Bemerkenswerte Anträge des Gemeinderats

3 KOMMENTARE

18. April 2024 – Der Gemeinderat verlangt die Rückstufung der Forchbahn zum Trambetrieb zwischen den Stationen Waldburg und Zollikerberg. Er kämpft für die SBB-Direktverbindung zum Flughafen und ein zusätzliches Perron am Bahnhof Zollikon. Die Reaktionen fallen unterschiedlich aus. (3 Kommentare)

18. April 2024 – Der Gemeinderat verlangt die Rückstufung der Forchbahn zum Trambetrieb zwischen den Stationen Waldburg und Zollikerberg. Er kämpft für die SBB-Direktverbindung zum Flughafen und ein zusätzliches Perron am Bahnhof Zollikon. Die Reaktionen fallen unterschiedlich aus.

S-Bahn in Zollikon
Künftig links aussteigen und über ein neues Perron direkt zum Bus? (Fotos/Video: ZN)

Der Gemeinderat schreibt in seinem jüngsten Verhandlungsbericht, er habe die Änderungsbegehren zum ZVV-Fahrplan 2025/26 von rund 30 ZollikerInnen und des Quartiervereins Zollikerberg sorgfältig geprüft. Hauptsächlich sei es um die Buslinie 910 gegangen, die nach den Plänen des ZVV nicht mehr zum Tiefenbrunnen, sondern zum Bahnhof Zollikon fahren soll.

Er könne die eingereichten Begehren aus der Bevölkerung nicht unterstützen, schreibt der Gemeinderat, denn er gewichte die Vorteile der neuen Linienführung wie den sicheren Anschluss an die S 16 von und nach Zollikon, die neue dauernde Erschliessung des Sennhofquartiers sowie die bessere Fahrplanstabilität höher als die bisherige direkte Linienführung zum Bahnhof Tiefenbrunnen.

Vier Anträge des Gemeinderats

Für die künftigen Arbeiten des ZVV am Fahrplan 2025/26 stellt der Gemeinderat vier Anträge:

  • Die Forchbahn soll zwischen den Stationen Waldburg und Zollikerberg wieder als Tram verkehren.
  • Die SBB sollen der Bevölkerung des rechten Seeufers weiterhin einen direkten Zug zum Flughafen anbieten.
  • Der Bahnhof Zollikon soll behindertengerecht ausgebaut werden und ein neues Perron bekommen, um das Umsteigen vom resp. auf den Zug in Fahrtrichtung Rapperswil zu erleichtern.
  • Die Buslinie 910 soll künftig alle Wochentage im 15-Minuten-Takt Zollikon via Sennhof mit Ebmatingen verbinden.

Höchst erstaunlich ist die Forderung, die Forchbahn wieder zum Tram zu machen. Der Gemeinderat war mit diesem Ansinnen in einem jahrelangen Kampf bis vor Bundesverwaltungsgericht gegangen und dort gescheitert. Warum diese aussichtslose Neuauflage? Die Antwort von Melanie Marday-Wettstein, Kommunikationschefin der Gemeinde, trägt wenig zur Klärung bei: «Der Gemeinderat setzt sich weiterhin für den Trambetrieb der Forchbahn ein, weil der Trambetrieb Möglichkeiten öffnen würde für eine Attraktivitätssteigerung im Siedlungsbau oder für eine Gestaltung des öffentlichen Strassenraums.»

Der Antrag kommt auch für Renate Diener, Co-Präsidentin des Quartiervereins Zollikerberg, überraschend: «Ich kann mir nicht erklären, was der Gemeinderat mit dieser Forderung jetzt noch zu erreichen hofft. Aber grundsätzlich schätzen wir es sehr, dass er sich so engagiert für den Zollikerberg einsetzt. Vielleicht wirkt sich dieser Vorstoss längerfristig positiv aus auf unseren Vorschlag, eine der Tramlinien bis in den Zollikerberg zu führen.»

Peter Seiler, in der Geschäftsleitung der Forchbahn für den Fahrbetrieb zuständig, gibt eine diplomatische Antwort: «Im Rahmen des Fahrplanverfahrens kann jede Gemeinde Anträge stellen, das ist ihr gutes Recht. Man könnte beispielsweise auch beantragen, die Forchbahn durch einen Bus zu ergänzen.»

Ungebrochener Kampfwille

Ungebrochen scheint der Kampfwille des Gemeinderats auch bei der direkten SBB-Anbindung des rechten Seeufers an den Flughafen. Gegen die Aufhebung hatten ParlamentarierInnen um die damalige Kantons- und heutige SVP-Nationalrätin Nina Fehr Düsel vergeblich protestiert. Der Regierungsrat argumentierte mit einem Kreuzungskonflikt am Bahnhof Oerlikon; notwendige Züge aus dem Unterland und dem Furttal würden dort blockiert. Zudem habe die Auswertung der Nachfrageströme vom rechten Zürichseeufer ergeben, dass rund drei Viertel der Fahrgäste nur bis Zürich-Stadelhofen, zum Hauptbahnhof oder zur Hardbrücke reisten. Renate Diener begrüsst den Widerstand gleichwohl: «Ich finde es gut, dass der Gemeinderat die womöglich letzte Chance ergreift, um den Reisenden vom rechten Seeufer diese komfortable Direktverbindung zu erhalten».

«Kein angenehmer Aufenthaltsort»

Schade finde sie jedoch, dass der Gemeinderat den Quartierverein und die besonders stark betroffene Bevölkerung im Zollikerberg nicht darin unterstützt, die direkte Buslinie 910 zum Bahnhof Tiefenbrunnen zu erhalten: «Wer ins Seefeld will, dem nützt der Zug ab Bahnhof Zollikon bis Stadelhofen gar nichts. Hingegen bietet die bisherige Busverbindung zum Tiefenbrunnen eine komfortable Anbindung an die Tramlinien in die Stadt, zusätzlich zum Küsnachter Bus und zur S-Bahn. Umgekehrt muss man aus der Stadt auf die S-Bahn und am Bahnhof Zollikon in den Bus Richtung Zollikerberg umsteigen, das ist doch sehr umständlich. Ausserdem ist der Bahnhof Zollikon besonders in den Abendstunden kein angenehmer Aufenthaltsort, da unbelebt und öde.»

Wer mit dem Rollstuhl, dem Rollator oder mit einem Kinderwagen vom bestehenden Perron zur Bushaltestelle kommen will, muss einen beschwerlichen Umweg in Kauf nehmen, wie das Zeitraffer-Video zeigt:

Der Gemeinderat fordert deshalb «einen behindertengerechten Zugang, mit direktem Weg von und zur Bushaltestelle zum Zugperron». Ausserdem soll ein zusätzliches Perron auf der Seite des Bahnhofgebäudes «das Umsteigen vom resp. auf den Zug in Fahrtrichtung Rapperswil weiter erleichtern».

Für Renate Diener sind diese Verbesserungen eine absolute Notwendigkeit: «Für Menschen mit Einschränkungen oder nur schon mit Kinderwagen ist der Weg zum bestehenden Perron heute eine Zumutung und innerhalb der Umsteigezeiten nicht zu bewältigen.» (René Staubli)

3 KOMMENTARE

Bemerkenswert: Vor 2 Jahren wurde die Buslinie verlängert, um unter anderem den Fahrplan stabiler zu machen. Nun soll dies bereits wieder überholt sein? Besonders alarmierend ist, wie der Gemeinderat die individuell eingereichten Einwände von über 30 (!) Privatpersonen abschmettert, was das Desinteresse an den Bedürfnissen der Einwohner deutlich macht. Nun sollen der Zollikerberg, Rebwies, Witellikon und Unter Allmend vom Tiefenbrunnen isoliert werden?

Wir sollen uns am Dufourplatz in den überfüllten 916er quetschen, Gehbehinderte über unebene Pflastersteine am Bhf. Zollikon steigen und Reisende von der S6 – die ab 21:00 nur noch bis Tiefenbrunnen fährt – zu Fuss zum Bhf. Zollikon laufen?
Die Begründung des GR ist fadenscheinig und riecht stark nach Ausrede: Fehlte es ihm an Engagement, sich für die Zollikerberger einzusetzen oder mangelt es an Mut, der ZVV entgegenzutreten? Es ist ein Armutszeugnis, wie leichtfertig der Gemeinderat die Interessen der Bevölkerung missachtet.

Zum Glück gibt es ja noch das Auto (oder Lastenvelo natürlich), wenn man nach Einstellung der direkten Verbindung zum Flughafen möchte. Ist ja klar, dass nicht jeder, der am rechten Ufer in einen Zug steigt, zum Flughafen will oder muss. Dürfte auf anderen S-Bahn-Ästen auch so sein. Umsteigen mit Gepäck sowie höheres Verspätungsrisiko machen die S-Bahn dann unattraktiv.

Der Gemeinde wurden Vorschläge für ein funktionierendes und leistungsstarkes öV-Angebot abgegeben. Beinhaltend die 910er-Buslinie nach Bellevue, Forchbahn-Fahrplan wie jetzt, aber mehr Schnellzüge und durchgehender 15min-Takt. Anscheinend liessen sich die Gemeindevertreter durch die VBZ einlullen, denn viele Verbesserungen sind innerstädtisch, und viele Verschlechterungen sind in Zollikerberg-Zumikon.

WIR FREUEN UNS ÜBER IHREN KOMMENTAR

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht