass die Anzahl betroffene Personen minimiert wird. D.h. gilt auch für Lärm. Der Süden ist um ein X-Faches stärker bevölkert als die anderen Himmelsrichtungen. Eine Person die Ja sagt, hat nichts gegen andere Himmelsrichtungen – es ist klare Vernunft Lärm zb kanalisieren und nicht zu verteilen.
3. die Pistenverlängerungen dient nach klaren Aussagen der Regierung wie auch des Kantons NICHT der Kapazitätserweiterungen sondern der Sicherheit.
deshalb ein klares JA – wie von Regierungsrat und den Gemeinden incl. Zollikon empfohlen.