«Wir stehen ganz am Anfang des Prozesses»

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12. April 2024 – Gemeinderat Patrick Dümmler hielt gestern Abend beim Quartierverein einen mit Spannung erwarteten Vortrag. Zwei Kernsätze bleiben haften: «Wir wollen die Ortskernentwicklung zusammen mit der Bevölkerung anpacken» und «Wir stehen ganz am Anfang des Prozesses.»

Bautätigkeit auf der Roswies: derzeit nur von Privaten (Fotos: ZN)
Bautätigkeit auf der Roswies: derzeit nur von Privaten (Fotos: ZN)

Die harten Fakten: Die Gemeinde hat per Anfang März 2024 einen Architekten angestellt, der sich hauptsächlich um die Entwicklung der Zolliker «Hotspots» Zentrum Zollikerberg, Dorfzentrum Beugi, Seeuferpartien und Altersheim am See kümmern wird. Und zwar in dieser Reihenfolge. Dümmler sagte, die Entwicklung des Zentrums Zollikerberg habe nun Priorität – noch vor dem Zentrum im Dorf.

Das laufende Projekt Trichtenhausermühle (der Erhalt der «Trichti» als Restaurant und Begegnungsort) habe den Gemeinderat allerdings zurückgeworfen. Es binde in seiner Liegenschaften-Abteilung so viele Ressourcen, dass eine externe Verstärkung unumgänglich geworden sei, um auch die anderen Pläne voranzutreiben.

Bezüglich Zollikerberg definiere der Gemeinderat derzeit, «wie und wann die verschiedenen Interessengruppen einbezogen werden sollen». Eine Möglichkeit wäre die Bildung eines Projektausschusses. Denkbar wäre laut Dümmler auch ein digitales Mitwirkungsverfahren der interessierten Bevölkerung. Dieser Prozess starte noch in diesem Jahr. Für 2025 erwarte er erste Ergebnisse.

Historischer Exkurs

Patrick Dümmler

Seinen Vortrag eröffnete Dümmler in Anlehnung an den gewählten Titel «Visionen zur Zukunft des Areals Roswies» mit einem Bonmot des ehemaligen deutschen Bundeskanzlers Helmut Schmidt, der einst sagte: «Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen.» Unrealistische Pläne würden auf dem Zollikerberg nicht verfolgt. Der Liegenschaftenvorsteher packte das Thema von der historischen Seite her an und zeigte zunächst alte Karten und Luftaufnahmen von 1930 bis 1965, auf denen die zuerst langsame und dann sprunghafte Entwicklung des Zollikerbergs gut zu sehen war: Die Siedlungsteile wurden grösser und frassen die meisten Landreserven auf, ohne dass ein Mittelpunkt entstand.

Heute stehen noch zwei Flächen zur Entwicklung eines Zentrums zur Verfügung: Die Roswies (die grosse Wiese mit der Scheune) und das Geviert neben dem Restaurant Rosengarten, in dem das Quartierzentrum, der Chramschopf und das Gerenhaus stehen. Neue Häuser auf diesen Parzellen dürften 13,5 Meter hoch werden, also vierstöckig, eine hohe Verdichtung wäre vom Gesetz her möglich.

Roswies und Areal mit Gerenhaus und Freizeitzentrum (Abb.: pd)
Rot umrandet: Roswies (oben) und Areal mit Gerenhaus und Freizeitzentrum (Abb.: pd)

Die grossen Fragen lauten: Was will die Gemeinde? Und was will die Bevölkerung? Dümmler warf zur Animation Stichworte an die Projektionswand: Gewerbe, Alterswohnungen, Renditeliegenschaften, Gemeinnützigkeit, Parkanlage, Streichelzoo, Durchmischung, Identitätsort, Einkaufen, Gemeindesaal, Gerensaal, Café, Veranstaltungen, Lebendigkeit, Dorfplatz, Parkplätze, Bibliothek, Chramschopf, Begegnungsort, Freizeitdienst. Alles Anliegen, die von Anspruchsgruppen vertreten werden, die gehört werden wollen. Seinen Exkurs schloss er mit den Worten ab: «Wir stehen ganz am Anfang des Prozesses.»

Angeregte Diskussion

Entsprechend verlief die Diskussion. Die einen plädierten dafür, die Roswies als Grünzone zu erhalten und einen «Central Park Zollikerberg» zu errichten. Ein junger Familienvater forderte die Ansiedlung von Kleinbetrieben und Läden mit nachhaltigem Angebot, dazu die Möglichkeit, abends mit Freunden in einer Bar einzukehren. Der PR-Berater Klaus Stöhlker, direkt neben der Roswies wohnhaft, regte den Bau gehobener Wohnungen für gutverdienende Familien an.

Dümmlers Votum für ein «10-Minuten-Dorf» kam bei den Anwesenden am besten an. In einem solchen Dorf erreichen die Menschen innert 10 Minuten zu Fuss ein Zentrum, in dem sie die meisten Bedürfnisse befriedigen können: Menschen treffen, einkaufen, Flaschen entsorgen, Arztbesuche machen, auf den Spielplatz für Kinder gehen, im Restaurant einkehren. Den Antrag aus der Versammlung, den neu angestellten Architekten doch schnellstens mit dem Quartierverein zu vernetzen, damit er die Bedürfnisse der Bevölkerung kennenlerne, nahm der Gemeinderat zustimmend entgegen.

Am Ende des Abends, der von den Co-Präsidentinnen Renate Diener und Esther Meier moderiert wurde, ergriff auch Jürgen Schütt das Wort, Präsident des Gemeindevereins Forum 5W und bis gestern Finanzchef ad interim des Quartiervereins. Er sagte, in den 1990er-Jahren sei das Projekt ZZZ (Zukunft Zentrum Zollikerberg) entwickelt worden. Es würde sich für den Gemeinderat lohnen, einen Blick in die alten Ordner zu werfen, denn nicht alles müsse neu erfunden werden.

30 Jahre später, auch das ist ein Fazit des äusserst lebendigen Abends, stehen wir also wieder «ganz am Anfang des Prozesses». (René Staubli)

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Die Projekte des Quartiervereins

Der Quartierverein Zollikerberg zählt derzeit 255 Mitglieder. Das Vereinsjahr 2023 schloss er mit einem Gewinn von rund 2000 Franken ab. Folgende Themen stehen für 2024/25 im Fokus: Die Erhaltung der Trichtenhausermühle als Restaurant und Begegnungsort, die Entwicklung des Zentrums Zollikerberg, die kritische Begleitung des geplanten Baus einer Abfalldeponie in der «Brunnenwisen» und die Verbesserung der chronisch verspäteten Busverbindung 910.

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