«Wir müssen uns besser verkaufen»

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24. März 2025 – Bernhard Ecklin ist zum neuen Präsidenten der SVP Zollikon gewählt worden. Er skizziert, wie die Volkspartei in der Gemeinde wieder an Bedeutung gewinnen könnte: sich zeigen und Knochenarbeit leisten. Trotz Mehrbelastung findet er Zeit für seine Leidenschaft, die deutsche Lyrik.

Bernhard Ecklin auf seinem Balkon bei den Fussballplätzen im Riet (Fotos: ZN)
Bernhard Ecklin auf seinem Balkon bei den Fussballplätzen im Riet (Fotos: ZN)

VON RENE STAUBLI

Bernhard Ecklin, Sie waren in Zollikon acht Jahre lang Gemeinderat. 2022 stellten Sie sich nicht mehr zur Wahl und sagten, Sie wollten nun den Ruhestand geniessen. Um so überraschender das Comeback als Präsident der SVP-Ortspartei. Was hat Sie dazu bewogen?

Die Umstände. Es gab ausser mir niemanden, der genügend Zeit gehabt hätte, um die Aufgabe so wahrzunehmen, wie wir es uns als Partei vorstellen.

Ist es Ausdruck von Personalnot bei der SVP, dass Sie das Amt übernommen haben?

Das kann man so nicht sagen. Wir sind mit rund 60 Mitgliedern die zweitgrösste Zolliker Partei hinter der FDP und mit 9 Vorstandsmitgliedern an der Spitze gut aufgestellt. Aber das Präsidium ist mit Mehrarbeit verbunden, die nicht alle leisten können oder wollen.

Die SVP hat eine schwierige Phase hinter sich: 2022 hat sie sämtliche Behördenämter verloren. 2023 trat Thomas Gugler als Präsident ab, nun geht auch sein Nachfolger Stephan Geiger. Wie erklären Sie diese fehlende Kontinuität?

An unseren politischen Überzeugungen haben die personellen Wechsel nichts geändert. Die wichtigste Kontinuität ist die politische, die Leute wissen nach wie vor, wofür wir stehen. Thomas Gugler hat als Präsident den Karren jahrelang gezogen; es ist nur verständlich, dass so jemand auch mal sagt, es sei jetzt genug. Stephan Geiger tritt demnächst eine neue Stelle an, die ihn sehr fordern wird.

Bei Kantonsrats- und Nationalratswahlen ist die SVP jeweils klar die stärkste Zürcher Partei. Auch in Zollikon hat sie bei den letzten Kantonsratswahlen nach der FDP am zweitmeisten Stimmen bekommen. Und trotzdem ist sie in keiner einzigen Gemeindebehörde vertreten. Wie erklären Sie sich diese Diskrepanz?

Wir sind selber verantwortlich für unsere Situation und können die Schuld nicht Anderen zuschieben. Aber es ist nun einmal so, dass Zollikon jahrzehntelang alleiniges FDP-Land gewesen ist, und das wirkt bis heute nach. Ulrich Bremi war die grosse Figur dieses Zeitalters…  

…damals prägte PR-Berater Klaus Stöhlker den Begriff von Zollikon als «Vatikan des Freisinns»…

Ja genau. Mit diesem Phänomen mussten und müssen wir noch heute umgehen. Auf einen einfachen Nenner gebracht: der Grossteil der Leute, die FDP wählen, machen auf den Wahlzetteln ihr «Chrüüzli» seit Jahren dort und bleiben ihrer Gewohnheit treu. Das ist die geschichtliche Seite. Anderseits sind wir kantiger und kompromissloser als die FDP, was auf Gemeindeebene offenbar nicht allzu gut ankommt. Man darf allerdings nicht vergessen, dass Behördenwahlen immer auch Personenwahlen sind. Als wir seinerzeit Jürg Widmer für den Gemeinderat aufstellten, den im Dorf bekannten und respektierten Gartenbau-Unternehmer, wurde er anstandslos gewählt.

Er hatte ja auch das ganze Zolliker Gewerbe hinter sich und war eine populäre Figur. Ist der mangelnde Erfolg der SVP auf Köpfe zurückzuführen, die zu stark polarisieren?

Ehrlich gesagt: ich weiss es nicht genau. Man könnte ja jetzt argumentieren, Martin Hirs und ich seien damals breit akzeptiert gewesen, als wir in den Gemeinderat gewählt wurden. Ich bekam aber nur 300 Stimmen mehr als Valentin Kuster von der SP, übrigens ein sehr feiner Kerl. Das war reiner Zufall, für das Ergebnis war möglicherweise der Zolliker «Anti-SP-Reflex» entscheidend, während viele im Sportclub für mich stimmten, weil ich Fussball spielte.

Von den insgesamt 29 gewählten Zolliker Behördenmitgliedern sind am Ende der letzten Legislatur deutlich mehr als die Hälfte zurückgetreten. Was sagt das über unser Milizsystem aus?

In der Politik spielt das «System Laternenpfahl»: Oben leuchtet man, unten wird man angepinkelt. Das können offensichtlich nicht alle akzeptieren; die Frustrationsgrenze ist gesunken. Aber Kritik gehört meiner Meinung nach dazu, weil es die Essenz der Politik ist, dass alle ihre Meinung äussern dürfen. Kommt dazu, dass der heutige Arbeitsmarkt höhere Anforderungen stellt als früher und es manchmal unmöglich macht, ein Milizamt längere Zeit auszuüben.

In einem Jahr gibt es in Zollikon wieder Wahlen. Welche Ziele setzen Sie sich?

Weil wir dieses Thema erst an der nächsten Vorstandssitzung besprechen, kann ich hier nur meine persönliche Meinung äussern. Ich hoffe zunächst, dass unsere Kandidatin Ute Krieger am 18. Mai in die Rechnungs- und Geschäftsprüfungskommission gewählt wird. Meine Traumvorstellung wäre, dass nach den kommenden Wahlen in jeder Behörde ein guter Mix vorhanden ist, der die politischen Kräfte in der Bevölkerung abbildet.

Das ist derzeit nicht der Fall: die FDP dominiert seit Jahren. Ist das zum Besten der Gemeinde?

Zuerst einmal: «Bravo FDP!» Eine so konstante Position muss man sich erarbeiten. Dass die Dominanz zum Besten der Gemeinde ist, finde ich nicht. Aber wohlverstanden: das ist weder ein «Bashing» der FDP noch der Zolliker Stimmbevölkerung. Wir von der SVP müssen unsere Politik und unsere Kandidaten halt besser verkaufen.

Was haben Sie im Wahljahr konkret vor?

Wir müssen uns wieder auf das Einmaleins des erfolgreichen Wahlkampfs besinnen: von Haus zu Haus gehen und an den Türen klingeln, Briefe versenden, die Leute anrufen, Standaktionen durchführen, sich in der Öffentlichkeit präsentieren, persönliches Engagement zeigen, kurzum: Knochenarbeit leisten.

Was ist mit den Inhalten?

Wir dürfen unseren Wertekompass nicht in den Wind hängen und bei Schlüsselthemen von unserem politischen Programm abweichen. Es zahlt sich nicht aus, ein bisschen Wasser in den eigenen Wein zu schütten, um ein paar Wähler aus anderen Lagern anzulocken. Das rächt sich und ist für eine Partei tödlich.

Ihr Sohn Régis ist Vizepräsident der SVP Zollikon. Er verfasst angriffige Kolumnen in der «Weltwoche» und im «Nebelspalter». Kürzlich schrieb er, Elon Musk habe die Plattform X zu einem «Hort des freien Meinungs- und Informationsaustauschs gemacht». Wäre er als Präsident nicht die schärfere SVP-Waffe gewesen als Sie?

Régis will und kann sich nicht zusätzlich engagieren. Er ist begeistert von seinem Beruf als Sekundarlehrer in Herrliberg. Daneben hat er noch ein kleines Pensum bei der PR-Agentur von Gregor Rutz, unserem Nationalrat und Vorstandsmitglied der SVP Zollikon. Überdies ist er seit Jahren in der Zolliker Feuerwehr. Er führt in unserem Vorstand das Protokoll und beteiligt sich an Aktionen. Als Vater muss ich sagen: er kann schreiben und hat die Schärfe der Jugend, die bei mir vielleicht ein wenig der Altersmilde gewichen ist.

Im Parteiprogramm für die Legislatur 2022-2026 forderte die Zolliker SVP einen verantwortungsvollen Umgang mit Steuergeldern. Welches Zeugnis stellen Sie dem Gemeinderat diesbezüglich aus?

Die Gemeindekasse ist gut gefüllt. Wir haben uns mit vereinten Kräften aus der Schuldenfalle befreit. Das ist wunderbar, und das wollen wir auch würdigen. Wenn wir nun aber das Gefühl haben, wir könnten uns alles leisten oder die Kontrollen lockern, wird es sehr schnell gefährlich.

Sehen Sie diese Tendenz?

Die Fehlplanung bei der laufenden Sanierung der Sportanlage Buechholz ist ein Alarmzeichen. Es gab bei der Gemeinde niemanden, der die beauftragte Firma ausreichend kontrollierte. Bei solchen Projekten kann man nicht einfach sagen: uns fehlt intern das Knowhow zur Kontrolle, wir geben die Aufsicht extern. Ein Vorbild ist für mich diesbezüglich immer noch der ehemalige FDP-Gemeinderat Urs Fellmann, der als Finanzchef das 56-Millionen-Projekt Blumenrain ohne eine Stunde Verspätung und ohne einen Franken Mehrkosten abschloss, indem er vier, fünf Jahre lang alles knallhart kontrollierte. Natürlich hatten wir im damaligen Gemeinderat auch externe Experten, aber wir haben alle zwei Wochen eine Sitzung gehabt, bei der der Projektstand diskutiert worden ist.

Bauchschmerzen bereitete der SVP auch der Entscheid des Souveräns, bei der Sanierung der Schwimmanlage Fohrbach mit der grossen Kelle anzurichten.

Wir haben uns für die teuerste Variante mit Restaurant entschieden, obwohl das Risiko meines Erachtens gross ist, dass dieser Betrieb nicht funktionieren wird. Mit solchen Entscheiden besteht die Gefahr, dass wir wieder dort landen, wo wir im Jahr 2011 waren, als die Gemeindeversammlung das Budget ablehnte und der Kanton meines Wissens zum ersten Mal einer Zürcher Gemeinde ein Notbudget aufs Auge drücken musste.

Als Präsident werden Sie viel Zeit aufwenden müssen, um die Zolliker Politik eng zu verfolgen. Müssen Sie deswegen einen Teil Ihrer Hobbys aufgeben?

Im Gegenteil, unter Druck nütze ich meine Zeit wieder viel intelligenter, und weil ich früher aufstehe, lese ich sogar wieder mehr. Für mich schliesst sich da gerade ein Kreis: Als ich die Buchhändlerlehre machte, hatte ich noch keinen übertrieben grossen Zugang zu den literarischen Werken. Jetzt entdecke ich plötzlich, wie fantastisch sie sind.

Was lesen Sie denn am liebsten?

ich bin ein absoluter Thomas-Mann-Verehrer und mag auch Theodor Fontane. Lyrik interessiert mich ganz besonders, Rainer Maria Rilke ist mein Leitstern. Es ist einfach wunderbar, wie er die Sprache beherrscht, was mich auch deshalb beeindruckt, weil ich erst mit 11 Jahren Deutsch gelernt habe.

Was war denn vorher?

Ich bin in Bogotá geboren, der Hauptstadt Kolumbiens. Meine Mutter war Französin, zuhause redeten wir Französisch und Spanisch. Wir wohnten zwei Jahre in Bogotá, dann zwei Jahre in Guatemala und sechs Jahre in San Salvador, ehe wir in die Schweiz kamen. Dass ich schnell und gut Deutsch lernte, lag an einem tollen, pensionierten Sekundarlehrer. Ich erinnere mich noch gut, dass es in seinem Haus immer fein nach Äpfeln roch, dass er Pfeife rauchte und einen schönen Pelikanfüller hatte. Ich war kein besonders guter Schüler in Mathe, aber für die deutsche Sprache hat mich dieser Lehrer begeistert.

Grosse Begeisterung für die Lyrik von Rainer Maria Rilke
Grosse Begeisterung für die Lyrik von Rainer Maria Rilke

Bernhard Ecklin lebt seit 1969 in Zollikon. Er besitzt den Master of Science in Marketing, ist verheiratet und hat zwei erwachsene Kinder. Beruflich war der gelernte Buchhändler und Absolvent der Lausanner Hotelfachschule viele Jahre für die Swissair, die SBB, den Kanton Zürich und die Berner Fachhochschule tätig.

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