Winterliches Zürich von seiner festlichen Seite

0 KOMMENTARE

Barbara Lukesch und René Staubli: «Die Weihnachtsmärkte verzaubern die Stadt mit ihren Lichterketten und dem nach Zimt und Nelken duftenden Glühwein. Wir haben etliche auf einer Rundwanderung besucht und waren begeistert.»

VON BARBARA LUKESCH UND RENE STAUBLI

Den Auftakt bildet das «Zürcher Wienachtsdorf», besser bekannt als Weihnachtsmarkt auf dem Sechseläutenplatz. Es ist Freitagabend, kurz nach sechs Uhr, und mit null Grad so kalt, dass wir froh sind, Handschuhe, Mütze und Schal dabei zu haben. Das Gedränge ist gewaltig. Heerscharen tummeln sich zwischen unzähligen Essensständen, Getränkebuden und Restaurant-Häuschen. Der Geruch von Raclette und Fondue dominiert alles.

Eingang zum Weihnachtsmarkt auf dem Sechseläutenplatz (Fotos / Videos: ZN)
Eingang zum Weihnachtsmarkt auf dem Sechseläutenplatz (Fotos / Videos: ZN)

Da haben es die Anbieter von Churros, dem spanischen Spritzgebäck, Falafel, den orientalischen Kichererbsen-Klösschen, Momos, den tibetischen Teigtaschen, Thaicurry, Pizzas, Kebab, dem türkischen Hackfleischgericht, mexikanischen und indischen Leckereien schwer, sich gegen die Schweizer Nationalgerichte zu behaupten.

Einzig die Glühwein-Stände mit ihren intensiven Zimt-Nelken- und Orangendüften schaffen es, mitzuhalten. Der Zuspruch des Publikums ist gross. Glühwein gehört in der Adventszeit einfach dazu. Er schmeckt ja nicht nur gut, sondern wärmt Leib und Seele und steigt einem schnell und auf angenehme Art in den Kopf.

Der Weihnachtsmarkt auf dem Sechseläutenplatz ist so etwas wie das Flaggschiff unter den Zürcher Märkten, gross und ausladend, wunderbar eingebettet zwischen dem Opernhaus, dem frisch renovierten Globus, der Traminsel Bellevue und dem See, dazu strahlend schön dank unendlich vieler Lichterketten, die unter anderem den riesigen Tannenbaum in der Mitte des Areals funkeln lassen.

Budenzauber mit Blick auf das Opernhaus
Budenzauber mit Blick auf das Opernhaus
Der strahlende Baum im Herzen des Weihnachtsdorfs
Der strahlende Baum im Herzen des Weihnachtsdorfs
Beliebtes Foto-Sujet: die Lebkuchen-Ladies
Beliebtes Foto-Sujet: die Lebkuchen-Ladies

Vom Sechseläutenplatz zum Münsterhof

Unser Weg ist noch weit, so dass wir bald einmal Richtung Quaibrücke laufen, einen Blick auf die spiegelglatte Limmat werfen, die dem Zirkus Conelli auf dem Bauschänzli regelrecht zu Füssen liegt.

Die Lichterpracht des Zirkus Conelli spiegelt sich in der Limmat
Die Lichterpracht des Zirkus Conelli spiegelt sich in der Limmat

Weiter geht’s längs des Stadthausquais, bis wir linkerhand auf den Münsterhof stossen, den grössten Platz in der Altstadt, der nun auch schon einige Jahre einen Weihnachtsmarkt beherbergt, kleiner zwar, aber durchaus attraktiv gelegen zwischen der Fraumünsterkirche, dem Zunfthaus zur Meisen und anderen schönen alten Häusern mit ihren Barockfassaden. Das kulinarische Angebot ist bescheidener, dafür sind aber auch Lärm und Gedränge sehr viel moderater.

Weihnachtsmarkt auf dem Münsterhof: klein, aber fein
Weihnachtsmarkt auf dem Münsterhof: klein, aber fein

Vom Münsterhof zur Bahnhofstrasse

Via Rennweg streben wir der Bahnhofstrasse zu, die mit der aus 23’000 Lämpchen bestehenden Weihnachtsbeleuchtung namens «Lucy» Touristen und Touristinnen aus aller Welt anzieht. Asien ist prominent vertreten, ebenso Männer und Frauen aus dem arabischen Raum, viele davon mit Kopftüchern. Die Handys zeigen ausnahmslos Richtung Himmel: die schillernde Pracht der filigranen «Lucy» bezaubert einfach alle.

Es ist inzwischen 19 Uhr und wir kommen noch ungehindert von Menschenmassen vorwärts, die offenbar erst am Wochenende einfallen und ihre Weihnachtseinkäufe erledigen.

Schmuckes Haus am Rennweg
Schmuckes Haus am Rennweg
Lucy: Sternenhimmel über der Bahnhofstrasse
Lucy: Sternenhimmel über der Bahnhofstrasse

Auf der Höhe des Werdmühleplatzes erregt plötzlich lauter Gesang unsere Aufmerksamkeit. Wir biegen nach rechts ab und entdecken «The Singing Christmas Tree», auf dem sich an diesem Abend die Mitglieder eines Schulchors aus Zürich Seebach bis in luftige Höhen verteilt haben und nun mit ihren glockenhellen Stimmen das spanische Weihnachtslied «Feliz Navidad» (Frohe Weihnachten) singen. Die eingängigen Rhythmen animieren die Kids, sich im Takt zu wiegen und zu klatschen.

Ihre gute Laune wirkt ansteckend. Wir summen immer noch «Feliz Navidad», als wir zurück zur Bahnhofstrasse gehen, und erschrecken regelrecht, als sich vor uns der in kaltes Blau getauchte Quader des Globus-Gebäudes erhebt, an dessen Wänden unübersehbar Prozentzeichen leuchten. Money, money, money! Konsum über alles. Brüsk werden wir aus unserer romantischen Weihnachtsstimmung gerissen. Na gut, dann gehen wir jetzt mal im Globus aufs WC. Auch dieses Bedürfnis muss während einer insgesamt mehr als dreistündigen Stadtwanderung befriedigt sein.

Im Anschluss genehmigen wir uns an einem der Holzhäuschen, die vor dem Warenhaus aufgebaut sind, einen Glühwein – einen mit Schuss, sprich Amaretto, und einen alkoholfrei, der Neugierde halber. Letzterer schmeckt scheusslich sauer und landet im Nu in den Büschen. Dafür ist der andere Becher sehr lecker, aber auch sehr hochprozentig, so dass es leicht angeschickert weitergeht.

Globus: Money, money, money
Globus: Money, money, money

Von der Bahnhofstrasse zur Europaallee

Langsam sollten wir wohl etwas essen. Unsere nächste Station ist die «Zürcher Weihnachtsallee», so die offizielle Bezeichnung für den Budenzauber an der Europaallee. Dort sind wir genau richtig. Wir finden nicht nur kulinarische Angebote aus aller Welt, unter denen wir uns letztlich für ein fantastisches Fladenbrot gefüllt mit Falafel, Auberginenscheiben, Krautsalat und Tomaten ergänzt mit einer Portion der «weltbesten Pommes Frites» – so die Eigenwerbung – entscheiden.

Darüber hinaus entdecken wir die herzigen «Winter Lounges», Holzhäuschen, in denen eine kleine Stube für vier bis sechs Personen eingerichtet ist und zum Verweilen einlädt. Leider schnappen uns zwei Frauen die letzten Plätze weg, und wir sind gezwungen, unsere Mahlzeit bei Eiseskälte im Freien einzunehmen.

Lauschige Stuben an der Europaallee
Lauschige Stuben an der Europaallee

 Von der Europaallee zum Hauptbahnhof

Innert Kürze zittern wir am ganzen Leib und sind uns einig, dass wir weitermüssen. Wir fallen auf der Stelle in einen leichten Trab und suchen den Negrellisteg, jene attraktive Brücke über den Gleisen des Hauptbahnhofs, die Europaallee und Zollstrasse miteinander verbindet. Der Auf- und Abstieg mit seinen je 60 Treppenstufen wärmt uns etwas. Doch richtig wohl fühlen wir uns noch nicht.

 So übt die Halle des Hauptbahnhofs eine magische Anziehung auf uns aus. Darin müsste es doch schön warm sein! Der «Christkindli Markt» enttäuscht unsere Erwartungen nicht. Beim Bummel zwischen den Essens- und Getränkeständen und den zahlreichen Buden mit Geschenken wie Schals, Handschuhen, Mützen, Kerzen, Aromaölen, Schmuck oder Holzspielzeug erholen wir uns und sind bereit, noch einen Extraschlenker zu machen.

In der Halle des Hauptbahnhofs
In der Halle des Hauptbahnhofs

Vom Hauptbahnhof zum Landesmuseum

Im Innenhof des benachbarten Landesmuseums überrascht uns eine bunt funkelnde Märchenwelt, die Assoziationen an die Sagen aus «Tausend und einer Nacht» weckt. Das «Illuminarium» bietet einen Mix aus Lichtshows, Musik und kulinarischen Köstlichkeiten. Wir entscheiden uns für eine heisse Schokolade mit einem kräftigen Schuss Baileys und einer Rahmhaube. Wir schlabbern das Getränk weg und lecken uns die Lippen wie zufriedene Katzen.

Vom Landesmuseum zum Stadelhofen

Es ist bereits 21.30 Uhr und langsam erfasst uns so etwas wie Stalldrang. Also geht’s beherzt quer über das Central durchs Niederdorf mit seinem «Weihnachtsmarkt Dörfli», der etwas frugal wirkt verglichen mit all dem, was wir an diesem Abend bereits gesehen haben.

Eine Glühweinbar im Niederdorf
Eine Glühweinbar im Niederdorf
Die roten Bäume neben dem Grossmünster
Die roten Bäume neben dem Grossmünster

Vor dem Grossmünster erwartet uns dann doch noch ein Highlight: ein Feuerschlucker, dessen technische Raffinesse gepaart mit seiner Eleganz und fetziger Musik uns begeistern. Wir lassen uns nochmals zehn Minuten von ihm in Bann ziehen. Doch um 22.18 Uhr erobern wir zwei Plätze in der Forchbahn und tuckern heimwärts. Weihnachten à go go! Der winterliche Stadtbummel hat Spass gemacht.

Anforderungen: 7 km, 3 Stunden (inkl. Pausen)

Route: PDF von SchweizMobil

WIR FREUEN UNS ÜBER IHREN KOMMENTAR

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

1 + 16 =

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht