Zürich macht Zollikon vor, wie Planen geht
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30. April 2022 – Wenn man nicht die richtigen planerischen Weichen stelle, werde Zollikon bis 2040 «in der Anonymität und im Verkehr ersticken» – unter dieser Prämisse lud das Forum 5W am Samstag zu einem Vortrag mit Diskussion ins Foyer des Gemeindesaals. Dabei wurde klar: Zollikon hinkt Zürich in Sachen strategischer Planung weit hinterher. (1 Kommentar)
30. April 2022 – Wenn man nicht die richtigen planerischen Weichen stelle, werde Zollikon bis 2040 «in der Anonymität und im Verkehr ersticken» – unter dieser Prämisse lud das Forum 5W am Samstag zu einem Vortrag mit Diskussion ins Foyer des Gemeindesaals. Dabei wurde klar: Zollikon hinkt Zürich in Sachen strategischer Planung weit hinterher.
Katrin Gügler wohnt in Zollikon. Von Beruf ist sie Direktorin des Amtes für Städtebau in der Stadt Zürich. Dieses rechnet damit, dass die Bevölkerung der Stadt bis in 20 Jahren von heute 435’000 auf 520’000 Menschen anwachsen wird. Mit allen damit verbundenen Konsequenzen, beispielsweise der Schaffung von weiteren 350 bis 420 neuen Schulklassen in neuen Schulhäusern, wofür der Raumbedarf 17 Hektaren beträgt. Dazu kommen 26 ha Fläche für Sportanlagen plus 40 ha für öffentlich zugängliche Freiräume.
Die nötige «Verdichtung nach innen» (mehr Wohnraum) müsse einhergehen mit der Schaffung von starken Freiräumen (mehr Begegnung) sowie einer Sicherung, Aufwertung und Anpassung der Infrastruktur (öffentliche Bauten, Strassen, Verkehr), damit die Stadt die Lebensqualität erhalten und ausbauen könne. Um eine gute Durchmischung der Bevölkerung zu sichern, sei der gemeinnützige Wohnungsbau zu fördern.
«Es ist die Aufgabe der Exekutive, eine Vision zu entwerfen und der Bevölkerung zu sagen, wohin die Reise in den nächsten 20 Jahren geht», sagte Gügler. Mit dem kommunalen Richtplan verfüge die Stadt Zürich über ein solches Instrument. Wer sich die Lektüre des Wälzers nicht zumuten will, findet die wichtigsten Informationen zusammengefasst im zehnseitigen Faltblatt «Zürich 2040 – Ein räumliches Konzept für die wachsende Stadt».
Zollikon hat keinen Richtplan
Damit stand die zentrale Botschaft im Raum: Der Zolliker Gemeinderat war bislang nicht in der Lage, der Bevölkerung eine vergleichbare Planung vorzulegen. Es gibt bei uns weder ein solches Faltblatt noch eine ausformulierte Vision, wie sich die Gemeinde entwickeln soll, wenn statt 13’000 rund 18’000 Menschen hier leben werden.
Die Diskussion im Anschluss an den bemerkenswerten Vortrag von Katrin Gügler wurde von Dominique Bühler geleitet. Rede und Antwort standen die F5W-VertreterInnen Sandra Fischer (kandidiert für den Gemeinderat), Regula Harder und Stephan Sintzel (beide für die Baubehörde).
Alle Statements liefen letztlich auf das Eingeständnis hinaus, dass die strategische Planung in Zollikon seit Jahren zu wünschen übrig lässt: «Man muss die Planung an die Hand nehmen» (Harder), «man muss einen verbindlichen Richtplan erarbeiten» (Fischer), «man muss eine öffentliche Debatte herbeiführen und die Bevölkerung mit einbeziehen» (Sintzel), «man hätte vor 20 Jahren den Mut haben müssen, die Forchbahn zu untertunneln, jene 76 Millionen Franken wären gut angelegt gewesen» (Harder).
Aus dem Publikum kam das Votum, dass es die Gemeinde unterlassen sollte, eigene Immobilien stets dem Meistbietenden zu verkaufen, statt an die Nutzung Bedingungen im Interesse der Allgemeinheit zu knüpfen. Ein entsprechender Präzedenzfall wird schon bald vor die Gemeindeversammlung kommen. Der Gemeinderat liess kürzlich verlauten, er wolle das ehemalige Altersheim am See verkaufen – selbstredend «an den Meistbietenden».
Der ehemalige FDP-Gemeinderat Martin Byland warf in der Diskussion ein, die zu revidierende Bau- und Zonenordnung (BZO) genüge als Planungsinstrument vollkommen. Gügler erhob Einspruch: Die BZO sei wichtig bei der Umsetzung der Planung, «aber zuerst muss ein übergeordnetes Bild über die Entwicklung der Gemeinde entworfen werden, ein Richtplan, und das ist einzig und allein die Aufgabe der Exekutive».
Bühler bereut Rücktritt
Einen Volltreffer landete Viktor Sauter (FDP, Präsident der RGPK), mit der Frage, wie es bezüglich Planung um die Gemeinde stehen würde, wenn die drei Gemeinderäte des Forum 5W vor zehn Jahren nicht das Handtuch geworfen hätten. Dominique Bühler, damals eines der drei F5W-Exekutivmitglieder, sprach Klartext: «Wir wurden von der vierköpfigen Mehrheit im Gemeinderat gemobbt und bekamen als Minderheit keine Möglichkeit, etwas zu bewirken. Dennoch bereue ich aus heutiger Sicht den Rücktritt.» (rs)
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Die Antwort von Dominique Bühler entspricht nicht den Tatsachen, sie ist schlicht falsch. Anlässlich der Gemeindeversammlung im Dezember 2011 stellte die FDP Zollikon den Antrag, das Budget zurückzuweisen. Dies, nachdem die Partei über Jahre hinweg einen Massnahmeplan mit Kostenreduktionen und ein ausgeglichenes Budget verlangte. Zur Deckung des Defizits wollte der Gemeinderat damals den Steuerfuss von 79% auf 85% erhöhen. Damit war die FDP nicht einverstanden und stellte den Antrag auf Rückweisung. Dieser wurde mit 70% der Stimmenden angenommen. Im März 2012 legte dann der Gemeinderat ein revidiertes Budget vor, mit einem um über 4 Millionen Franken verbesserten Ergebnis, jedoch unter Beibehaltung der Steuerfusserhöhung um 7%. Die ausserordentliche Gemeindeversammlung kürzte das Budget erneut und genehmigte eine Steuerfusserhöhung auf 82%. Daraufhin reichten die 3 Gemeinderäte des Forum 5W beim Bezirksrat ihr Rücktrittsgesuch ein. Dieser genehmigte die Rücktritte von Dominique Bühler und Thomas Bänninger, nicht aber jener von Jürgen Schütt. In den Medien begründeten die 3 Mitglieder des Forum 5W diesen Entscheid mit der verantwortungslosen Steuer- und Sparpolitik in Zollikon (siehe Zolliker Bote vom 23. März 2012); sie, würden vom Stimmvolk nicht mehr getragen fühlen (Zürichsee-Zeitung vom 16. März 2012). Damit widerspricht Frau Bühler den eigenen Aussagen des Forums 5W von damals. Von Mobbing im Gemeinderat war nie die Rede.